Münchsmünster
Vorbild für ganz Deutschland

LyondellBasell startet in Münchsmünster die PFT-Abstromsicherung - Kosten deutlich im Millionenbereich

20.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:14 Uhr
Mit dem Druck auf den roten Knopf (oben) wurde die Grundwassersanierungsanlage in Betrieb genommen. Auf dem Foto Werkleiter Stephan Reeker (2. von links), Bürgermeister Andreas Meyer (3. von links) und Zweiter Landrat Anton Westner (5. von links). Nach dem Anlauf der Anlage mit den vier blauen Tanks wurde ein Glas sauberes Wasser "gezapft" . Unten fotografiert Meyer den Lageplan. −Foto: Konze

Münchsmünster (PK) "Am liebsten wären wir heute gar nicht hier", sagte gestern Vormittag Stephan Reeker.

Der Werkleiter von LyondellBasell in Münchsmünster gab zu, lange überlegt zu haben, ob er diesen Satz überhaupt sagen sollte. Am Ende, als die PFT-Abstromsicherung eingeweiht und aktiviert war, sagte Reeker, er sei froh, dass alle hier sind, und die Anlage in Betrieb genommen werden kann. Grund für die Verunreinigung des Grundwassers mit PFT war das Unglück im Jahr 2005. Im Dezember jenen Jahres waren große Teile des petrochemischen Werks abgebrannt, die Feuerwehr setzte damals Löschschaum ein, der zu dieser Zeit eine Zulassung besaß. Dass sich das PFT aus diesem Schaum im Grundwasser ablagert und die Umwelt belastet, war nicht bekannt. Erst 2011 erkannte man die Tatsache, und dieser Schaum wurde praktisch verboten. Doch da war das PFT bereits im Boden, fand (und findet) von dort den Weg ins Grundwasser. Einen "Meilenstein" nannte Reeker gestern die neue "Abstromsicherung Nord" auf dem Betriebsgelände. Ab sofort wird verhindert, dass mit PFT verseuchtes Grundwasser in Richtung Münchsmünster fließt. Acht Förderbrunnen an der Nordseite des LyondellBasell-Geländes pumpen das Wasser Richtung Süden. Hier stehen die Aktivkohle-Filter, die laut Reeker 245000 Liter pro Stunde säubern. Von dort fließt das Wasser aber nicht in die Donau, sondern wird intern verwendet. Zum Beispiel als Kühlwasser für die Kühltürme. Reeker hob hervor, dieser erste Schritt in Sachen Grundwassersanierung - Brunnen und Filter - koste rund fünf Millionen Euro. Von der Entsorgung von rund 80000 Tonnen kontaminierten Erdreichs (3200 Lkw-Ladungen) ganz zu schweigen. Der nächste Schritt ist laut Reeker auch schon in Sicht: Im Oktober lässt die Firma eine rund 7500 Quadratmeter große Fläche dauerberegnen. So wird PFT aus dem Boden gewaschen und gelangt über das Grundwasser und die Förderbrunnen in die säubernde Filtereinheit. "Nachhaltigkeit und schonende Grundwasser-Ressourcennutzung sind die Grundlagen unserer Sanierungsstrategie", beschrieb es Reeker. PFT solle aus dem Kreislauf gänzlich entfernt werden. Der Werkleiter blickte kurz zurück. Auf das Unglück und auf die damals nicht absehbaren Folgen. Er erwähnte das Sanierungskonzept, das in enger Abstimmung mit den Behörden diskutiert und final abgestimmt wurde. Nun beginne - "in Stahl und Eisen" - der erste Meilenstein in Münchsmünster seine Arbeit. Man habe, so Reeker, bisher keine Kosten gescheut.

Nach Münchsmünster war auch Ulrich Moll gekommen. Er zählt zur Umweltabteilung von LyondellBasell, die in Südfrankreich sitzt und sich europaweit um Altlasten-Sanierungsprojekte kümmert. Moll "zapfte" nach dem Anlauf auch das erste Wasser (wenn auch kein gereinigtes, sondern frisches).

Münchsmünsters Bürgermeister Andreas Meyer von der Christlichen Wählergemeinschaft war sehr angetan: "LyondellBasell übernimmt mit seinem Engagement eine Vorbildfunktion - nicht nur für Bayern, sondern für ganz Deutschland. " Was hier gebaut wurde, sei einzigartig. Meyer meinte, hier sehe man, was man machen und erreichen könnte, wenn man einfach mal Geld in die Hand nimmt. "Die Bürger in Manching und Westenhausen wären froh, würde die Bundeswehr das dortige Problem ebenso konsequent angehen. " Natürlich kam auch ein Dank des Rathauschefs - "für die offenen Zusammenarbeit, für die Transparenz, für die Hilfsbereitschaft". Gemeinde und Bürger hätten das Gefühl, bei diesem Thema von LyondellBasell ernst genommen zu werden.

Auch Anton Westner gratulierte zur neuen Anlage. Der stellvertretende Pfaffenhofener Landrat betonte, dass dieses Sanierungskonzept auf Initiative von LyondellBasell entstanden sei und nicht auf Druck des Landratsamtes oder des Wasserwirtschaftsamtes. "Gemeinde und Bürger wissen zu schätzen, was hier passiert, das Landratsamt aber auch. " Westner konnte sich ein "Da können sich andere aber eine große Scheibe abschneiden! " dann auch nicht verkneifen. Westner erwartet "in absehbarer Zeit eine deutlich reduzierte PFT-Kontamination", Reeker sprach von einem "deutlichen Rückgang" der PFT-Konzentration im Grundwasser.

Nachdem mit einem Druck auf den roten Knopf die Anlage letztlich gestartet war, lag die Durchflussmenge bei stolzen 150 Kubikmetern pro Stunde. Werkleiter Reeker erklärte, dass es zu Beginn - wegen des Anlaufs der Anlage - noch Frischwasser sei. "Ab Montag wird dann das Brunnenwasser gereinigt. "