Ingolstadt
Wasser marsch auf Probe

Alarm in der Raffinerie: Sechs Feuerwehren und der Rettungsdienst üben den Ernstfall bei Gunvor

17.10.2013 | Stand 02.12.2020, 23:32 Uhr

Jede Sekunde zählt: Im Licht der Scheinwerfer der Fahrzeuge stürmen die Feuerwehrmänner heran. Dabei galt es unter anderem einen Verletzten von einem 35 Meter hohen Silo (unten links) zu bergen und mit Atemschutzgeräten die Brandbekämpfung (unten rechts) zu üben - Fotos: Brandl

Ingolstadt/Kösching (DK) Punkt 18 Uhr heulen die Sirenen auf dem Gelände der Gunvor Raffinerie. Die ersten Löschzüge und Sanitäter sind schon da. Fast 100 Einsatzkräfte stehen bereit.

Sie proben am Mittwochabend mit der Werkfeuerwehr den Ernstfall an drei Standorten auf dem 128 Hektar großen Areal. Niemand wünscht sich solch ein Szenario. Und doch müssen die Rettungskräfte auf die eventuelle Katastrophe vorbereitet sein: Brennstoff tritt aus einer der gigantischen Anlagen aus und entzündet sich. Flammen schlagen empor. Rauch und Dämpfe hüllen alles in einen ätzenden Nebel. Menschen, die in den Anlagen arbeiten, werden verletzt und bleiben bewusstlos liegen. Niemand weiß, wie viele es sind und wo sie sich befinden.

Als der Alarm losgeht, werden alle Mitarbeiter, die in der Raffinerie vor den Toren Ingolstadts gerade ihren Dienst tun, evakuiert. Vorsichtshalber. Obwohl es sich nur um eine Übung handelt. „Sie kehren aber nach zehn Minuten an ihre Arbeitsplätze zurück“, sagt Susanne Ehrnthaler, Pressesprecherin bei Gunvor. Für sie ist das Schlimmste an diesem Abend damit bereits überstanden. Für die Rettungskräfte der Freiwilligen Feuerwehren aus Kösching, Lenting, Großmehring und Gaimersheim wird es nun erst richtig ernst. Sie rücken zusammen mit Einheiten der Ingolstädter Berufsfeuerwehr und der Werkfeuerwehr aus, um die Verletzten zu bergen und den Brand zu bekämpfen.

Am ersten Einsatzort kommen die Freiwilligen und ihre Kollegen vom Werk selbst zurecht. Einige der Männer erklimmen in der hereinbrechenden Dämmerung über die Treppe einen Teil der Anlage, ein mächtiges Gebilde aus Rohren und Leitungen. Nur der Schein ihrer Lampen verrät vom Boden aus, wo sie gerade nach den Verunglückten – es handelt sich um Dummys – suchen.

Die Kollegen an den Wasserwerfern kühlen derweil den Trakt, an dem Flüssiggas ausgetreten und verbrannt ist. Bis zu 1000 Liter Wasser pro Minute speien die mächtigen Düsen aus. Die Gischt der gewaltigen Wasserstrahlen senkt sich im Umkreis wie Nieselregen herab. „Momentan läuft alles sehr gut“, sagt Markus Dietrich von der Werkfeuerwehr nach Ende der Aktion. „Der Einsatz ist strukturiert abgelaufen.“ Alle drei Vermissten konnten gefunden und versorgt werden.

Am zweiten Einsatzort, einem 35 Meter hohen Silo, ist das Eingreifen der Berufsfeuerwehr erforderlich. Auf der stählernen Wendeltreppe, die um den Bau herum nach oben führt, liegt eine verletzte Person. Sie kann nur über die Drehleiter geborgen werden. Drei Feuerwehrmänner hieven den Dummy auf die nach oben gebrachte Trage und fixieren ihn. Dann senkt sich die Leiter der Ingolstädter Brandbekämpfer per Hydraulik langsam wieder dem Erdboden entgegen.

„Wir haben heute viel gelernt“, sagt Kreisbrandinspektor Hans Baumeister anschließend. Es war seine erste Übung in der Raffinerie. „Das ist schon eine andere Dimension wie bei uns auf dem Land.“

Auch Werkleiter Gerhard Fischer und Kreisbrandrat Alois Strobl sind zufrieden. „Die Kommunikation hat gut funktioniert“, sagt Fischer und dankt den Einsatzkräften für ihr ruhiges und rasches Vorgehen. Zweck der Übung sei unter anderem, das Zusammenwirken aller Einsatzkräfte zu proben. Die externen Feuerwehren haben so Gelegenheit, die Örtlichkeiten und Löscheinrichtungen im Werk für den Ernstfall besser kennen zu lernen.