Warnung der Bundesbank - Anzeichen für eine Immobilienblase

16.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:07 Uhr

Preisübertreibungen, steigendes Kreditwachstum und deutlich erhöhte Zinsänderungsrisiken: Bundesbank-Chef Dombret warnt vor einer Immobilienblase, welche die Finanzstabilität gefährden könnte.

Wenn sich der oberste Bankenaufseher zum Thema Immobilienblase äußert, hört die Finanzwelt genau hin. Schließlich können sich die meisten Marktteilnehmer noch gut an die US-Immobilienkrise erinnern. Diese brachte das weltweite Finanzsystem 2008 an den Rand des Abgrunds.

Von solch einer akuten Immobilienblase, welche die Finanzstabilität bedroht, will Bundesbank-Chef Andreas Dombret noch nicht sprechen. "Ganz so weit sind wir zum Glück noch nicht", sagte der oberste Bankenaufseher kürzlich auf einem Vortrag in Frankfurt. "Aber die Ampel steht eindeutig auf gelb!"

Drei Kriterien für die Immobilienblase
Besorgniserregend ist laut Dombret vor allem die Preisübertreibung am Immobilienmarkt. So hätten die Immobilienpreise 2016 noch schneller als 2015 zugelegt. Seit 2010 beläuft sich der Preisanstieg in 127 Städten auf fast 50 Prozent. In den Top-7-Städten sind es sogar mehr als 60 Prozent.

Ein weiteres Kriterium gibt Anlass zur Sorge: das Wachstum der Immobilienkredite. Auch hier hat sich der Anstieg zuletzt beschleunigt. Brisant: "Die Verschuldung der Haushalte mit ausstehenden Immobilienkrediten ist sowohl absolut als auch relativ zum Einkommen gestiegen", so Dombret. Dennoch sei der Schuldendienst gleich geblieben. Das lasse darauf schließen, dass die höhere Verschuldung "vor allem durch das niedrige Zinsniveau getragen werden kann".

Auch beim dritten Kriterium - der lockeren Kreditvergabe - stehe die Ampel auf gelb. Zwar seien die Vergabestandards noch nicht erkennbar aufgeweicht. "Aber es gibt Frühwarnindikatoren, die auf eine erhöhte Risikonahme der Kreditinstitute hindeuten", sagt Dombret. So sei der Anteil der Immobilienkredite am Gesamt-Kreditportfolio der Banken deutlich gestiegen. Auch hätten sich die durchschnittlichen Laufzeiten der Kredite verlängert.

Zwei Seiten der Medaille
Einerseits ist das für den Kreditnehmer natürlich gut. Anderseits steigt durch die längeren Zinsbindungsfristen natürlich auch das Risiko für die Banken. "Mittlerweile hat fast die Hälfte aller Institute deutlich erhöhte Zinsänderungsrisiken - und das lässt mich aufhorchen", warnt Dombret.

Das Problem: Wenn die Zinsen plötzlich steigen, müssten sich die Banken kurzfristig auch zu höheren Zinssätzen refinanzieren. Demgegenüber stünden aber die niedrigeren Zinseinnahmen aus den langen Kreditverträgen. Dadurch könnten einige Banken in Schieflage geraten. Außerdem besteht die Gefahr von fallenden Immobilienpreisen. Das wiederum würde das Kreditrisiko der Banken erhöhen, weil die in den Bilanzen als Sicherheit hinterlegten Immobilien an Wert verlieren.

Explosive Mischung
"Vor allem die Mischung aus boomendem Immobilienmarkt und Niedrigzinsumfeld kann zu einem gefährlichen Cocktail für den Banken- und Sparkassensektor werden. Wir sind alle gut beraten, Vorsicht walten zu lassen", sagt Dombret. Die Finanzinstitute täten gut daran, weiterhin hohe Standards bei der Kreditvergabe anzuwenden und spekulative Preisentwicklungen nicht mitzutragen.

Warum wartet die Politik?

Auch die Politik habe noch ihre Hausaufgaben zu erledigen, indem sie eine Rechtsgrundlage schaffe, "um granulare Daten über Wohnimmobilienfinanzierungen erheben zu können". Dazu zählten beispielweise der Fremdkapitalanteil oder der Schuldendienst. Dies sei nötig, "um eine echte Chance zu haben, Immobilienblasen bereits im Aufbau zu erkennen".

Zwar hat der Bundestag Anfang April das sogenannte "Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz" auf den Weg gebracht. Kritiker monieren allerdings, dass das Gesetz zugunsten der Bankenlobby deutlich aufgeweicht wurde. So sind nur zwei der ursprünglich vier vom Ausschuss für Finanzstabilität vorgeschlagenen Punkte umgesetzt. Außerdem müssen erst viele bürokratische Hürden durchlaufen werden, damit die Bankenaufsicht im Notfall überhaupt eingreifen kann.

Der Letzte macht das Licht aus
Kritikpunkt: Nicht nur der Finanzausschuss des Bundestages muss das Eingreifen der Bafin absegnen, sondern eben auch die Kredit- und Immobilienwirtschaft. Und das könnte den Prozess deutlich behindern, so die Kritiker.

Bundesbank-Chef Dombret bringt es zum Abschluss seiner Rede so auf den Punkt: "Bevor eine Krise tatsächlich ausbricht, möchte niemand derjenige sein, der die Musik ausmacht, wenn alle noch tanzen. Aber genau diesen Mut wird es brauchen, wenn es irgendwann soweit ist."

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