Eichstätt
Wandernde Bauleute

Einer der ersten Graubündener Maurermeister war Giovanni Ganzera

17.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:28 Uhr

Im Jahr 1673 wurde von Willibald Ganser das denkmalgeschützte Pfarrhaus in Schambach (Mitte) errichtet. Er entstammte der Graubündener Maurer-Dynastie Ganzera. - Foto: Ettle

Eichstätt (EK) Die Kunst großer Baumeister aus dem Schweizer Kanton Graubünden, insbesondere aus dem italienischsprachigen südlichen Teil um das Misoxtal, ist prägend für das Ortsbild von Eichstätt und vieler bayerischer Gemeinden. Die Namen der Architekten wie Gabriel de Gabrieli, Giovanni Albertalli (Johann Alberthal), Giacomo Angelini (Jakob Engel) und Maurizio Pedetti (Moritz Pedetti), der allerdings aus der Provinz Como stammte, sind allgemein geläufig.

Darüber hinaus kamen jedoch weitere Bauhandwerker katholischen Glaubens in großer Zahl als Gastarbeiter.

ANNO DAZUMAL

Einer davon war der Maurermeister Giovanni Ganzera. Der Name seiner Familie findet sich seit 1655 im Matrikelbuch der Pfarrei Walting. Am 12. November 1659 meldete der Stammvater die Geburt seiner Tochter Maria beim Pfarrer an. Seine Frau hieß Anna. Der Meister ist am 26. September 1673 gestorben. Aus Ganzera wurde im Lauf der Zeit der heute geläufige Name Ganser. Einer der Nachkommen, Pius Ganser aus Konstein (Jahrgang 1927), ist in den Pfarrbüchern und in der Literatur der Geschichte seiner Familie nachgegangen und hat die Ergebnisse der Forschung in einer Chronik zusammengefasst.

Maurermeister Ganzera hatte sich aus einem der Bergdörfer Buseno oder Casdeneda im Calanca-Tal, einem Seitental des Flusses Misox, über das Gebirge auf den Weg nach Eichstätt gemacht. Im Altmühltal fand der Mann Arbeit und Brot. Wie der Chronist bemerkt, hat etwa die Hälfte der männlichen Familienmitglieder dem Stammvater bei der Berufswahl nachgeeifert und als Maurer oder Maurermeister gearbeitet. Im Taufregister der Pfarrei Walting kommt der Name Ganser von 1813 bis 1903 132-mal vor.

Der erste belegte Bau von Giovanni Ganzera ist ein neuer Getreidestadel in Rebdorf, errichtet 1667. Bekannt ist ferner, dass der Meister 1697 in Wettstetten Maurerarbeiten ausführte. Einer seiner Nachkommen, Sebastian Ganser aus Walting, arbeitete zusammen mit den Maurermeistern Michael und Martin Säckler an der Kirche von Pfahldorf. Die drei Meister bauten von 1707 bis 1710 auch das Langhaus und den Turm der Kirche von Pfalzpaint. Ein Ganser-Nachkomme namens Willibald aus Walting errichtete 1673 das Schambacher Pfarrhaus.

1728 arbeitete Hans Ganser an der Nikolaus-Kirche in Pfünz und 1753 machte Maurermeister Lambert Ganser aus Walting Vorschläge zur Reparatur der Benedikt-Kirche von Landershofen. Rembrant Fiedler, Referent des Landesamts für Denkmalpflege, konstatierte: "Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts war der geistliche Fürstensitz Eichstätt ein Zentrum für wandernde Misoxer Bauleute geworden."

Andere Mitglieder der Familie Ganser aus Graubünden arbeiteten als "Pechler", das sind Harzsammler. Sie ließen sich hauptsächlich im Salzburger Raum nieder. Die Verbundenheit im Hinblick auf das Bauen und die Bauwerke der alten Meister ist auch in zwölfter Generation vorhanden. So ist zum Beispiel ein Nachkomme der Familie Ganser für die Diözese Eichstätt in der Bauplanung und Bauabwicklung tätig. Beim Lesen in der Chronik von Pius Ganser wird schon deutlich, dass die Familienmitglieder stolz auf die Schweizer Herkunft ihrer Vorväter sind. Das beweist auch das Vorhandensein eines Familienwappens. Die 70-seitige Schrift garantiert, dass die Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.