Eichstätt
Warum Johann von Eych kein Kardinal werden konnte

22.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:23 Uhr

Eichstätt (buk) Parallelen zwischen den beiden Viten des Bischofs Johann von Eych und von Enea Silvio Piccolomini, dem späteren Papst Pius II., gibt es zuhauf – beide wurden 1404 beziehungsweise 1405 geboren, und beide starben 1464. Nach allgemeiner Forschungsmeinung habe zwischen ihnen ein enges und vertrautes Verhältnis innigster Freundschaft geherrscht, da Piccolomini seinen bekannten und weitverbreiteten Hofkritik-Traktat „De curialium miseriis“ („Über das Elend der Höflinge“) von Eych, dem „scharfsichtigen und berühmten Rechtsgelehrten“ widmete.

Doch geschah das aus Freundschaft?

In ihrem Hauptvortrag zur Eröffnung der Eych-Ausstellung über „Bischof Johann von Eych und Enea Silvio Piccolomini“ entwarf die renommierte Münchner Historikerin Professor Claudia Märtl am Mittwochabend ein weit differenzierteres und korrigierendes Bild: Weder sei Johann von Eych ein großer Gönner Piccolominis gewesen, noch gebe es Indizien für eine enge Freundschaft zwischen beiden. Dies begründete Märtl, die künftige Präsidentin der renommierten Reihe „Monumenta Germaniae Historica“, in einem äußerst kurzweiligen und kompetenten Vortrag.

\tSo sei die Widmung Piccolominis an Eych von September 1444 wohl kein Resultat langjähriger Freundschaft, sondern eher als erste Kontaktaufnahme zu einem einflussreichen Ratgeber eines habsburgischen Fürsten zu betrachten; Piccolomini, der selbst in den geistlichen Stand eintreten wollte, suchte Anschluss an das Umfeld des Fürsten Albrecht VI. zu finden, nachdem er zuvor schon Albrechts weiteren Ratgeber Wilhelm von Stein umworben hatte. Johann von Eych erhielt den Traktat auch erst im Oktober 1445, nachdem er zum Bischof gewählt worden war – und zwar nicht vom Verfasser selbst, sondern per Boten – was kaum für eine enge Freundschaft spricht, auch wenn Piccolomini rhetorisch „die ganze humanistische Freundschaftstopik entfaltete“. Im Glückwunschbrief zur Bischofswahl mahnte Piccolomini Eych, er müsse nun würdige Männer fördern – wie den Überbringer des Traktats.

\tDer neue Eichstätter Bischof reagierte freilich überhaupt nicht auf die Glückwünsche, wie aus einem weiteren Brief Piccolominis vom Januar 1446 hervorgeht – „nun trat Funkstille im erhaltenen Briefwechsel ein“. Erst im Juli 1450 schrieb Piccolomini einen dritten Brief nach Eichstätt – da war er selbst bereits Bischof und stand kurz vor seinem Aufstieg zum Papsttum. Zuvor hatte ihm offenbar Eych eigenhändig geschrieben, um über die Gefährdung der Eichstätter Diözese im Städtekrieg zu informieren, in den er an der Seite des Markgrafen von Brandenburg Albrecht Achilles eingetreten war, worauf Piccolomini nur einen „etwas glatten Trostbrief“ retournierte. Später übte Piccolomini sogar zumindest indirekte Kritik an von Eychs Gebaren als Mitwirkender in einem Fürstengericht gegen die Stadt Nürnberg.

Andererseits bot der zum Papst Pius II. aufgestiegene Piccolomini als gewiefter Taktiker auf einem Kongress in Mantua Johann von Eych später sogar die Kardinalswürde an. Daraus wurde freilich nichts: Der Eichstätter scheute den Umzug nach Rom – er wollte in seinem Bistum präsent bleiben: „Für den Papst kam es aber gerade darauf an, dass er im Tagesgeschäft Verstärkung erhielt – ein auswärts residierender Kardinal war für ihn nicht interessant – an Eychs Stelle erhielt der 17-jährige Francesco Gonzaga die Kardinalswürde.

Das Fazit des Vortrags: Das Verhältnis zwischen Piccolomini und von Eych war ambivalent und „von den politischen Rahmenbedingungen bestimmt“, Beteuerungen der Freundschaft wurden gezielt als Mittel der Beziehungspflege eingesetzt, Eych war kein „humanistischer Jünger“ Piccolominis. Was dessen Persönlichkeit und Leistung aber keinesfalls schmälere: Umso deutlicher zeigt sich so, dass Johann von Eych Eichstätt aus eigenen Stücken zu einem Zentrum des Humanismus ausbaute.