Voreilig

Kommentar

17.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Christian Lindner haut schon mal einen raus. Unmittelbar vor dem Gong zu Beginn der ersten Runde der Jamaika-Sondierungsgespräche lässt der FDP-Vorsitzende kräftig die Muskeln spielen. Alles, bloß kein Finanzminister mehr aus den Reihen der CDU, nennt er Bedingungen für einen Koalitionsvertrag.

Und schreitet schnurstracks in Richtung Kabinettsbildung, noch bevor klar ist, ob es eine schwarz-gelb-grüne Regierung überhaupt geben wird.

Offenbar noch voller Adrenalin vom erfolgreichen Wahlabend und der Rückkehr der FDP in den Bundestag will der Liberale der Regierungschefin diktieren, in Brüssel bitte schön einstweilen erst einmal keine wichtigen Weichen mehr bis zur Bildung einer neuen Regierung zu stellen. Und auch die Grünen wollen sich so teuer wie möglich verkaufen. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen jedenfalls anders aus. Angela Merkel ist schon einmal vorgewarnt, rechnet mit harten Verhandlungen.

Lindners Kraftmeierei erinnert an seinen früheren Mentor, den inzwischen verstorbenen Guido Westerwelle. Der war seinerzeit 2009 mit den Liberalen nach einem fulminanten Wahlerfolg auch wie ein Tiger abgesprungen, um am Ende wie ein Bettvorleger zu landen. Wer bereits vor Beginn der Sondierungen die Latte möglichst hoch legt, wird am Ende darunter hindurchlaufen müssen. Die Wählerinnen und Wähler jedenfalls schrecken Showkämpfe eher ab. Sie erwarten jetzt konstruktive Verhandlungen darüber, ob ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und Grünen geeignet wäre, um das Land in diesen schwierigen Zeiten stabil und erfolgreich zu regieren.