Regensburg
Vorfahrt für Busse und die Stadtbahn

Wie vermeidet Regensburg den drohenden Verkehrskollaps? Drei Experten geben Antworten

08.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:10 Uhr
 Diese drei Männer wollen den ÖPNV in Regensburg in die Zukunft führen (v. li.): Josef Weigl, Geschäftsführer der GFN (Gesellschaft für Nahverkehr) des Landkreises Regensburg, Kai Müller-Eberstein, Geschäftsführer des RVV, und Frank Steinwede, Betriebsleiter von "Das Stadtwerk.Mobilität".  −Foto: Eckl

Regensburg (DK) Alles spricht über den kostenlosen Busverkehr - doch was sagen eigentlich die drei Männer dazu, die in Stadt und Landkreis Regensburg für die Zukunft des ÖPNV verantwortlich zeichnen? Wir haben Josef Weigl (GFN), Frank Steinwede (Das Stadtwerk.Mobilität) und RVV-Geschäftsführer Kai Müller-Eberstein zum Redaktionsgespräch getroffen.

Das Thema 365-Euro-Ticket wurde von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ins Gespräch gebracht. Kai Müller-Eberstein lacht, als man ihn darauf anspricht. "Das soll dann irgendwann bis zum Jahr 2030 kommen und bisher ist es auf Auszubildende beschränkt", antwortet der RVV-Geschäftsführer. Sein Kollege Josef Weigl pflichtet ihm bei, sagt aber auch: "Wir haben mit dem Job-Ticket ein Erfolgsmodell etabliert."

Genau das ist den ÖPNV-Verantwortlichen immens wichtig. "Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, viele Menschen weg vom Individual-, hin in den öffentlichen Personennahverkehr zu bringen", erklärt Weigl. Beim Job-Ticket komme man derzeit mit den Anfragen fast gar nicht mehr nach. Das Modell ist einfach: Der Arbeitgeber zahlt zehn Euro, der Arbeitnehmer 25 Euro - und ersteht damit ein vollständiges Ticket, das er nutzen kann. "Es geht für viele Unternehmen um die Ökobilanz", erläutert Weigl. "Und auch um die Parkplätze", ergänzt Frank Steinwede. "Wir sind mit den großen Unternehmen in regelmäßigen Gesprächen", schiebt er nach. Die Bereitschaft der Belegschaften steige. Mit dem Öko-Ticket fährt man übrigens bereits unter einem Euro am Tag.

Thema Feierabend-Stau: Wie kann man die ohnehin vor dem Verkehrskollaps stehende Region entlasten? "Wenn man sich anschaut, was auf der A93 am Freitagnachmittag los ist, wenn ich beispielsweise nach Schierling heim pendle, dann ist die Schiene in Kombination mit dem Bus eine echte Alternative", glaubt Weigl.

Doch was würde passieren, wenn der ÖPNV plötzlich kostenfrei wäre? Würden dann alle umsteigen? "Wir würden zunächst eine kleine Anzahl von jenen als Kunden hinzubekommen, die bisher nur Auto fahren - aber wahrscheinlich zu den Zeiten, in denen die Busse und Bahnen jetzt schon voll sind", prophezeit Frank Steinwede. Die Fixkosten würden zunächst steigen. "Wenn die Busse im Stau stehen und da keine Beschleunigung spürbar wird, dann hilft auch das kostenlose Ticket nicht", so Steinwede.

Und das ist der nächste Knackpunkt im Gespräch: Wie wird der ÖPNV wirklich attraktiver? "Die Busse müssen Vorfahrt bekommen", fordert Müller-Eberstein. Die Geschwindigkeit des ÖPNV ist nach Angaben der drei Experten ein Knackpunkt. Die Schiene ist das einzige Verkehrsmittel, das am Stau vorbeifährt. Doch wenn man etwa die Frankenstraße, ein klassisches Nadelöhr, für die Autos beschneide und eine Busspur einführe? "Es geht um Entwicklungen", sagt Josef Weigl. "Vielleicht kann man eine zusätzliche Spur bauen, eine fünfte Spur also, die morgens stadteinwärts und abends stadtauswärts verläuft?"

Bislang ist der Busverkehr ebenfalls betroffen, wenn große Baustellen wie die auf der A3 auch den Bussen enorme Probleme bereiten. "Wir müssen am Stau vorbeifahren können, so steigen die Menschen um", sagt Müller-Eberstein.

Thema Regensburger Stadtbahn: Welche Vorteile bringt sie wirklich? Frank Steinwede sagt: "In Regensburg nutzen 13 Prozent den ÖPNV statt des Autos oder andere Verkehrsmittel wie das Fahrrad." In Städten mit Stadtbahn, wie etwa Augsburg, liegt der Anteil bei mehr als 20 Prozent. "Das Ziel muss sein, die Autofahrer zum Umstieg zu bewegen", sagt Steinwede.

Thema Park & Ride-Plätze: Städte wie München bieten ein tolles System von P&R-Parkplätzen an. Für teilweise nur 1,50 Euro kann man sein Auto bequem am Stadtrand abstellen und in die Stadt mit dem ÖPNV fahren. Wäre das für Regensburg ein Modell? Alle drei Experten sind sich einig: "Ja." Denn in der Donau-Metropole soll aus dem Alten Eisstadion-Areal ein Verkehrsknotenpunkt werden. Und der Schierlinger, der in die Altstadt möchte, soll zukünftig an der Conti-Arena sein Auto abstellen und mit der Stadtbahn weiterfahren.

Wichtig für Regensburg wird nach Ansicht der ÖPNV-Experten auch der Ausbau und Neubau des Zentralen Omnibus-Bahnhofs direkt am Hauptbahnhof. Die Situation derzeit sei nicht mehr tragbar, Buskunden müssten die Straßenseiten wechseln, oft gebe es ein gefährliches Durcheinander.

Das Fazit: Die ÖPNV-Verantwortlichen haben Antworten auf die Verkehrs-Misere der Stadt und des Landkreises. Doch die politisch Verantwortlichen müssen Entscheidungen treffen, um diese Lösungen ins Werk zu setzen.

Christian Eckl