Wolnzach
Von wegen Pausenclowns

WZ-Serie zum Tonelli-Jubiläum: Auf den Spuren von Riccardo, Bimbo, Wambo, Grok und den Beppos

15.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr
Zirkus Tonelli, alte Bilder −Foto: Zirkus Tonelli

Wolnzach (WZ) Der Zirkus Tonelli wird 90 Jahre alt. Den zweiten Teil unserer Serie widmen wir den Clowns, die über Tonelli- beziehungsweise Caspari-Traditionen in den Umbauphasen Kuriositäten aus dem Marktgeschehen zum Besten gaben. So mancher Prominente wurde hier schon "derbleckt".

Immer am Unsinnigen Donnerstag um 10 Uhr. Da trafen sie sich bei den Eibels in der Küche. "Und dann haben wir geschaut, was wir am Nachmittag machen." Ganz spontan - und einfach köstlich gut. So haben es Sepp Siegmund und Richard Eibel immer gehalten. Immer am Unsinnigen Donnerstag um 10 Uhr, aber nur dann, wenn am Nachmittag Zirkus war. "Da haben wir dann zusammengeworfen, was wir alles gewusst haben und unser Programm für die Vorstellungen gemacht." Einzige Zeugin der damaligen kreativen Blitzschaffungsphase der beiden Männer, die sich am Nachmittag dann in die Umbauclowns "Beppo und Riccardo" verwandelten, war Eibels Frau Traudl, deren Rat zu den Spontanpointen durchaus gefragt war. "Aber sonst hat da niemand gewusst, was wir machen", sagt Beppo.

Und jetzt sitzen sie wieder da am Küchentisch, zwar nicht bei den Eibels, sondern bei den Siegmunds. Aber irgendwie ist es doch ein bisschen wie früher, als sie noch "Beppo und Riccardo" waren. "Ich könnte ja gleich wieder loslegen", sagt Richard Eibel alias Riccardo. So lebendig sind einige Episoden noch, die sie ab Anfang der 1980er Jahre bis hinein in das neue Jahrtausend im Manegenrund zum Besten gaben.

Sepp Siegmund geht es da nicht anders. "Ja, die Kängurusiedlung war damals ein Thema", weiß er noch. Gemeint ist das damalige Neubaugebiet am Schöllacker rund um die heutige Ahornallee, für die den Kaufinteressenten wegen der hügeligen Lage gute Hüpffähigkeiten nachgesagt wurden. Und dann war da noch die Gemeindepolitik oder auch die Wolnzacher Prominenz, die immer wieder "gerade genug Stoff" lieferte. "Mei, wir hätten ja immer noch viel mehr gewusst", denkt Eibel zurück - und muss lachen. Denn tatsächlich soll es ja Wolnzacher gegeben haben, die sozusagen auf den Klamauk der Clowns abonniert waren - und fast beleidigt waren, wenn sie einmal nicht dran kamen.

Wie sie überhaupt Clowns geworden sind? Vom Fleck weg sind sie engagiert worden, erzählen sie. Quasi eingekauft vom Fahn Sepp bei einer Weihnachtsfeier der Wasserwacht Anfang der 1980er Jahre: Da traten sie als Nikolaus und Krampus auf - und machten das so gut, dass sie gleich als neue Umbauclowns für den Zirkus verpflichtet wurden. Dass sich der Manegenvorhang schon wenig später hob und sie kaum Vorbereitungszeit hatten, das machte den beiden Unterhaltungsnaturtalenten mit den kräftigen Stimmen - sie traten ohne Mikrofon auf - gar nichts. Und die schnell noch bestellten Clownschuhe kamen ja auch noch rechtzeitig: zwar knapp ein paar Stunden vor der ersten Aufführung, aber immerhin. "Sonst hätten wir halt Flossen angezogen", meint Sepp Siegmund lakonisch.

Sie haben ihre Sache gut gemacht, waren würdige Nachfolger für ihre Vorgänger. Und die hießen "Bimbo und Wambo". Luis Maier alias "Bimbo" erinnert sich gerne an seine gemeinsamen Auftritte mit seinem Konterpart Hans Heil, den "Wambo" dieses Duos. "Der Hans, der war einfach nur genial", lächelt Luis Maier. "Ein geborener Clown." Aber gerade dessen Genialität war es auch, die den Bimbo manchmal schier zur Verzweiflung brachte. Denn während Luis der Macher war, der die Episoden aufspürte, aufschrieb und die Pointen festlegte, hatte es der Hans so gar nicht mit dem Üben, war eher der spontane Typ. "So entstand auch das mit dem Wiederholen", sagt Maier - und Tonellifans wissen, wovon die Rede ist: Ein Clown legt eine Passage vor, der zweite Clown spricht nach. Frage: "Hast das schon gehört von der Hypobank?" Antwort: "Wos, von der Hypobank, ja was is den da passiert?" "Eine Bombe hams gefunden." "Wos, eine Bombe?" Und so weiter. Die Wiederholung brachte den Wambo in die Spur - und der war ein wahrer Meister der Improvisation, sagt Luis Maier voller Bewunderung. "Als wir über das damals gerade geplante Sportzentrum redeten, da hat er in der Manege spontan Weitsprung gemacht." So war der Hans als Wambo, der perfekte Gegenpart zum honorigen Maier Luis. "Ich glaube, es gibt nichts Schwierigeres, als die Leute gut zu unterhalten und niveauvoll zum Lachen zu bringen", sagt der Luis heute. Auch aus dieser Sicht zollt er allen heutigen und damaligen Tonellis größten Respekt. Gerade auch seinen Vorgängern, die ebenfalls vor rund 50 Jahren Tonelli-Geschichte geschrieben haben. "Beppo und Grok" hießen sie - und mit ihnen zeigt sich wieder das, was Tonelli ausmacht: Der "Beppo" war nämlich der Vater der späteren Beppo-und-Riccardo-Hälfte. "Beppo und Grok", das waren Sepp Siegmund und Alfons Märkl, Freunde im Leben und Freunde in der Manege. Clowns mit Feingespür und Situationskomik.

"Die haben gut zusammengepasst", freut sich Siegmunds Witwe Irma, dass die Erinnerung an sie nicht verblasst ist. Denn nicht immer hatten es die Clowns leicht, erzählt sie. Gerade der Alfons nicht, der ja ein Lebensmittelgeschäft in Wolnzach hatte. Umso enger standen sie zusammen, der Beppo und der Grok. Schwer traf den Beppo damals der plötzliche Tod seines Gegenstücks Grok, weiß Irma Siegmund noch gut. Beim Hopfenandrehen waren sie damals, als sie die Nachricht erhielten. "Jetzt ist der Zirkus für mich vorbei", habe ihr Mann damals gesagt.

Das Ende dieses Clownduos war das zwar tatsächlich, die Zirkusliebe aber blieb: Zusammen mit seiner Frau trat Sepp Siegmund senior sogar im Jahr 2000 noch einmal als Moritatensänger auf, blieb - wie die ganze Familie - sein Leben lang ein Tonelli. Seine Frau lebt das heute noch. 87 Jahre ist sie jetzt alt - und freut sich schon auf den nächsten Zirkus am 8. Februar: "Ich habe noch keinen ausgelassen", sagt sie. Auch in ihr ist das alles tief verwurzelt. Kein Wunder: Zirkusgründer Kaspar Reisinger war schließlich ihr Onkel.