Heideck
Weihnachten in Rot und Gold

Heidecker erinnern sich im Erzählcafé an die Festtage in früheren Jahrzehnten - Christbaum im Wald geklaut

14.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
So hat Weihnachten im Jahr 1935 ausgesehen: Hier feiert die Familie Mack aus Heideck mit Josef und Rosa Mack sowie den Kindern Richhild, Emilie, Richard und Hermann sowie der Kindsmagd Maria Gaus (Höfner). −Foto: Repro Peschke.

Heideck (HK) Bräuche rund um das Weihnachtsfest in früheren Zeiten haben im Mittelpunkt des jüngsten Heidecker Erzählcafés gestanden. Georg Hafner freute sich, dass so viele Besucher gekommen waren, dass der Bürgersaal bis zum letzten Platz gefüllt war. Die vielen Heidecker erzählten aus ihrer eigenen Erinnerung über das Aufstellen und Schmücken der Weihnachtsbäume, Weihnachtsgebäck, Besuch der Christmette, Krippenbau und Weihnachtsmahl in früheren Jahrzehnten.

Georg Hafner hatte einige Kartons mit altem Christbaumschmuck mitgebracht. Darunter waren Weihnachtskugeln, Glocken, Musikinstrumente, Schaukelpferde, bunte Glasvögel, Rauschgoldengel und Christbaumspitzen, die früher jeden Christbaum zierten. Mitgebracht hatte er auch eine Packung alter Christbaumkerzen aus der Nachkriegszeit, die man früher im Geschäft von Alois Eckert in der Bahnhofstraße kaufen konnte.

Er zeigte auch eine ungeöffnete Packung Lametta, für die man einst 20 Pfennige bezahlen musste. Hafners Frage, ob Lametta früher auf allen Christbäumen zu finden war, beantwortete ein Gast mit dem Spruch: "Maledda hab'n mir die Bäum mit Lametta g'schmückt!"

Georg Hafner hatte auch eine Serie alter Christbaumständer mitgebracht. Johann Köstler erzählte, dass bei ihnen zu Hause der Christbaumständer ein Eisstock gewesen sei, bei dem man den Griff herausnahm und dann den Baum hineinstellte. Inge Fürsich erinnerte sich, dass ihr Vater Hans Winkler zum Aufstellen des Baumes immer ein hölzernes 50-Liter-Bierfass hernahm und in das Spundloch des Fasses den Baum einfügte. Er wurde im Wirtshaus "Zur Krone" am Marktplatz aufgestellt und wurde von den Wirtshausbesuchern bewundert.

Richard Böhm erzählte, dass er auf einer Kur den Erfinder des modernen Krinner-Kunststoffständers kennenlernte, den man heute in vielen Haushalten findet. Einige Besucher gaben zum Besten, dass die schönsten Christbäume jene waren, die man sich aus dem Wald geholt habe. Das sei früher so üblich gewesen. Da blieb es nicht aus, dass man auch Erinnerungen an den Christbaumklau hörte.

Ein Gast wusste noch, dass er dabei mit seinem Schwiegervater in eine Treibjagd geriet und daraufhin schwor, niemals mehr einen Baum aus dem Wald zu holen. Eine Besucherin erzählte, dass sie mit ihrem Vater in den Wald gegangen sei und einen wunderschönen Baum abgeschnitten habe, jedoch von Spaziergängern "gestört" worden sei. Deshalb habe sie damals den Baum mit einer weißen Schleife markiert und spät in der Nacht geholt.

Beim Erzählcafé wurde deutlich, dass die Frauen meist mit den nach Hause gebrachten Bäumen nicht ganz zufrieden waren und deshalb zur "Schönheit" des Baumes kleine Ästchen in die zuvor gebohrten Löcher gesteckt werden mussten, bis er das Wohlgefallen der Gattin fand.

