Dietfurt
Von Schulgeld und abenteuerlichen Lehrmeistern

Heimatpfleger Franz Kerschensteiner hat die Geschichte des Dietfurter Bildungswesens in seiner Chronik festgehalten

28.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Foto: Isabel Ammer

Dietfurt (DK) Wie es mit den Ferien, die früher Vakanz hießen, bestellt war, darüber schweigen die alten Dietfurter Schriften. Doch es gibt Auskünfte über Personen der Schulgeschichte, die Heimatpfleger Franz Kerschensteiner auch in seiner Stadtchronik dargestellt hat.

Zwölf Pfennig bekam 1474 der erste urkundlich belegte Schulmeister aus einer Jahrtagsstiftung. In der Schulgeschichte des Bistums Eichstätt ist zu lesen, dass der Lehrer in der Regel Kleriker war oder entsprechende Ausbildung genossen hatte. Interessant ist, dass Dietfurter Lehrerswitwen zeitweise den Schuldienst versehen durften, sich aber durch Verheiratung mit einem Lehrer ihre weitere Existenz zu sichern hatten.

Hans Johann war der erste namentlich festgehaltene Dietfurter Lehrer. Dass der Kirchenpfleger die "Gebühr auszahlen musste", ist ebenfalls aktenkundig. Zum wöchentlichen Lohn von 15 Kreuzern kamen 1560 "alle Quartal zwei Gulden und ein Schaff Korn". Damit auch die armen Kinder, deren Eltern Schulgeld und eine Abgabe von Schulholz an den Lehrer nicht leisten konnten, am Unterricht teilhaben konnten, wurde das Lehrergehalt 1579 jährlich um acht Gulden aufgestockt.

Laut Visitationsbericht galt 1602 Lehrer Augustin Steberer aus Ingolstadt als "eifrig in Schule und Chor". Bezüglich der Besetzung des Lehrerpostens gab es 1630 ein Kompetenzgerangel zwischen Stadtrat und kurfürstlichem Pfleger. Die kurfürstliche Regierung übertrug dem Stadtrat das Recht der Besetzung unter der Bedingung, die Besoldung so zu gewähren, dass kein Nebenerwerb zum Lebensunterhalt nötig sei. In der Folge kam es einmal vor, dass einem Schullehrer wegen "Unfleiß, Trunkenheit, Haderei, Raufhändeln und Gotteslästern" vom Stadtrat aufgekündigt wurde. Als Einstellungskriterium wurde auch die "Examinierung" in Glaubensdingen herangezogen. "Ehrbarer Wandel" wurde vielen folgenden Schulmeistern bescheinigt, die in Dietfurt im Schulhaus nördlich der Stadtpfarrkirche wirkten und damals spärlich entlohnt wurden. Oftmals kündigten sie ihren Dienst auf, um sich anderswo finanziell zu verbessern.

Ein Visitationsbericht von 1688 bescheinigt dem Lehrer, der auch als Organist tätig war, bezüglich der Kirchenmusik: "Wenn man sie auch nicht loben kann, verdient sie wenigstens geduldet zu werden." Vier Jahre später wurde die Musik dann als "erträglich" befunden. Schulmeister Josef Giwitzer wurde angemahnt, sich einer besseren Handschrift zu befleißigen. In den Schuldienst war er ohne Examen gekommen, nachdem er die Witwe seines Vorgängers geehelicht hatte. Zuvor war er im Kloster Plankstetten Kammerdiener gewesen. Eine besondere Paukergestalt war Medarth Falck, von Heimatpfleger Franz Kerschensteiner mit dem Prädikat des "abenteuerlichsten Schulmeisters Dietfurts" versehen. Auch er hatte eine Lehrerswitwe geheiratet und erhielt die Möglichkeit, sich in der Probezeit zu bewähren. Allmählich ging er gegen Frau, Stiefkinder und Schüler jedoch sehr rücksichtslos vor. Nach Androhung der Entlassung und kurzzeitiger Besserung wurde er sogar des Diebstahls bezichtigt. Eine erneute Chance verspielte er, weil er "zu viel trinke und die Kinder so schlage, dass fast alle Singknaben davonlaufen", ein Verhalten, das von jeglicher moderner Kuschelpädagogik weit entfernt war.

Zur Überbrückung vakanter Stellen waltete auch der Türmer zeitweise als Lehrer. Ende des 18. Jahrhunderts war das Dietfurter Schulwesen in sehr desolatem Zustand. Eine Anzahl Dietfurter Kinder ging eine Stunde weit nach Eutenhofen zu einem Eremiten in die Schule, weshalb Stadtpfarrer Ott 1789 die Normalschule einführte und aus eigenen Mitteln Schulbücher finanzierte. Im Klostergarten, der durch die Säkularisation enteignet war, wurde "Von Gott und dem Landesfürsten der Jugend bestimmt" 1805 ein Schulhaus gebaut, zu dessen Einweihung "auch Damen geladen waren". Diese Ausnahme von der Klausur hatte der Fürstbischof gestattet, als zugesichert war, dass alles "ohne Tanzmusik und Tanz" ablaufe. Die Räume reichten jedoch nicht aus, deshalb wurden im Rathaus auch Klassenzimmer eingerichtet. In diesen Zeiten hatte das Tatzensteckerl noch sehr oft das Sagen in der Schule und das Knien auf den Holzscheiten war eine gängige Strafe. 1897 wurde das Mädchenschulhaus eingeweiht und damit kamen zu den Nonnen auch weibliche Lehrkräfte in den Schuldienst, die ihren Beruf bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts bei Heirat aufgeben mussten.

1956 entstand die Volksschule am Kreuzberghang, nachdem sich nach dem Krieg durch den Zuzug vieler Heimatvertriebener die Schülerzahl verdoppelt hatte. Ein Anbau erfolgte zehn Jahre später. 1971 entstand nach der Auflösung der Dorfschulen das Schulzentrum im Westen der Stadt, das im Juli 2003 nach der Erweiterung alle Schüler der Großgemeinde unter einem Dach vereinte.