War Ilmberg Sitz hochrangiger Adelsfamilien?

28.07.2006 | Stand 03.12.2020, 7:40 Uhr

Pfaffenhofen / Scheyern (hai) Hoch über dem Ilmtal bei Reichertshausen liegt der Weiler Ilmberg mit seiner Kirche St. Martin. Der idyllische Ort war möglicherweise schon im 8. Jahrhundert Sitz eines hochrangigen Adelsgeschlechtes, d essen Ursprünge über die Luitpoldinger bis zu den Karolingern zurück gehen und dem auch das bayerische Herrscherhaus der Wittelsbacher entstammt. Diese These vertritt die Scheyerer Heimatforscherin Elli Wolf in ihrem jetzt veröffentlichten Buch "Die Wurzeln der Wittelsbacher."

Ahnherren des bayerischen Herrscherhauses waren die Grafen von Scheyern, die im Jahr 1119 nach dem Umzug in die neue Burg Oberwittelsbach bei Aichach ihren Stammsitz dem Benediktinerorden vermacht hatten. Während diese Tatsache historisch gesichert ist, konnte die Frühgeschichte des bayerischen Herrscherhauses bisher nur sehr lückenhaft dargestellt werden. Einen belegbaren Weg zu der vermuteten Abstammung der Scheyerer Grafen von den Luitpoldingern gab es bisher nicht .

Diese Lücke versuchte Elli Wolf jetzt mit ihrem Buch zu schließen . Es behandelt im Kern die Zeit zwischen 790 und etwa 1100. Erst ab der Gräfin Haziga von Scheyern, die 1103 oder 1104 starb, ist die Ahnenreihe der Wittelsbacher weitgehend gesichert.

Ausgangspunkt der Untersuchungen war für Elli Wolf eine für sie rätselhafte Passage in den alten Chroniken über "Berg und Burg Scheyern". Der erste Chronist der bayerischen Geschichte, Bischof Otto I. von Freising, schreibt um 1140: " . . .Einen anderen Teil hatten unter ihnen diejenigen überragenden, höchsten und mit einem großen Namen ausgestatteten Grafen besessen, die gleichfalls von diesem Berg Fürsten von Scheyern genannt wurden . . . " Auch der Mönch Chounrad von Scheyern berichtet rund 100 Jahre später in seinem "Chronicon Schirense" sinngemäß folgendermaßen: " . . . Also wurden Berg und Burg Scheyern nicht von einem oder zwei Fürsten, sondern von vielen gemeinsam bewohnt . . . "

Diese Formulierungen in den historischen Quellen weckten bei Elli Wolf Zweifel an der bisher allgemein verbreiteten Annahme, dass mit dem genannten "Berg" der Burgberg von Scheyern gemeint sei. Elli Wolf: "Die örtlichen Karten von Scheyern belegen, dass neben der Burg bis in die Neuzeit keine weitere Bebauung am Burgberg stattgefunden hat. Was aber sollte dann die merkwürdige Formulierung über die Bewohner von Burg und Berg Scheyern?" Hatten die Chronisten statt des topografischen Begriffes "Berg" vielleicht eine Ortschaft gleichen Namens gemeint?

Elli Wolf ging dieser Frage nach und fand äußerst interessante, bisher nicht untersuchte Verbindungen zu dem 5,5 Kilometer von Scheyern entfernten Weiler Ilmberg, der nachweislich vor 1550 lediglich "Berg" hieß. In einer Urkunde von 1524 ist noch die St. Martinskirche von "Berg" als Filialkirche des nahegelegenen Lampertshausen erwähnt. Auf der Apianischen Karte von 1566 ist aber schon "Ilmberg" eingetragen. Die Umbenennung erfolgte also irgendwann dazwischen.

Wenn aber der Ort Berg in so engem Zusammenhang zu Scheyern stand, dass dieser von den Scheyerer Fürsten gemeinsam bewohnt worden war, dann mussten die Bewohner von Berg auch gemeinsam mit den Grafen von Scheyern im Urkundenmaterial zu finden sein. Mit dieser Annahme startet Elli Wolf ihre jahrelange historische Detektivarbeit, durchstöberte Archive und Urkundensammlungen von Berchtesgaden bis Weltenburg und fand rund 200 Nennungen von Personen mit dem Namenszusatz "de Perg" (Perge, Perke, Berg).

Dann untersuchte sie die Namensvererbung, die Besitznachfolge, aber auch die Amtsnachfolge und das geografische Umfeld der in den Urkunden genannten Personen. Aus der Namensnennung von Beteiligten bei Erbangelegenheiten, Gerichtsverfahren und kirchlichen Streitigkeiten geht nach den Erkenntnissen von Elli Wolf hervor, dass der Ort (Ilm-)Berg und die Burg Scheyern von alters her eine Einheit bildeten und sich in den Händen der selben Sippe befanden, zu der auch die spätere Scheyerer Gräfin Haziga gehörte. Obwohl ihre Abkunft nicht völlig geklärt ist, weisen nach den Forschungen von Elli Wolf zahlreiche Indizien darauf hin, dass Haziga verwandtschaftliche Beziehungen zu den Luitpoldingern hatte.

Die Scheyerer Heimatforscherin hat die Familienbande der Adeligen von (Ilm-)Berg und Scheyern bis ins 8. Jahrhundert zurück verfolgt. Dabei stieß sie auf eine Urkunde aus dem Jahr 791 gestoßen, in der es um einen Erbstreit zwischen Eio, dem Gründer des Klosters Ilmmünster und seinem Verwandten Egilolf um die St. Martins-Kirche von "Auuicozeshusir" ging. Aufgrund der in dem Prozess beteiligten Personen, die teilweise Besitz in Berg hatten, aus dem geografischen Umfeld stammten und auch mit Eio verwandt waren, geht Elli Wolf davon aus, dass es sich bei dem Streitobjekt um die Kirche von Ilmberg handelte. Wenn diese Annahme zutrifft, ließe sich die Ahnenreihe der Ilmberger Adeligen, späteren Scheyerer Grafen und Wittelsbacher bis zum ersten Herrscher des Frankenreiches zurückverfolgen. Denn der Ilmmünsterer Klostergründer Eio war nachweislich ein Nachkomme von Karl Martell.