Ingolstadt
Wehe, wenn er getrunken hat

Deutsch-Russe soll nach erneuten Alkoholeskapaden acht Monate in Haft

11.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:22 Uhr

Ingolstadt (DK) Wenn er größere Mengen Alkohol konsumiert, kann bei einem 38-jährigen Deutsch-Russen aus Ingolstadt schon mal einiges daneben gehen.

Dann muss am Ende auch mal die Polizei kommen. Drei solcher Fälle fanden sich gestern in einer Anklage der Staatsanwaltschaft wieder, die in einer Verhandlung vor dem Amtsgericht verlesen wurde. Es ging um eine angebliche Körperverletzung zum Schaden der Verlobten des Angeklagten, um eine mutmaßliche Unfallflucht und um eine Widerstandshandlung, die ein Polizeibeamter dem Aussiedler zur Last legt.

Wie sich durch mehrere Zeugenaussagen von Polizisten herausstellte, ist der Angeklagte ein "guter alter Bekannter" der Ingolstädter Ordnungshüter, der schon häufiger durch alkoholbedingte Eskapaden aufgefallen ist. Ganz wild war es wohl am 19. Oktober vorigen Jahres zugegangen, als der Mann mit einem Bekanntem in dessen Wohnung an der Richard-Strauss-Straße (angeblich bei oder nach einem Schachspiel! ) derart in Streit geraten war, dass sich die Männer gegenseitig blutende Wunden zugefügt hatten. Die beiden Kontrahenten und weite Teile der Wohnung seien blutverschmiert gewesen, sagten einige Beamte aus, die damals am Einsatzort waren.

Als der arbeitslose Aussiedler, der wohl mal als Handwerker gearbeitet hat, von Sanitätern und einem Polizisten im Aufzug des Hochhauses auf dem Weg Richtung Erdgeschoss war, um anschließend ins Krankenhaus gebracht zu werden, soll er mehrmals nach dem Beamten getreten haben. Heute will sich der Mann nicht mehr an den Vorfall erinnern können - die bei der Blutprobe festgestellten 2,3 Promille könnten dafür ein hinreichender Grund sein.

Das Gericht ließ den Fall letztlich auf Antrag der Staatsanwaltschaft unter den Tisch fallen, weil die Schuldunfähigkeit bei dieser Alkoholkonzentration auch ohne Gutachten quasi mit Händen zu greifen ist.

Auch im Fall der angeklagten Körperverletzung verlief die Strafverfolgung im Sande, weil das mutmaßliche Opfer, die 46-jährige Verlobte des Mannes, im Gerichtssaal von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte, obwohl die angebliche Gewalttat vom vorigen Dezember, als der künftige Ehemann die Frau an den Haaren gezogen und mit dem Kopf gegen eine Wand geschlagen haben soll, nach den Akten der Justiz nicht der erste "Ausrutscher" in dieser Beziehung gewesen sein soll. "Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun", kommentierte Einzelrichterin Astrid Schrodt die Entscheidung der Frau. Und: "Wenn Sie damit so leben wollen - okay . . . "

Blieb der Fall der mutmaßlichen Unfallflucht, der den Zeugenaussagen zufolge merklich klarer liegt. Während der Angeklagte selber angegeben hatte, er habe sich im vorigen Dezember als Radfahrer nach einem Zusammenstoß mit einem Pkw auf der Nördlichen Ringstraße im Einvernehmen mit dem Autofahrer mangels erkennbaren Schadens auf den Weg zu seinen Eltern gemacht, bestand der Autofahrer als Zeuge sehr wohl darauf, Opfer eine Unfallflucht geworden zu sein. Der Mann hatte sich zunächst um den Gesundheitszustand seines Unfallgegners gesorgt, doch der hatte sich offenbar nur kurz geschüttelt, bevor er davongeradelt war. Als Zeuge erinnerte sich der Autofahrer gestern noch an den vielsagenden Kommentar des Radfahrers: "Er sagte, er hat nichts, er ist Russe, er verträgt das. "

Die Reparaturkosten beim Wagen hatten dann weit über 5000 Euro ausgemacht. Die Rechnung ist bis heute nicht beglichen, der Deutsch-Russe hat nach Aussage des Geschädigten auf drei anwaltliche Schreiben nicht reagiert. Wahrscheinlich wird jetzt die Versicherung des Autofahrers einspringen und den Aussiedler anschließend zivilrechtlich belangen.

Anklage und Gericht gehen davon aus, dass der Angeklagte, der auch nach Jahrzehnten in Deutschland in der Verhandlung noch auf die Hilfe einer Dolmetscherin angewiesen war, auch zum Unfallzeitpunkt erheblich unter Alkoholeinfluss stand. Die Polizei hatte ihn etwas später bei seinen Eltern ausfindig gemacht, wo er offenbar weitergezecht hatte. Eine medizinische Rückrechnung hat ergeben, dass der Mann zum Unfallzeitpunkt etwa zwei Promille gehabt haben dürfte.

Das reichte Amtsrichterin Schrodt zu einer Verurteilung zu acht Monaten Haft wegen eines alkoholbedingten fahrlässigen Eingriffs in den Straßenverkehr und Fahrerflucht. Eine Bewährung war angesichts von 14 teils einschlägigen Vorstrafen einfach nicht mehr drin. Das neue Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Bernd Heimerl