Waidhofen
"Waidhofener Himmel"

Feiern zum 300. Jubiläum stehen an

30.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:53 Uhr

Seine Ausstattung verleiht dem Waidhofener Gotteshaus ein besonderes Flair: farbenprächtige Gemälde, der imposante Altar, die Kanzel samt Stuckgirlanden sowie eine kleine Grotte (v.l.). - Fotos: De Pascale

Waidhofen (DK) Pfarrer Franz Marksteiner sei es gewesen, der die Pfarrkirche Mariä Reinigung und St. Wendelin einst als „Waidhofener Himmel“ bezeichnete, erzählt Pfarrgemeinderatsvorsitzender Thomas Nagl. Fachleute sind sich einig, dass sie zu den gelungensten Gotteshäusern Bayerns gehört. Am Sonntag beginnen die Feiern zum 300. Jubiläum.

Was beim Betreten der Waidhofener Pfarrkirche Mariä Reinigung und St. Wendelin zuerst ins Auge fällt, sind die farbintensiven Gemälde, der feine Stuck und natürlich der prächtige Altar. Erstaunlich, „dass das kleine Dorf Waidhofen mit wenig Einwohnern damals so seine schöne Pfarrkirche baute“, findet auch Pfarrer Roy Augustine Kulathinkal, der die Gemeinde derzeit betreut. Mit dem 300. Jubiläum sowie der von Familie Kling verfassten Festschrift werde „die Geschichte unserer Pfarrei lebendig“, findet der Waidhofener Pfarrer. „Namen, die sonst keiner mehr ausspricht, werden neu genannt, Erfahrungen und alte Ereignisse werden plötzlich wach.“

GRÜNDUNG UND NEUBAU

Die Gründung der Pfarrei Waidhofen dürfte ins 14. Jahrhundert zurückgehen. So diente Franziska Kling beim Verfassen der Festschrift ein Bericht des Paargauhistorikers Georg August Reischl, der von „dem alten, im 13. Jahrhundert erbauten Gotteshaus zu Unserer Lieben Frau“ erzählte. 300 Jahre später wurde das gotische Gotteshaus baufällig – womit man um einen Neubau nicht herumkam. Die zunehmende Zahl an Wallfahrern, die alljährlich am Tag des Heiligen Wendelin gen Waidhofen pilgerten, machte zudem eine Vergrößerung nötig. 1718 – und damit vor exakt 300 Jahren – wurde der maßgelblich aus Einkünften der Wendelin-Wallfahrt finanzierte Bau fertiggestellt.

ERBAUER DER KIRCHE

Es war ein gebürtiger Hohenwarter, der zu den „hervorragendsten Pfarrherrn“ unter den Waidhofener Seelsorgern zählte, heißt es in der Festschrift. Und das nicht nur, weil er so manch weniger begütertem Schüler zum kostenlosen Unterricht verhalf, sondern vor allem deshalb, weil Franz Seraph Kaltenegger als Erbauer der Kirche in die Geschichte einging. Wie sehr ihm das Gotteshaus am Herzen gelegen haben muss, das beweist die Tatsache, dass Kaltenegger Monstranz, Altarkreuz und Leuchter aus dem eigenen Portemonnaie spendierte – und zwar nicht irgendetwas, sondern Arbeiten führender Silberschmiedemeister aus Augsburg.

BESONDERHEITEN

Der Anspruch, den Pfarrer Kaltenegger an den Neubau der Waidhofener Pfarrkirche stellte, war ausgesprochen hoch. Noch heute ist das an der Ausstattung des Gotteshauses abzulesen: Die aufwendige Stuckierung sucht ihresgleichen und zählte zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu den bedeutendsten des Umkreises. Der prächtige Hochaltar samt Darstellung „Jesu im Tempel“ – womit er direkten Bezug nimmt auf das Titularfest der Kirche, „Praesentatio Domini“, am 2. Februar – und den Seitenfiguren des Heiligen Joachim und der Heiligen Anna mit Maria ist weit mehr als ein bloßer Blickfang. Im Zentrum des Wendelinaltars ist St. Wendelin als Hirte abgebildet, darüber die Plastik „Maria mit dem Kind“. Die von Melchior Steidl geschaffenen Fresken seien ein „Glücksfall für unsere Kirche“, findet Franziska Kling. Schließlich habe der gebürtige Innsbrucker ansonsten vorwiegend repräsentative Bauten für vermögende Stiftsäbte und Fürstbischöfe freskiert. Die Kanzel zähle gar zu den „heitersten und vorzüglichsten Stuckkanzeln in Altbayern“, ist Franziska Kling überzeugt. Fünf weit ausschwingende, oben zusammenführende Stuckgirlanden umspielten den Schalldeckel. In Rundmedaillons sind auf dem Kanzelkorb Büsten der Evangelisten Lukas mit Stier, Matthäus mit Engel, Johannes mit Adler und Markus mit Löwen dargestellt. Übrigens ist das Mauerwerk des Turmes das einzige Bauteil, das von der 1718 abgebrochenen gotischen Kirche erhalten geblieben war. 1861 wurde der in den Neubau integrierte Turm mit einem Kupferdach bedeckt, maßgeblich durch die Arbeiten zweier Schrobenhausener: Zimmermeister Lukas Rothenanger und Kupferschmid Karl Bauer.
 

