Berlin
Vorfahrt für Dobrindt

Brüssel kann die Pkw-Maut zumindest im Moment nicht stoppen – Die Fakten zu den Regierungsplänen

15.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:51 Uhr

 

Berlin (DK) Kaum hat die EU-Kommission ihre rechtlichen Bedenken gegen die deutschen Pkw-Maut-Pläne bekräftigt, schießt Berlin auch schon zurück. Der Gesetzesentwurf führe keinesfalls zu einer Diskriminierung ausländischer Autofahrer und verstoße deshalb auch nicht gegen EU-Recht, so ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Morgen soll das Bundeskabinett zwei Gesetzesentwürfe zur Pkw-Maut auf den Weg bringen. Droht am Ende doch noch eine Rote Karte aus Brüssel? Hintergründe zum neuen, alten Pkw-Maut-Streit mit der Europäischen Kommission.

n Kann Brüssel die deutschen Regierungspläne stoppen? Im jetzigen Stadium nicht. Jeder EU-Mitgliedsstaat kann Gesetze verabschieden, wie es ihm gefällt. Es ist aber möglich, nationale Bestimmungen nachträglich vom Europäischen Gerichtshof darauf überprüfen zu lassen, ob sie gegen das EU-Recht verstoßen oder nicht. Österreich und die Niederlande hatten bereits Klagen gegen eine deutsche Pkw-Maut-Regelung angekündigt. Die neue EU-Verkehrskommissarin Violetta Bulc bekräftigt in einem Schreiben an Dobrindt jetzt noch einmal ihre Bedenken: „Deutsche und ausländische Fahrer müssen gleichbehandelt werden.“ Dies sei ein elementares, nicht verhandelbares Prinzip des EU-Vertrags.

n Geht die Bundesregierung auf die Einwände der Kommission ein? Die Bundesregierung weist die Bedenken aus Brüssel zurück, hält ihren Entwurf für vereinbar mit dem EU-Recht. Geplant ist, dass alle Autofahrer – deutsche wie ausländische – die neue Infrastrukturabgabe zahlen müssen. Die Einführung der Pkw-Maut wird jedoch verbunden mit einer Senkung der Kfz-Steuer. Kein deutscher Autofahrer muss deshalb unterm Strich mehr zahlen. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, mit der formalen Trennung beider Vorhaben in zwei Gesetze rechtlich aus dem Schneider zu sein. Eine Folge: Bei einer möglichen Erhöhung der Pkw-Maut käme es nicht automatisch zu einer weiteren Senkung der Kfz-Steuer, was dann zusätzliche Lasten auch für deutsche Autofahrer bedeuten würde.

n Was kostet die Pkw-Maut den einzelnen Autofahrer? Der Preis für die Jahresvignette soll sich nach Alter, Typ und Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs richten und im Schnitt rund 74 Euro betragen. Zudem setzt die Bundesregierung laut Gesetzentwurf, der unserer Berliner Redaktion vorliegt, auf Zwei-Monats- und Zehn-Tages-Vignetten zum Pauschalpreis von 22 Euro beziehungsweise zehn Euro. Für viele Fahrzeuge der umweltfreundlichsten Schadstoffklasse Euro 6 gibt es unterm Strich sogar eine Entlastung.

n Was gilt für Autofahrer, die keine Autobahnen nutzen? Hier ist jetzt eine Ausnahme vorgesehen. Die Vignette sei „auf Antrag vollständig zu erstatten“, wenn nachgewiesen werde, dass das Kraftfahrzeug im gesamten Entrichtungszeitraum nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen genutzt wurde, heißt es im Gesetzentwurf. Im Klartext: Wer etwa durch ein Fahrtenbuch glaubhaft machen kann, ausschließlich auf Land- oder Kommunalstraßen unterwegs gewesen zu sein, kann den Vignettenpreis zurückfordern.

n Wie hoch werden die Einnahmen ausfallen? Der Bundesverkehrsminister erwartet durch die Pkw-Maut ab 2016 jährliche Brutto-Einnahmen von 3,7 Milliarden Euro. Unterm Strich bleiben ihm aber nur die Einnahmen von ausländischen Autofahrern – 700 Millionen Euro. Davon müssen jedoch noch die Betriebskosten von bis zu 200 Millionen Euro abgezogen werden.

n Wie lange werden Maut-Daten gespeichert? „Wir haben die härtest möglichen Datenschutzregeln in unserem Gesetz, die wir in Deutschland kennen“, so Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Laut Gesetzesentwurf soll es nur stichprobenartig Mautkontrollen geben. Die dabei anfallenden Daten dürfen nach den Regierungsplänen nicht zu anderen Zwecken genutzt werden. Manch einer in der Politik hatte sich eine Verwendung auch zum Kampf gegen Kriminalität gewünscht. „Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig“, heißt es jetzt im Entwurf. Name und Wohnort des Autofahrers, die Höhe der festgesetzten Infrastrukturabgabe, Erhebungszeitraum, die Belegnummer für die Zahlung, Hubraum und Emissionsklasse des Fahrzeugs können beim Kraftfahrt-Bundesamt für drei bis sechs Jahre gespeichert werden.