Stuttgart (DK
VW zieht Personalumbau durch

Damit werden die Weichen für 2018 gestellt – wenn der Konzern endlich an der Weltspitze stehen soll

03.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:25 Uhr

Stuttgart (DK) Martin Winterkorn wagt einen großen Schritt. Der Volkswagen-Chef krempelt die Führungsmannschaft des Autoriesen um und besetzt dutzende Spitzenpositionen neu. Doch nicht nur Winterkorn, auch sein Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch führt dabei Regie.

Den Riesenumbau verkündet Winterkorn am Samstagmittag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz in einem kleinen Saal eines Flughafenhotels in Stuttgart. Piëch sitzt in der ersten Reihe, stellt selbst eine Frage und ruft ab und an dazwischen. Die Stimmung ist heiter, auch wenn nur wenige Kilometer entfernt mit Porsche eine weitere Großbaustelle des Konzerns wartet. „Für den Volkswagen-Konzern, für unsere Marken und für uns als Management bleibt noch vieles zu tun“, sagt Winterkorn.

Die beiden Ingenieure wollen VW bis 2018 nicht nur an die Weltspitze führen, der Konzern soll da auch bleiben, wenn beide nicht mehr auf der Brücke stehen. Winterkorn, mit 65 im besten Rentenalter, und der 75-jährige Piëch bestellen mit dem überraschenden Großumbau auch den Hof für mögliche Nachfolger. Einige Kandidaten haben nun Gelegenheit, sich zu empfehlen – für einen bisher gehandelten Kronprinzen ist die Karriere bei VW vorbei. Auf die übrigen wartet in den nächsten Jahren genügend Arbeit.

Das Personalkarussell hat Wiko, wie der Boss oft genannt wird, bereits in bester Piëch-Manier angeworfen. Dabei scheute Winterkorn auch nicht davor, wichtige Topmanager auszuwechseln – wie China-Chef Karl-Thomas Neumann, der als ein Nachfolgekandidat galt und zuletzt aus Wolfsburger Sicht offensichtlich an einer zu langen Leine lief. Was aus ihm wird, ist offen. „Wir suchen für Herrn Dr. Neumann eine neue Aufgabe im Konzern“, bescheidet Winterkorn am Samstag knapp – und nur auf Nachfrage. Dass bei der gigantischen Personalrochade für Neumann kein Stuhl gefunden wurde, ist ein bemerkenswertes Zeichen.

Für Audi-Vertriebschef Peter Schwarzenbauer ist die Laufbahn im Konzern gleich ganz vorbei. „Herr Schwarzenbauer wird sich um eine andere Tätigkeit bemühen“, sagt Winterkorn. Der Manager, eigentlich von tadellosem Ruf, habe sich mit der Wolfsburger Konzernführung überworfen, heißt es in Gerüchten. Audi ist der Goldesel des Konzerns. Die Nobelmarke verdient einen Löwenanteil des Geldes und wird durch den Umbau weiter gestärkt, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. „Die bisherige Innovationsmüdigkeit könnte behoben werden. Weder beim Leichtbau, der Kerndisziplin von Audi unter Piëch, konnte Audi in den letzten Jahren Punkten noch bei neuen Antrieben.“

Doch VW will überall vorne fahren. Die Zahl „2018“ dominiert seit langem Gedankenwelt und Aufstellung bei dem Riesenkonzern. Winterkorn hat offensichtlich zuletzt einige Baustellen ausgemacht, die diesem Ziel hinderlich sind. Sein Vertrag läuft bis Ende 2016. 2017 dann könnte er Piëch als Chef des Aufsichtsrats nachfolgen und dann gemeinsam mit dessen Ehefrau Ursula, die inzwischen im Aufsichtsrat sitzt, das neue Führungsduo bilden. Der aktuelle Audi-Chef Stadler – einst viele Jahre lang Büroleiter Piëchs – dürfte nach dem Abgang Neumanns jetzt zu den Topkandidaten auf die Nachfolge Winterkorns zählen.

Bezüglich des Vorstandsumbaus hat sich der Audi-Chef nun in einem offenen Brief an seine Mitarbeiter gewendet, in dem er die Veränderungen aus Konzernsicht erklärt. „Wir haben die Führungsmannschaft in Wolfsburg und bei mehreren Marken neu aufgestellt, um in unserer Branche an die Spitze zu fahren“, heißt es darin. „Auch wir bei Audi stellen in diesem Zuge die Weichen für unser geplantes weiteres Wachstum.“ Wie beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans brauche man dafür intelligenten Teamgeist und – was Michael Dick, Peter Schwarzenbauer und Ulf Berkenhagen betrifft – blitzschnelle Fahrerwechsel.