RENOVIERUNGEN

Wie so oft an alten Gemäuern, war auch beim Waidhofener Gotteshaus im Lauf der Jahrhunderte so manche Erneuerung nötig. Dennoch blieben der Baukörper wie auch die Ausstattung aus der Zeit der Erbauung in weiten Teilen erhalten. Die letzte große Renovierung fand unter der Ägide von Pfarrer Franz Marksteiner und Kirchenpfleger Josef Stegmaier statt. 1997 begannen die Außenarbeiten. Fünf Jahre später packten die Waidhofener dann die drei Jahre andauernde Innenrenovierung an. Auch da zeigte sich: „Die Experten des Landesamts für Denkmalpflege waren begeistert von unserer Kirche und bescheinigten sowohl den Deckenfresken und der Stuckierung als auch den Altären, dem Gestühl und der gesamten Ausstattung höchste Qualität“, berichtet Franziska Kling. Die Waidhofener hielten zusammen: Jede Menge freiwillige Helfer waren zur Stelle, als sie gebraucht wurden.
 

SCHOCK UND TRAUER

Es dürfte eines der tragischsten Ereignisse gewesen sein, die sich in der Waidhofener Pfarrkirche zutrugen, und an die sich auch die Verfasserin der Festschrift, Franziska Kling, noch heute erinnert: Nachdem man sich eine Woche zuvor noch bei einem feierlichen Gottesdienst über die fertig renovierte Kirche gefreut hatte, folgte am 11. Februar 2006 ein Schock für die Gläubigen: Pfarrer Franz Marksteiner brach beim Vorabendgottesdienst am Altar zusammen. Von einer Gehirnblutung sollte er sich nicht mehr erholen. 55-jährig starb er am 17. Februar, fünf Tage später wurde er im Priestergrab, „ganz nahe bei seiner Kirche“, wie Kling erzählt, beigesetzt. Nach diesem Schock wieder Normalität einkehren zu lassen, oblag Pater Mario Muschik, der diese Aufgabe mit viel Einfühlungsvermögen meisterte. Im September 2006 übernahm Pfarrer Roy Augustine Kulathinkal das Ruder, unterstützt von Ruhestandsgeistlichem Anton Keller.
 

PERSONEN

Sie war eine regelrechte Waidhofener Mesner-Dynastie: 110 Jahre lang beherrschte ein Name den Mesnerdienst. In der Familie Fleischmann übertrug diese Aufgabe jeweils der Vater auf den Sohn. Bei besonderen Anlässen musste sogar die ganze Familie mit anpacken, unter anderem auch beim Putzen der Kirche. Ab 1961 übernahmen die Dillinger Franziskanerinnen den Mesnerdienst. Nach Auflösung des Konvents – „der Verlust für die Pfarrei war groß, der Abschied für beide Seiten tränenreich“, berichtet Kling – übernahmen Johann und Theresia Assenbrunner, später Johann Limmer, Johann Mair und Josef Höchsmann den Mesnerdienst. Und 2002 schließlich Gerda Maier (zwischenzeitlich unterstützt von Emma Bichler). Fast zwei Dutzend Priester betreuten die Gläubigen in den vergangenen 300 Jahren. Allein im 20. Jahrhundert freute man sich über vier Primizianten.
 

GLÜCKWÜNSCHE

Zum Jubiläum gibt es Glückwünsche – da bildet auch ein Gotteshaus keine Ausnahme. Auch wenn die lieben Wünsche dann doch eher an die Waidhofener Bürger adressiert sind. So etwa jene von Pater Mario Muschik: „In meinen wenigen Monaten, in denen ich Ihr Seelsorger sein durfte, habe ich Waidhofen als eine sehr junge, lebendige und sympathische Gemeinde erlebt.“ Prälat Bertram Meier findet: Der Blick auf die stolze Vergangenheit allein genüge nicht. „Ein Jubiläum lädt auch dazu ein, nach vorn zu blicken im Bewusstsein, dass die Kirche auf dem Weg durch die Zeit nicht stehenbleiben darf.“ Pfarrer Peter Brummer gesteht: „Ich schätze und liebe die Waidhofener Pfarrkirche.“ Schließlich habe die ihn ein Leben lang begleitet. Und Pfarrer Anton Keller sagt: Dass die Waidhofener Pfarrkirche „dieses Alter unbeschadet erreichen konnte, hat sie den Menschen zu verdanken, von denen und für die sie gebaut wurde und die sie bis heute gepflegt haben.“ Waidhofens Bürgermeister Josef Lechner blickt zurück auf stürmische Zeiten, in denen das Gotteshaus den Menschen „ein sicherer und Halt gebender Zufluchtsort“ war. Kirchenpfleger Alois Sigl erinnert an all jene, die im Lauf der Jahrhunderte in der Kirche ein- und ausgegangen sind, und für die sie „Teil ihres Lebens ist und war“. Und Pfarrgemeinderatsvorsitzender Thomas Nagl findet: Entscheidend sei, „dass dieses schöne Gotteshaus nicht wie ein Museum in der Mitte der Gemeinde steht“, sondern „von allen, die hier leben“, als Haus des Gebetes und Gotteslobs gesehen und oft genutzt werde.