Wolfsburg (DK
VW wegen CO2-Werten in Erklärungsnot

Frist für Amnestieprogramm läuft heute aus VW-Aufsichtsrat bestellt Audi-Chef Stadler zum Rapport

29.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Wolfsburg (DK) Die Aufklärung des VW-Abgas-Skandals ist zäh. Und im Kern geht es vor allem darum, wer wann was und wie viel wusste – und wer am Ende die Verantwortung für die Manipulationen trägt.

Die VW-Führung soll einem Bericht der „Bild am Sonntag“ zufolge möglicherweise bereits im Frühjahr von Abweichungen bei CO2-Werten einzelner Automodelle gewusst haben. Dem Blatt zufolge habe der damalige Konzernchef Martin Winterkorn wegen auffälliger Messwerte den Verkauf des Polo TDI „BlueMotion“ gestoppt. Ein VW-Sprecher bezeichnete das gestern als „reine Spekulation“.

Das Auto sei wegen der zu geringen Nachfrage vom Markt genommen worden. Unabhängig davon werde seit Bekanntwerden der Abweichungen bei CO2-Abgaswerten geprüft, welche Modelle betroffen sind. „Ob bei diesem Modell die CO2-Angaben vom Katalogwert abweichen, ist Gegenstand der aktuell laufenden Untersuchungen“, hieß es bei VW.

Anfang November hatte der Wolfsburger Automobilkonzern neben den bekannten Abgas-Manipulationen bei Diesel-Motoren „Unregelmäßigkeiten“ auch beim CO2-Ausstoß öffentlich gemacht. Betroffen sind bis zu 800 000 Wagen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda.

Unterdessen endet heute bei VW die Frist für ein sogenanntes Amnestieprogramm für Tarifbeschäftigte, das bei der Aufklärung der Affäre helfen sollte. Bisher hätten sich rund 50 Mitarbeiter beteiligt, berichtet die „Welt am Sonntag“. Grundlegend neue Erkenntnisse habe es nicht gegeben, zitiert das Blatt einen Manager. Nach dpa-Informationen steht eine Verlängerung nicht zur Debatte. Allerdings heißt es in Unternehmenskreisen auch, dass die vergleichsweise kleine Zahl der Teilnehmer die These erhärte, dass nur wenige Mitarbeiter in die Manipulationen verstrickt sein könnten. Ein ähnliches, ebenfalls bis Ende November befristetes „Kooperationsprogramm“ hatte auch Audi gestartet, um die Hintergründe der eigenen Abgas-Affäre um den 3,0-Liter-Diesel aufzuhellen.

Die VW-Beschäftigten werden am Mittwoch in Wolfsburg von Betriebsräten, Managern und Aufsichtsräten über den Stand der Dinge informiert. Unter anderem soll auch Großaktionär und Aufsichtsrat Wolfgang Porsche eine Rede halten.

Einen Tag später muss sich Audi-Chef Rupert Stadler laut „Süddeutscher Zeitung“ im Aufsichtsrat der Nobelmarke erklären. Der Manager, der auch VW-Konzernvorstand ist, solle darlegen, warum Audi erst den Einsatz von Software, die in den USA als illegal gilt, dementierte, diesen dann aber vor wenigen Tagen doch einräumen musste. Zudem wolle der Audi-Aufsichtsrat wissen, was das Unternehmen tue, um die Schuldigen zu finden, so das Blatt.

Forderungen nach personellen Konsequenzen werde es erst geben, „wenn alles auf dem Tisch“ liege, zitiert das Blatt Mitglieder des Kontrollgremiums. Audi hatte aber bereits Mitte vergangener Woche zwei Manager der Technischen Entwicklung vorläufig beurlaubt.

Der VW-Aufsichtsrat tagt am 9. Dezember. Dort wird wohl auch die Entscheidung über einen neuen Personalvorstand für den Konzern fallen. Der 66 Jahre alte Horst Neumann war aus Altersgründen aus dem Amt geschieden, ursprünglich hatte es schon bei der Sitzung im November eine Entscheidung zur Nachfolge geben sollen.

Der Konzern erwägt nach einem Bericht der „Automobilwoche“, zur Bewältigung der Diesel-Krise reisende Reparaturexperten nach dem Modell der „Flying Doctors“ der VW-Tochter Bugatti zu entsenden. Sie sollen bei großen Flottenkunden in allen von dem Skandal betroffenen Diesel-Fahrzeugen einen neuen Strömungstransformator installieren. Mit dem Bauteil will VW den Stickoxid-Ausstoß der Selbstzünder in den Griff bekommen.