Stammham
Warten auf eine bessere Zukunft

Mit dem Diözesanrat der Katholiken im Bistum Eichstätt in einem Haus für Flüchtlinge in Stammham

20.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:55 Uhr

Hörten aufmerksam zu: Diözesanrat Peter Sporrer, Susan mit ihren Zwillingen Osade und Osase, ihre Freundin, Caritasbetreuerin Charlotte Markert und Diözesanrätin Gertrud Lindler. - Foto: mbl

Stammham (DK) Auf den ersten Blick erscheint alles idyllisch: Ein zweistöckiges, von außen gepflegt wirkendes Haus in Stammham mit grün gestrichener Fassade. Ein kleiner Garten umsäumt es. Ein Zaun ist vorhanden. Und ein Schuppen, in dem unter anderem ein Fahrrad abgestellt ist.

Gutbürgerlich wirkt das Anwesen auf Vorbeifahrende. Am mittleren Fenster des obersten Stockwerks ist eine Satellitenschüssel angebracht. Sie hängt dort ein wenig wie ein Fremdkörper. Wie etwas, das dort nicht hingehört. Trotzdem dient sie den Menschen, die in dem Haus wohnen, nicht nur als Mittel zum Zeitvertreib, sondern ist eine wichtige Anbindung an alle möglichen Winkel der Welt. Ein flimmerndes Stück Leben sozusagen. Die laufenden Fernseher in den Zimmern verraten es.

In Stammham leben seit Oktober vergangenen Jahres Flüchtlinge aus Ländern, die mit zu den schlimmsten Krisengebieten der Erde zählen: drei Familien aus Syrien und Nigeria, sieben junge Männer aus Afghanistan, sechs Männer aus dem Senegal und drei Frauen aus dem Kongo und aus Mali. Das Haus, das ihnen zur Verfügung gestellt wurde, ist eine von 19 sogenannten dezentralen Unterkünften für Asylbewerber und Flüchtlinge im Landkreis Eichstätt. 204 Plätze stehen verteilt auf zwölf Ortschaften insgesamt zur Verfügung. „186 davon sind derzeit belegt“, sagt Mathias Schmitt von der Asylbetreuung der Caritas-Kreisstelle Eichstätt. Er und seine Kollegin Charlotte Markert sowie mehrere ehrenamtliche Asylbetreuer führten am Samstag eine Delegation des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Eichstätt durch das Gebäude und diskutierten mit ihnen.

Das Interesse der Mitglieder des kirchlichen Laiengremiums war groß. Nicht nur an den Lebensumständen der Flüchtlinge, die auf einige der Besucher erschreckend trist wirken („Ich bin von der Einrichtung erschüttert“, sagt eine Teilnehmerin mit Blick auf die teils spärliche Zimmerausstattung). Ausführlich diskutierten die Besucher auch über die Wohnungsproblematik, von der anerkannte Asylbewerber betroffen sind. Sie müssen die Unterkunft dann verlassen und sich eine eigene Bleibe suchen. Das ist – auch wegen fehlender Wohnungen – schwierig. Aber auch andere Problemfelder wurden erörtert, die die dezentrale Unterbringung auf dem Land mit sich bringt: die großen Entfernungen zu Sprachkursen und Ärzten und die damit verbundenen hohen Buskosten (den Asylsuchenden stehen monatlich 153 Euro Taschengeld und 136 Euro Essensgeld zur Verfügung). Der erschwerte Arbeitsmarktzugang (erst nach neun Monaten Aufenthalt möglich). Die fehlende Möglichkeit ein eigenes Konto zu eröffnen. Schmitt betont allerdings die gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, wo den Menschen oft schnell und unbürokratisch geholfen werde. Beispielsweise, wenn es um Anträge und Formulare geht, wie einer der ehrenamtlichen Betreuer berichtet. Die Integration ins Dorfleben sei gut. So könnten Asylsuchende in Stammham Basketball spielen. Verbesserungen seien aber auch hier wünschenswert. Man müsse mehr Bewusstsein am Ort schaffen, schlug ein Teilnehmer vor.

„Boring“, seufzt Henry (33) aus Nigeria. Langweilig sei es ihm. Teils innerlich aufgewühlt erzählt er von der Ohnmacht, einfach nur ausharren zu müssen. Nichts tun zu können. Das afrikanische Temperament schwingt unverkennbar mit. Mit seiner Frau und den Kindern lebt er seit fünf Monaten in Stammham. An seiner Seite: Freund Rasul aus Afghanistan, der seit Januar hier ist, dessen Kind und Frau sich aber in Norwegen aufhalten. Beide würden gerne arbeiten, dürfen aber nicht. Außer ein wenig gemeinnützige Arbeit im Dorf leisten. So bleibt vorerst nur der Blick aus dem Fenster. Hinaus aufs triste Märzwetter.