Ingolstadt
Was Glück ist

"Werkstücke Tanz" begeistern in Ingolstadt

07.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:52 Uhr
Karin Derstroff
Getanzte Glücksmomente: die Strado Compagnia Danza. −Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) Ja, genau, was ist das eigentlich, Glück?

Es gibt ja jede Menge ernsthafter Überlegungen dazu, aber wohl selten ein so pragmatisch überzeugendes Statements wie dieses hier: "Ich hab einen Bauchplatscher gemacht und es hat mir gar nicht weh getan". Eine sehr junge Kinderstimme sagt's froh mitten hinein in die zunehmende Kakophonie von Erwachsenmeinungen, die wie Musik über die Bühne weht, dort Luftballons zum Zittern bringt und drei sehr agile Menschen auf eine höchst tänzerische Suche schickt. Moment! Glück ist womöglich, genau zu diesem Zeitpunkt im Kulturzentrum neun zu sitzen und zuzusehen, was die Strado Compagnia Danza aus dieser Fragestellung macht.

Mit Auszügen aus ihrem abendfüllenden Programm "Message in a bottle" untersuchte die Compagnie des Italieners Domenico Strazzeri also das Glück als solches - und setzte damit ein Glanzlicht in die zweite Folge der "Werkstücke Tanz". Wie päzise die Ulmer (zwei Frauen und ein Mann; die Hälfte des Personals der gesamten Choreografie) performen, wie erzählerisch ihre Tanzsprache ist, wie bildmächtig die eigentlich sehr reduzierten Requisiten wirken - das ist Tanztheater, wie es im Buche steht, sinnlich, narrativ, hochprofessionell. Bei aller Kürze. Gerade 15 Minuten dauert das Stück vom Suchen und Finden des Glücks, so steht es im Konzept der jungen Tanzreihe, die eben "Werkstücke" will und keine ausgearbeiteten Ballette und die an diesem Abend (die Veranstalter von InKult können ihr eigenes Glück kaum fassen) knapp 100 Gäste zieht.

Man hat sich aber auch Mühe gegeben mit dieser Nummer zwei; hat versucht, die Palette jungen zeitgenössischen Tanzes möglichst weit aufzuspannen, und das ist gelungen. Zum Auftakt gab's Ausdruckstanz - und die Italienerin Cecilia Castellari, die - schlichtes weißes Hemd und schwarze Hose - Tiago Manquinhos Choreografie ("Pagliacci") um die Figur des Clown mit Lachen und Weinen, Fallen und Aufstehen, Zirkusmusik und Pop mit bebender Bewegung füllte.

Vier junge Tänzerinnen, noch in Ausbildung an der Iwanow-Schule in München, vertanzten die sportive, zackige, freche Choreographie der jungen Australierin Eleisse Crouch "Send it". Und dazwischen begeisterte noch einmal die Strado Compagnia Danza mit der Körperkult-Untersuchung "Claudia" und ziemlich schrägen Bildern aus Mensch und Schaufensterpuppen-Körperteilen.

Zuletzt gab es, wie schon vom Vorgänger-Format "Dance Short Cuts" unter privater Ägide gewohnt, wilden Applaus. Und das Glück, zu wissen, dass Tanz in Ingolstadt wieder eine Bleibe gefunden hat.

Karin Derstroff