Pfaffenhofen (PK) "Bildet Euch eine eigene Meinung, hinterfragt Informationen kritisch, toleriert aber auch fremde Meinungen.
Nur so könnt ihr Freiheit und Demokratie schützen! " Der Appell des Holocaust-Überlebenden Solly Ganor ist auch der Kern der Botschaft, die der Schauspieler und Grimme-Preisträger Thomas Darchinger und der Jazzmusiker Wolfgang Lackerschmid in ihrer Lesung aus Ganors Autobiografie "Das andere Leben - Kindheit im Holocaust" überbrachten. Im Rahmen der von mehreren Bundesländern und Stiftungen geförderten Demokratiekampagne waren sie zu Gast in der Aula des Schyren-Gymnasiums.
Thomas Darchinger führte zunächst kurz in das Leben Solly Ganors ein, der als 13-Jähriger erleben musste, wie seine Heimat Litauen von deutschen Truppen überfallen wurde. Seine Kindheit war damit für ihn als Juden vorbei. Bis zu seiner Befreiung durch amerikanische Truppen auf einem der berüchtigten Todesmärsche am 2. Mai 1945 erlebte er das Grauen des Holocaust in verschiedenen Lagern, zuletzt in Utting am Ammersee. Erst nach Jahrzehnten des Schweigens schrieb er die Erinnerungen an "das andere Leben" auf.
Solly Ganor erzählt dabei aus dem Blickwinkel des Jungen von damals. Im Vortrag von Thomas Darchinger wird die berührende Geschichte lebendig, und im Zusammenspiel mit dem Vibraphon, das Wolfgang Lackerschmid perfekt einsetzt, noch eindrücklicher. Die Szenen, die Darchinger für seinen Vortrag auswählt, verdeutlichen die Unmenschlichkeit und Grausamkeit in ihrer ganzen Wucht, die intensive Art, wie er sie liest, zieht die Oberstufenschüler über 90 Minuten hinweg in ihren Bann, sodass der Appell Solly Ganors hoffentlich nicht ungehört bleiben wird.
Dank der regen Tätigkeit des Lesungsteams am Schyren-Gymnasium konnte der Oberstufe am Vortag noch ein weiterer Vortrag geboten werden: Dirk Heißerer, Veranstalter literarischer Spaziergänge und Vorsitzender des Münchner Thomas-Mann-Forums, präsentierte im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Wir feiern Bayern - 100 Jahre Freistaat" Literatur, die zwischen 1918 und 1923 entstand. Sein Vortrag war eine Reise zu den Anfängen deutscher Demokratie.
Die nächste öffentliche Lesung am Schyren-Gymnasium ist bereits am morgigen Donnerstag. Um 19.30 Uhr wird Robert Hültner, ein Meister des historischen Kriminalromans und vielen auch als Dramaturg und Regisseur bekannt, anlässlich des Jubiläumsjahres 2018 in der Aula aus seinem preisgekrönten Buch "Inspektor Kajetan und die Sache Koslowski", das in der Zeit der Räterepublik spielt, lesen. In den Wirren dieser Zeit verschwindet in München der Journalist Meiniger. Nachdem seine Leiche gefunden wird, beginnt Inspektor Kajetan mit höchst gefährlichen Recherchen. Offenbar war Meiniger dabei, die Hintergründe des Attentats auf Kurt Eisner im Jahre 1919 aufzudecken. Der Eintritt ist kostenlos.
Roland Scheerer
