Pfaffenhofen
Waidmänner beklagen das Artensterben

Jägervereinigung feiert mit Gottesdienst und Festabend den Hubertustag

05.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:16 Uhr
Die Gehörne von rund 1300 Rehböcken hat die Jägervereinigung am Sonntag im Stockerhof ausgestellt - das Ergebnis der Jagdsaison, die am 15. Oktober endete. Rehgeißen, also die weiblichen Tiere, finden keinen Einzug in die gesetzlich vorgeschriebene Schau. 70 Reviere, die organisatorisch in sechs Hegeringen zusammengefasst sind, haben ihre Trophäen auf Holzbrettern angeordnet, zumeist Vier- und Sechsender, die im Alter von bis zu sechs Jahren geschossen worden sind. Darunter aber auch Geweihe von Tieren, die von einem Auto erfasst wurden. In solchen Fällen ruft die Polizei Jäger zu Hilfe. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Mit der Hubertusmesse, dem "Verblasen" des Wilds durch die Jagdhornbläser auf den Stufen zum Haus der Begegnung und einem Festabend im Stockerhof mit über 100 Gästen feierte die Jägervereinigung des Landkreises den Festtag ihres Schutzpatrons, des heiligen Hubertus.

Ein ungewohntes Bild für die Besucher der Vorabendmesse: Zwei junge Buschen in Loden und Filzhut trugen zum Einzug erlegtes Wild vor den Altar der Stadtpfarrkirche. Reh, Fuchs, Hase, Steinmarder und Fasan baumelten aufreiht an einem langen Ast. Für die Jäger ein Zeichen, das Wild zu ehren, ein "Waidmannsdank" ähnlich dem Erntedankfest einen Monat zuvor. Der heilige Hubertus hatte der Legende nach Gott in der Schöpfung erkannt, nämlich in einem strahlenden Kreuz zwischen einem Hirschgeweih. Jenseits von Volksfrömmigkeit und religiösen Traditionen, mahnte Pfarrer Albert Miorin, sollten auch heute Christen Gott Suchende bleiben und ihn in der Natur und der Schöpfung erkennen.

Die Jagdhornbläser, darunter immerhin zwei Frauen, gestalteten unter der Leitung von Auwi Geyer den Gottesdienst musikalisch mit ihren kleinen Fürst-Pless-Hörnern und den großen Parforcehörnern. Anschließend wurde vor der Kirche das Wild "verblasen" - für jede Tierart mit einer Melodie, die seine Eigenheiten in Töne fasste wie etwa die wilden Sprünge eines Hasen. Dieses Ritual endet traditionsgemäß mit dem großen Halali, Schlussstrich einer Jagd.

Einen wenig befriedigenden Schlussstrich zog der 1. Vorsitzende der Jägervereinigung, Martin Braun, bei seiner Ansprache im Stockerhof. Bayern leide unter Artenschwund. Nicht nur die Zahl von Bienen und Insekten gehe drastisch zurück, auch die des Niederwilds wie etwa beim Rebhuhn. Und das trotz Landschaftsprogrammen und EU-Greening, das bei der Förderung der Agrarpolitik Umweltkomponenten einbaut. Die Jäger hätten, so Braun, "die Bejagung von manchen Tierarten mangels Masse eingestellt". Um die Artenvielfalt zu erhalten, appellierte er an die Landwirte, Wildäcker und Stoppelfelder stehen zu lassen, was auch im Sinne der Bienen und Insekten sei. "Denn wenn die sterben, werden auch wir Menschen keine Nahrung mehr haben." Von den Jamaika-Koalitionären forderte er, "in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft ökologisch wertvolle Strukturen zu schaffen und geeignete Lebensräume für die Wildtiere zu fördern".

Ganz und gar nicht vom Aussterben bedroht ist im Landkreis das Rehwild, das, wenn es sich zu stark vermehrt, in der Vegetation große Schäden verursachen kann. Auch steigende Abschussquoten, erklärte Kreisjagdberater Rudi Engelhard, Ehrenvorsitzender der Jäger und ehemaliger Landrat, hätten wenig gebracht. Das Hauptproblem sei bei Rehwild das Geschlechterverhältnis. Auf einen Bock kommen zehn Rehgeißen. Engelhard appellierte deshalb an die Jäger: "Ich bitte Sie eindringlich, großen Wert auf die Regulierung des weiblichen Wildes zu legen."

Konkurrenz könnten die Jäger womöglich von einem vierbeinigen "Kollegen" bekommen. "Der Wolf ist in aller Munde", begann der Experte Ulrich Wotschikowsy seinen Vortrag zum Thema "Wölfe - was kommt das auf uns zu?" Um es zusammenzufassen: Es besteht kein Grund zur Panik, denn: "Es gibt ihn nicht, den Problemwolf." Etwa 12 000 Wölfe leben in Europa, im Osten Deutschlands 63 Rudel, das sind etwa 570 Tiere. In Bayern dagegen habe sich nicht ein einziger Wolf angesiedelt. Wohl auch, weil der Freistaat für die scheuen Tiere zu zersiedelt ist. Als Beispiel für die irrationalen Ängste vor Wölfen führte der Wolfsfachmann die Mutterkuhhaltung in Brandburg an: Dort leben knapp 600 000 Rinder unter freiem Himmel, von den 90 000 Kälbern, die im Freien geboren wurden, starben 11 000. Nur 13 davon holte sich von 2007 bis 2015 der Wolf. Warum also wird das Thema so aufgebauscht? Wotschikowsky glaubt, dass eine "gestörte Ordnung" die Jäger verunsichere, die durch den Wolf "Konkurrenz" bekommen haben und möglicherweise fürchten, er nehme ihnen Beute weg. Aber: Nirgendwo auf der ganzen Welt sei die Strecke, also die erlegten Tiere, länger als in Deutschland. "Und da könnten wir doch auch dem Wolf etwas gönnen", meinte der gelernte Forstwirt, der seit 53 Jahren Jäger ist und für den sein Leben "ohne die Jagd armselig" wäre. Im Landkreis gehen rund 1100 Jäger ihrer Leidenschaft nach, in der Jägervereinigung sind aktuell 692 Mitglieder organisiert, davon 42 Frauen. 23 wurden für ihre langjährige Treue, 25- und 40-jährige Mitgliedschaft, geehrt. Seit 50 Jahren dabei sind Ludwig Brandl, Johann Demmelmeier, Rudolf Fottner, Karl von Freyberg, Lothar Nossol, Michael Wallner und Albert Weinbauer. Sechs Jahrzehnte hält Roman Krabichler dem Verband die Treue: Mit 26 Jahren ist er beigetreten.