Webcam an, fertig, los

14.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:33 Uhr
Katharina Hauk tanzt mit anderen Müttern und ihren Babys. Normalerweise treffen sie sich jede Woche (Foto oben), aber das geht wegen der Ausgangsbeschränkungen gerade nicht. Deshalb finden ihre Kanga-Kurse jetzt per Livestream statt. −Foto: Hauk

Gemeinsam trainieren trotz Ausgangsbeschränkungen: Katharina Hauk gibt ihre Kanga-Kurse jetzt online. Ihr zweijähriger Sohn Gabriel ist an ihrem Bauch festgeschnallt, während sie zusammen mit 13 anderen Frauen und ihren Babys tanzt. So stärken die Mütter ihre Muskeln nach der Schwangerschaft.

Ingolstadt - Leggings an, Webcam an, Musik an. Katharina Hauk hat in ihrem Wohnzimmer die Yoga-Matte ausgebreitet und ruft Richtung Kamera: "Schnappt euch eure Babys, los geht's!" Die Trainerin hebt abwechselnd das linke und rechte Knie im Takt des Sommerjazzhits Mambo No. 5. Den Anweisungen der 29-Jährigen folgen 13 Mütter in Ingolstadt und Umgebung. Sie sind mit der Video-App Zoom per Livestream zugeschaltet. Wie Katharina Hauk halten sie beim Training ihre Babys im Arm. Mit einer Hand stützen sie den Kopf, mit der anderen den Po.

Die Mütter tanzen und schwitzen gemeinsam. Von den Ausgangsbeschränkungen wegen des Corona-Virus lassen sie sich nicht vom Sport abhalten. Sie verabreden sich trotzdem - online. Zusammen machen sie Kanga. Das ist ein Workout für Mütter gemeinsam mit ihren Babys. Der Nachwuchs wird bei den meisten Übungen in einer Tragehilfe auf dem Bauch oder Rücken festgeschnallt, während die Mamis Kreislauf, Muskeln und den Beckenboden trainieren. Der Name der Sportart kommt aus dem Afrikanischen. Kanga heißt dort ein großes Tuch, das Frauen verwenden, um ihre Kinder am Körper zu tragen.

Die Ingolstädterin Katharina Hauk ist seit fünf Jahren Kanga-Trainerin. Sie sagt: "Das Workout stärkt die Muskelgruppen, die bei der Geburt besonders beansprucht werden." Das seien zum Beispiel die tieferliegenden Bauchmuskeln und der Beckenboden. Das Training beginnt mit Aufwärmübungen, währenddessen halten die Mütter ihre Babys im Arm. Es folgen Bodenübungen auf der Yoga-Matte, dann tanzen die Frauen verschiedene Choreografien. Die Babys sitzen dabei in der Tragehilfe. Die Trainerin empfiehlt kleinere Babys vorne am Bauch zu tragen, größere dagegen auf dem Rücken. "Da sehen sie mehr und die Last ist auf dem Rücken besser verteilt."

Hauk erklärt, acht Wochen nach einer komplikationsfreien spontanen Geburt können die Mütter mit dem Kanga-Training beginnen. Bei Geburten durch Kaiserschnitt empfiehlt sie den Frauen mindestens zehn Wochen zu warten. Die Ingolstädterin hat mit ihrer Tochter Emilia trainiert bis das Mädchen drei Jahre alt war, inzwischen ist es sechs. "Meine Tochter hatte das Bedürfnis, viel getragen zu werden, deshalb habe ich etwas gesucht, das ich mit meiner Tochter gemeinsam machen kann." Hauk entschied sich deshalb für eine Ausbildung zur Kanga-Trainerin. Inzwischen macht sie das Workout gemeinsam mit ihrem zweijährigen Sohn Gabriel.

Beim Online-Kanga sind jetzt die Bodenübungen dran. 13 Mütter liegen auf dem Rücken, recken die Beine in die Luft und strampeln wie beim Fahrrad fahren. Hauk ist zum Laptop gekommen und kontrolliert die Bewegungen. "Beine im 90-Grad-Winkel anziehen und dann ausstrecken." Aus den Lautsprechern tönt: "You know I won't be no stick-figure silicone Barbie doll." Die Frauen radeln im Takt, ein Baby begutachtet in der Zwischenzeit die Webcam, ein zweites hält sich an der Mama fest und ein drittes hat Durst und die Mutter legt eine kurze Stillpause auf der Yoga-Matte ein. Keines der Kinder quengelt oder schreit. Manchmal schliefen die Babys beim Kanga-Training sogar ein, erzählt Katharina Hauk. Gerade wenn sie in der Tragehilfe sitzen und ihrer Mutter nahe sind.

Wegen der Corona-Pandemie können die Frauen ihren Sport nicht wie sonst zusammen im Fitnessstudio machen. Deshalb bietet die Trainerin drei Online-Workouts pro Woche an. Dienstags und freitags jeweils um 10 Uhr und mittwochs um 21.15 Uhr. Am Mittwochabend machen die Mütter Sport ohne ihre Babys, die schlafen um diese Zeit schon. Der Abendkurs ist gedacht für Mütter mit mehreren Kindern. In der Tragehilfe habe nur ein Baby Platz und die Mütter können sich nicht auf das Workout konzentrieren, wenn währenddessen die anderen herumtollen, erklärt Hauk.

Zurück zum Online-Workout: Nach den Bodenübungen kommen die Kleinen in die Tragehilfe. "Mädels, denkt an die Sicherheitsschnalle", erinnert Hauk die Frauen. "Zeigt mir mal eure Tragehilfen!" Die Trainerin schaut sich die Tragegurte jeder Mutter nacheinander an, dann gibt sie das Go für die nächsten Übungen. Erst marschieren die Frauen im Takt der Musik, danach kommen Arm- und Beinbewegungen dazu. "Ein bisschen schneller!", feuert Hauk die Frauen an. Ihr Sohn Gabriel hält sich mit seinen kleinen Händen unter ihren Achseln am rosa Top fest.

Eine kurze Trinkpause, dann geht es weiter mit "Becki, der Beckenbodenpuppe". Die Trainerin zieht sich eine gelb-braun gestreifte Sockenpuppe über die Hand. Wenn Becki den Mund schließt, atmen die Frauen aus und spannen ihren Beckenboden an, und wenn Becki ihren Mund öffnet, atmen sie ein und entspannen sich. Nach einer Stunde Training fragt Hauk: "Wer hat geschwitzt?" Alle Frauen heben die Hand und lachen gemeinsam. "Denkt an die Hausaufgabe", erinnert Hauk. Jeden Tag 50 Mal den Beckenboden anspannen, das stärkt die Muskulatur.

SZ