Kabul/Ingolstadt
Wahlen in Afghanistan: Eine Kandidatin aus Ingolstadt tritt an

Die in Kabul geborene Shahista Saleh will ins Parlament einziehen, um das Elend zu bekämpfen

19.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:44 Uhr
Shahista Saleh beim Straßenwahlkampf in Kabul. −Foto: Saleh

Kabul/ Ingolstadt (DK) Als Shahista Saleh aus Ingolstadt im März 2017 gegenüber unserer Zeitung ankündigte, bei den nächsten Parlamentswahlen in Afghanistan zu kandidieren, da bestanden in der Tat gewisse Zweifel an diesem gewagten Vorhaben. Doch die in Kabul geborene 42-Jährige, die 1986 mit ihrer Familie nach Bayern kam und Asyl fand, setzte ihren Plan mit Beharrlichkeit durch.

"Ich werde es schaffen", betonte sie immer wieder. An diesem Samstag nun finden die Wahlen statt - überschattet von blutigen Anschlägen. Shahista Saleh ist hin- und hergerissen zwischen Euphorie und Angst.

Ungeachtet des Attentats auf einen berüchtigten Polizeichef und neuer Drohungen der Taliban wird in Afghanistan am Samstag ein neues Parlament gewählt. Nach dem Anschlag auf ein Sicherheitstreffen wurde lediglich der Urnengang in der südöstlichen Provinz Kandahar am Freitag ausgesetzt. Er soll dort nun eine Woche später durchgeführt werden, wie ein Sprecher des Präsidentenpalastes über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.

Die Parlamentswahlen finden mit über drei Jahren Verspätung statt. Mehr als 2500 Kandidaten ringen um 250 Sitze in der Wolesi Dschirga (Haus des Volkes). Die Wahl war aufgrund von Verzögerungen bei der Wahlrechtsreform immer wieder verschoben worden. Auch für Shahista Saleh war die Zeit des Wartens eine harte Geduldsprobe. Aber nie ließ sie von ihrer Überzeugung ab, denn sie will als Abgeordnete vor allem Frauen und Familien helfen: "Die Lage in Afghanistan hat sich in den letzten Jahren enorm verschlechtert", sagt sie zu ihren Beweggründen. "Das Leid ist so groß - es verschlägt einem schier die Sprache."

Mehrmals besuchte Saleh in letzter Zeit ihre Heimatstadt Kabul, um Arme zu unterstützten, die in Schmutz und Elend auf der Straße leben. Im Verlagshaus des DONAUKURIER hielt sie einen Vortrag und erzählte, wie schlecht es vielen ihrer Landsleute geht - insbesondere den Witwen, Waisen und den zahlreichen Drogenabhängigen. Korruption sei an der Tagesordnung. Schon lange vor den Wahlen versuchten reiche Kandidaten, die Stimmen der Ärmsten zu kaufen. Saleh hingegen wollte die Menschen stets überzeugen, dass dies genau der falsche Weg sei und sie ihr Wahlrecht nutzen sollten, um Veränderungen im Land zu bewirken.

Ihren Wahlkampf hat die 42-Jährige mit recht bescheidenen Mitteln geführt. "Ich war von morgens bis abends nur zu Fuß und mit dem Bus unterwegs - ohne Bodygards - und habe meine Visitenkarten verteilt", berichtet sie uns am Telefon. "Das hat den Leuten sehr gut gefallen, darum bin ich guter Dinge. Allerdings habe ich auch Angst, dass meine Stimmen verloren gehen."

Saleh erzählt, einige Kandidaten seien getötet worden. Außerdem habe sie gehört, es hätten sich Taliban unter die Sicherheitsleute gemischt, die den friedlichen Ablauf der Wahlen garantieren sollen. "Es herrscht Alarmstufe rot."
 

Suzanne Schattenhofer