Die Besucher erinnerten sich genau daran, wie ihr Christbaum einst ausgesehen hatte. Erika Österreicher erzählte, dass nach dem Krieg auch Essbares an den Baum gehängt wurde, zum Beispiel Fondant-Ringe und Schokoladenherzchen sowie Plätzchen, die man nach und nach essen durfte. Der Baum war vor allem mit Strohsternen geschmückt, wozu das Stroh gedämpft und gebügelt wurde, damit es sich gut verarbeiten ließ.

Aus den Erzählungen wurde deutlich, dass der geschmückte Christbaum damals wie heute ein zentrales Element der familiären Weihnachtsfeiern war. Das Aufstellen und "Putzen" des Baumes habe meist einen halben Tag Arbeit bedeutet. Die meisten Christbäume wurden einst bunt geschmückt, häufig in Rot und Gold. Die roten Kerzen wurden mit einer roten Schleife besonders hervorgehoben.

Andere Besucher erzählten, dass ihr Christbaum überwiegend mit weißen Kugeln, Kerzen und reichlich Lametta geschmückt war. In einigen Haushalten war es üblich, den Baum nur mit Kugeln und Gegenständen in einer Farbe zu schmücken oder einen "altdeutschen" Baum aufzustellen.

Reiner Wagner erwähnte, dass es Brauch war, an Weihnachten oder in den Rauhnächten (25. Dezember bis 6. Januar) Weihrauch zu entzünden und die Reinigungsräucherung von Raum zu Raum zu tragen. Auch habe man Brot mit Salz für die Tiere ausgelegt. Es habe auch geheißen, dass man in den Rauhnächten keine Wäsche aufhängen dürfe, weil sonst die Gefahr bestehe, dass ein naher Angehöriger sterbe.

Fast in jeder Familie gehörte zum Weihnachtsfest auch der Bau der Krippe dazu, die in jedem Haus individuell gestaltet wurde. Richard Böhm gab zum Besten, dass er eine sehr große und wertvolle Krippe besitze, in der alle holzgeschnitzten Figuren 25 Zentimeter groß sind. Maximilian Peschke erzählte, dass er mit seinen Brüdern und der Oma eine Krippe gebaut hatte, die mit orientalischen Palästen geschmückt war.

Es wurde auch erwähnt, dass der gemeinsame Besuch der Christmette immer ein fester Bestandteil des Weihnachtsfestes war. Am Heiligen Abend habe es meist kein aufwendiges Weihnachtsmahl gegeben. Oft habe man, so einige Besucher, nur Mettenwurst, also geräucherte Bratwürste mit Mehrrettich, oder saure Bratwürste mit Kraut verzehrt. Auch seien Wienerle mit Kartoffelsalat gerne serviert worden.

Am ersten Feiertag seien jedoch eine Weihnachtsgans oder der Weihnachtskarpfen typische Festessen gewesen. Am Heiligen Abend wurde auch das in der Adventszeit hergestellte Weihnachtsgebäck probiert. Nach der Christmette und dem Abendessen habe erst die Bescherung stattgefunden. Zudem wurden viele Weihnachtslieder gesungen, wobei das Lied "Stille Nacht, Heilige Nacht" keinesfalls fehlen durfte. Oft wurden die Lieder mit einer Blockflöte begleitet. Die Weihnachtsgeschenke seien damals bei weiten nicht so groß ausgefallen wie heute. Oft bekamen die Mädchen mit 14 Jahren weiße Damastbettwäsche und Handtücher, sozusagen als vorgezogene Aussteuer. Meist lagen auch von der Oma selbst gestrickte Socken unter dem Baum. Man war glücklich, wenn man aus den Päckchen Süßigkeiten, eine Puppe oder Spielsachen hervorbrachte.

Das nächste Erzählcafé findet am Donnerstag, 13. Dezember, um 14.30 Uhr statt. Dann soll in adventlicher Atmosphäre ein Christbaum mit altem Christbaumschmuck geschmückt werden.