Hexenagger
Vorläufiges Aus für Veranstaltungen

26.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:13 Uhr

Enttäuscht über die Nachbarn: Schlossherr Eberhard Leichtfuß und Manfred Zippel, der Geschäftsführende Beamte der Marktgemeinde Altmannstein, stehen unter juristischem Druck. - Foto: Rast

Hexenagger (rat) Eberhard Leichtfuß bangt um sein Lebenswerk. Wegen des Drucks von Nachbarn und Behörden musste der Eigentümer von Schloss Hexenagger gestern das vorläufige Aus für alle Großveranstaltungen auf dem Familiensitz verkünden.

Damit fällt der in der ganzen Region beliebte Weihnachtsmarkt in diesem Jahr ebenso aus wie die Gartenmesse und das Halloween-Spektakel. Lediglich Seminare und Familienfeiern werden weiter auf dem Schloss abgehalten.
 

Eberhard Leichtfuß, der sich seit seinem 24. Lebensjahr mit all seiner Arbeitskraft und Kreativität für den Erhalt des Familienerbes einsetzt, war gestern bei der Pressekonferenz seine tiefe Enttäuschung anzusehen. Dass er am Vorabend sechs langjährigen Mitarbeitern kündigen musste, hat ihn ebenso hart getroffen wie die Absagen an über 400 verschiedene Aussteller und 90 Künstler, Musiker und Darsteller. Auch etwa 160 regelmäßige 400-Euro-Kräfte stehen nun ohne Job da. "Wir haben uns auf Schloss Hexenagger immer als Familie betrachtet", sagte Leichtfuß voll Bedauern.

Zu der Pressekonferenz waren neben dem Schlossherrn auch zahlreiche Aussteller, Mitarbeiter und Geschäftspartner gekommen, mit denen Leichtfuß teilweise seit fast zwei Jahrzehnten zusammenarbeitet. Die Marktgemeinde Altmannstein war durch ihren Geschäftsführenden Beamten Manfred Zippel vertreten, denn Bürgermeister Adam Dierl (CSU) ist erkrankt. Das Aus für die Großveranstaltungen trifft auch die Geschäftsleute, Zimmervermieter und Gastronomen. "Allein durch den Parkplatzdienst des Lions-Clubs Beilngries konnten über 100 000 Euro an soziale Einrichtungen gespendet werden", berichtete Leichtfuß.

Der Event-Manager begründet seinen Entschluss mit dem immensen Druck, dem er seitens einer Bürgerinitiative, mehrerer Nachbarn sowie deren Rechtsanwälten und der Behörden ausgesetzt sei. Im Zuge des laufenden Bebauungsplan-Verfahrens habe er ständig "kostspielige Kompromisse" eingehen müssen. Er schätzt, dass ihn die kommenden Auflagen für Brandschutz und Fluchtwege 300 000 bis 500 000 Euro kosten werden. Angesichts derartiger Summen sei es fraglich, ob Großveranstaltungen auf Schloss Hexenagger noch wirtschaftlich seien. Er benötige diese Einnahmen, um die Bausubstanz des Schlosses erhalten zu können. Die Chance, dass es im Jahr 2012 wieder einen Christkindlmarkt geben wird, bezifferte Leichtfuß auf 50 Prozent.

Er äußerte sich erbost über den Vorwurf seiner Gegner, ein "Dauer-Disneyland" errichtet zu haben. Sein Konzept werde deutschlandweit kopiert. Derzeit liefen sogar Verhandlungen, in London einen Weihnachtsmarkt nach Hexenaggerer Muster zu etablieren. Leichtfuß treibt dieses Projekt auch voran, um den Ausstellern eine Ersatzveranstaltung anbieten zu können.

Er räumte ein, dass es vor fünf bis sechs Jahren Verkehrs- und Lärm-Probleme gegeben habe, woran sich der Widerstand seiner Gegner entzündet habe. Doch diese Schwierigkeiten seien längst überwunden. Dennoch würden seine Kontrahenten "mit Falschaussagen, polemischen Einwendungen und unrichtigen Zahlen" operieren. "Dabei sind die meisten Bürger von Hexenagger stolz auf ihren Weihnachtsmarkt." Dennoch habe der Anwalt eines Nachbarn die völlige Einstellung aller Aktivitäten auf dem Schloss gefordert. Leichtfuß befürchtet, dass selbst nach einem erfolgreichen Abschluss des Bebauungsplan-Verfahrens keine Planungssicherheit für ihn herrschen wird. Denn seine Gegner hätten hervorragende Anwälte gegen ihn in Stellung gebracht und ihm mit einem "Marsch durch die Verwaltungsgerichte" gedroht.

Der Schlossherr betonte, dass alle seine bisherigen Events vom Landratsamt, den Fachbehörden und der Marktgemeinde Altmannstein unter Auflagen genehmigt worden seien. "Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich Schwarz-Veranstaltungen mache."

In der Einwendung eines Bürgers wird Leichtfuß sogar vorgeworfen, der Verursacher "lebensgefährlicher" Zustände auf dem Schambachtal-Radweg zu sein. Aus dieser Anklage zieht der Schlossherr nun radikale Konsequenzen. Da ein Teil des besagten Radweges durch ein seiner Familie gehörendes Grundstück verläuft, werde er den Radweg sperren, kündigte Leichtfuß an. Der bislang gültige Nutzungsvertrag für den entsprechenden Streckenabschnitt werde gekündigt. "Bislang haben wir den Radweg der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt."

Er nahm die zuständigen Behörden ausdrücklich in Schutz, weil sie "extremen Zwängen" seitens der gegnerischen Rechtsanwälte ausgesetzt seien. "Es entscheiden längst nicht mehr der Bürgermeister oder der Landrat, sondern die Gerichte", stellte Leichtfuß resigniert fest.

Kritik an der Marktgemeinde sei nicht gerechtfertigt, meinte auch deren Geschäftsführender Beamter Zippel. Er verwies auf die Komplexität des Verfahrens, bei dem neben den Bürgern auch über 30 Träger öffentlicher Belange gehört werden müssen. Bei jeder Einwendung müsse geklärt werden, ob sie für das Bebauungsplan-Verfahren relevant sei. Die Einwendungen hätten inzwischen den Umfang von Großstadt-Telefonbüchern angenommen. "Das ist kein 08/15-Bebauungsplan, sondern ein Verfahren von außergewöhnlicher Dimension", erläuterte Zippel. Die Gemeinde müsse mit hohem Aufwand Rechtssicherheit schaffen und unbedingt Formfehler vermeiden.

"Im vergangenen Jahr habe ich weit über 100 000 Euro für Anwälte, Pläne und Gutachten ausgegeben", ergänzte Leichtfuß. Doch trotz aller Widerstände werde er sein Lebenswerk nicht aufgeben, versprach er. "Ich bin nur ein Staffelläufer in der Familientradition." Zudem würden Aussteller und Mitarbeiter hinter ihm stehen.

Das bestätigte die Angestellte Ulla Miedl. Obwohl sie und ihr Mann nun ihren Arbeitsplatz im Schloss verloren haben, sagte sie mit Tränen in den Augen: "Herr Leichtfuß ist der beste Chef der Welt. Wenn er uns morgen wieder braucht, dann sind wir da." Miedl warf den Gegnern des Schlossherrn "Unverfrorenheit und Respektlosigkeit" gegenüber den wirtschaftlich massiv betroffenen Familien vor. "Zwei Leute halten das ganze Dorf auf", schimpfte sie.