Pfaffenhofen
Vorreiter im Nahverkehr

Stadtbus ab Montag kostenlos und enger getaktet - Rufbus wird billiger

07.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:19 Uhr
Der Stadtbus ist künftig kostenlos und Pfaffenhofen wird zum Vorreiter in Sachen Nahverkehr. −Foto: Wenisch

Pfaffenhofen (PK) Am kommenden Montag wird im Pfaffenhofener Nahverkehr eine neue Ära eingeleitet: Ab dann ist der Stadtbus kostenlos. Das ist europaweit wohl einmalig. Begrenzt ist das Projekt zunächst auf drei Jahre.

In der vergangenen Woche hat eine unterfränkische Stadt deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. "Aschaffenburg bietet Nahverkehr einen Tag pro Woche gratis an", hieß es etwa bei "Spiegel Online". Auch viele andere Medien widmeten dem Gratis-Samstag in den Aschaffenburger Bussen lange Geschichten, auch auf allen Sendern des Bayerischen Rundfunks kam man an entsprechenden Meldung kaum vorbei.

Im Pfaffenhofener Rathaus kann man über solche Schlagzeilen wohl nur müde lächeln. Denn was in der vergangenen Woche in Aschaffenburg als deutschlandweites Pionierprojekt gefeiert wurde, wird am Montag in der Ilmstadt weit übertroffen. Nicht nur an einem Tag pro Woche, sondern an allen sieben Tagen wird hier künftig die Nutzung des Nahverkehrs kostenlos sein. Nach Angaben des Hamburger Anwalts und Verkehrsrechtsexperten Jörg Niemann, der die Stadt in der Angelegenheit beraten hat, ist das europaweit einmalig. Einen Nulltarif - "das hat es so noch nicht gegeben", erklärte er vor einigen Wochen. In der Stadtverwaltung gibt man sich zwar zurückhaltender. Ob es tatsächlich der erste kostenlose Stadtbusverkehr sei, könne man nicht beurteilen, heißt es dort. Aber klar ist: Pfaffenhofen wird mit dem Projekt zum Vorreiter in Sachen Nahverkehr.

Der Stadtrat ist mit dem Beschluss zur Abschaffung der Entgelte im September sogar über den Vorschlag der Verwaltung hinausgegangen. Diese wollte eigentlich nur eine Saisonkarte für deutlich unter 100 Euro einführen. Der Stadtrat aber machte gleich Nägel mit Köpfen und stimmte bei zwei Gegenstimmen der Stellvertretenden Bürgermeister Albert Gürtner (FW) und Roland Dörfler (Grüne) für die Gratis-Fahrten.

Bislang kostete ein Einzelticket 1,30 Euro, eine Jahreskarte 260 Euro. Ab Montag dürfen die Pfaffenhofener und Besucher der Stadt ohne Ticket mit dem Stadtbus fahren - vorerst begrenzt bis zum Jahr 2022. In drei Jahren soll das Stadtbussystem ohnehin komplett überarbeitet werden, dann ist etwa auch der Einsatz von Elektrobussen geplant. Zudem soll es dann "eine noch engere Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln geben. Ob der Stadtbus dann kostenlos sein wird oder ein sehr überschaubarer Betrag bezahlt werden muss, wird sich zeigen", sagte Bürgermeister Thomas Herker (SPD) unserer Zeitung. So ist ab 2022 etwa auch eine Verzahnung mit einem Carsharing-System geplant, das die Stadtwerke derzeit ausarbeiten.

Neben dem Fahrpreis gibt es am Montag noch eine Reihe weiterer Neuerungen beim Stadtbus, mit denen mehr Menschen zum Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel gebracht und die Innenstadt somit vom Autoverkehr entlastet werden soll. "Grundsätzliches Ziel ist, den Verkehrskollaps zu verhindern. Deswegen wollen wir auch den Stadtbus attraktiver gestalten", sagte Herker.

So gibt es montags bis freitags nun auf den meisten Linien einen 30-Minuten-Takt. Nur zwischen 13.30 und 15.30 Uhr, wenn die Auslastung am geringsten ist, bleibt es beim Stundentakt. Abends fahren die Busse künftig länger. Schluss ist unter der Woche erst gegen 20.15 Uhr statt wie bislang um 19.30 Uhr. Die Abfahrzeiten sollen zudem auf den neuen Winterfahrplan der Bahn angepasst werden, um für Pendler den Umstieg zwischen Bus und Bahn attraktiver zu machen. Die Bahnfahrer können nun auch mit dem Bus weiterfahren, wenn sie erst gegen 20 Uhr am Bahnhof ankommen.

Zudem gibt es neue Haltestellen und verbesserte Anbindungen. So wird die Ilmtalklinik künftig von der Linie 5 auf dem Weg nach Niederscheyern angefahren, die bisherige Linie 7 zum Krankenhaus wird es dagegen nicht mehr geben. Neu angebunden wird das Ecoquartier, die Linie 4 bekommt dafür nach Stadtangaben zwei neue Haltestellen: Weihern und Ecoquartier. Auch die Pharmafirma Daiichi Sankyo und andere Unternehmen an der äußeren Ingolstädter Straße sollen besser angebunden werden.

Die Taktverdichtung und die teilweise neue Linienführung soll dafür sorgen, dass die Menschen schneller und mit kürzeren Umstiegszeiten ans Ziel kommen. "Der Pfaffenhofener soll nicht mehr, um 500 Meter zum Semmelnholen zu kommen, mit dem Auto fahren müssen", sagte Herker.

Die Stadt rechnet durch die Neuerungen mit einem deutlichen Fahrgastzuwachs und beruft sich dabei auf die Erfahrungen aus der Landesgartenschau 2017, als der Stadtbus schon einmal kostenlos war. "Eine Zählung hat damals mehr Fahrgäste als im Winterhalbjahr ergeben, wo normalerweise mehr Menschen mit dem Bus unterwegs sind", erklärte Herker. Bisher sind nach Angaben der Stadtverwaltung jährlich etwa 270000 Menschen mit den sechs Stadtbussen gefahren.

Das Defizit, das dadurch entstanden ist, lag bislang bei etwa 600000 Euro. Künftig wird es durch das Ende der Ticketeinnahmen, den Wegfall der Rückerstattung der Mehrwertsteuer, den Verlust von Fördergeldern und die Mehrausgaben für die Taktverdichtung, die etwa 50 zusätzliche Fahrten pro Tag bedeutet, auf eine Million pro Jahr steigen.

Eine Rückerstattung für Fahrgäste, die sich eine Jahreskarte gekauft haben, wird es aus verwaltungstechnischen Gründen allerdings nicht geben. Eine Beschwerde einer Bürgerin darüber hatte Herker bei der Bürgerversammlung zurückgewiesen. Statt sich über vermeintlich zu viel gezahltes Geld zu beklagen, solle man sich doch lieber darüber freuen, dass man durch die Taktverdichtung eine bessere Leistung bekomme, als man ursprünglich bezahlt habe.

Zudem warb der Bürgermeister für die App Bayernfahrplan, in der seit rund einem Jahr auch der Pfaffenhofener Stadtbus integriert ist. Damit könne man nicht nur in Echtzeit die Fahrzeiten sehen, "man kann sich auch anzeigen lassen, wie man am schnellsten von Pfaffenhofen nach Traunstein kommt", erklärte Herker.

Nicht kostenlos aber zumindest günstiger wird auch der Rufbus für die Pfaffenhofener Ortsteile. Statt bis zu 3,80 Euro müssen die Fahrgäste ab Montag für eine Fahrt nur noch 1,50 Euro bezahlen. Das Netz wurde in den vergangenen Monaten bereits erweitert: Nun sind auch Streitdorf, Kleinreichertshofen, Gundamsried und Eja angebunden, 2019 sollen zudem Verbindungen nach Wolfsberg, Fürholzen, Siebenecken, Haimpertshofen und Göbelsbach geprüft werden.

Daniel Wenisch