Roth
Von Roth nach Aschaffenburg gepaddelt

06.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:00 Uhr


Roth (HK) Pioniere, Entdecker, Abenteurer: Daniel Nagl hat sich eingereiht in die Liste jener, für die diese Bezeichnungen zutreffen. Der 28-Jährige aus Roth hat am Samstag eine erstaunliche Leistung vollendet. Nach 400 Kilometern Stehpaddeln auf Rednitz, Regnitz und Main ist er in Aschaffenburg angekommen. Begonnen hatte er seine Reise vor knapp zwei Wochen in Roth.

Zwölf Tage lang war Nagl ein Flusswanderer auf der längsten Strecke, die man im Freistaat durchgehend auf dem Wasser befahren kann. „Freilich gibt es die Altmühl und die Donau,“ sagt Nagl, „aber Franken braucht sich nicht zu verstecken. Wir haben hier ein Flussparadies.“ Seit seinem Reiseantritt stand er täglich bis zu zehn Stunden lang auf dem Stand-Up-Paddling-Brett. Sonnenbrand, Erschöpfung und geschwollene Finger inklusive.

Daniel Nagl ist Wassersportler aus Leidenschaft. Bis sich der frühere Kanute aber mit dem Stand Up Paddling (SUP) anfreunden konnte, hat es ein wenig gedauert. „Anfangs habe ich das belächelt. So ein komisches Zeug“, habe er sich gedacht, auch wenn zu dieser Zeit die SUP-Fans schon ziemlich zahlreich über den Großen Brombachsee und auch den Rothsee gepaddelt sind.

Dann aber warf Nagl seine Vorurteile über Bord und stellte sich selbst auf das Brett. „Ich war schnell angefixt“, erzählt er. Eineinhalb Jahre später fühlte er sich schon fit für den großen Flusstrip an die nordwestliche Grenze Bayerns. Mit seiner 400-Kilometer-Tour will Nagl auch neue Aufmerksamkeit schaffen für einen lange gehegten Wunsch der fränkischen Paddler-Gemeinde. Denn immerhin gibt es laut Nagl schon seit 30 Jahren Diskussionen und Anläufe, Teile der Regnitz und des Mains zu einer Paddelstrecke zu verbinden. „Passiert ist bisher allerdings wenig“, so Nagl.

Es sei derzeit zwar möglich, von Roth bis an den Untermain zu paddeln. „Aber es ist sehr beschwerlich“, wusste Nagl schon vor dem Start seiner Flussbereisung durch alle drei fränkischen Bezirke. Ein- und Ausstiege fehlen, Hinweisschilder wie etwa die des Wasserwanderwegs „Gelbe Welle“ existieren nicht durchgehend. „Das soll sich ändern“, so Nagls Idee. Nebenbei hat Daniel Nagl das Leben entlang des Flussverlaufs von seinem Brett aus sowie per Drohnen-Kamera festgehalten. Er will daraus einen Werbefilm für Wassersport in Franken machen.

Pro Tag hat Daniel Nagl im Schnitt 35 Kilometer zurückgelegt. Bei ganz wenig Abwärtsströmung durchaus eine respektable Leistung. „Manchmal hatte ich das Gefühl, auf Bayerns längster Seenlandschaft unterwegs zu sein“, sagt er.

Nach seinem Start am Dienstag vor zwei Wochen in der Nähe des Sportplatzes der SpVgg Roth hatte er über Stein, Erlangen und Hirschaid am Donnerstag bereits Bamberg erreicht. Bei einem Rauchbier spürte er dort seine Muskeln deutlich. Am folgenden Wochenende passierte er Schweinfurt und Kitzingen, bevor er in der Woche vor Pfingsten über Würzburg, Gemünden, Triefenstein und Wörth nach Aschaffenburg paddelte.
„Oft ging es auf dem Fluss durch Wald und Wiesen, wo ich maximal einen Biber hätte überfahren können“, schildert Nagl den Verlauf. Auf der Bundeswasserstraße Main aber, „da musste ich permanent alles rundherum im Auge behalten“. Gut 100 Schiffen sei er begegnet. 27 Wehre hatte er zu überwinden. Nur zweimal fiel er vom Brett. „Nass war ich meistens nur vom Schwitzen.“

Vor allem das vorletzte Teilstück war eine „echte Poweretappe mit fast 50 Kilometern“. Am letzen Tag lief es dann sehr entspannt. Für ganze zehn Kilometer bis Aschaffenburg stand Daniel Nagl abschließend nuer knapp zwei Stunden auf dem Brett. Dann genehmigte er sich vor der dortigen Residenz erst einmal einen Schoppen Frankenwein.

Einprägsame Erlebnisse gab es für Daniel Nagl auf seiner Paddeltour zu genüge. Die DLRG wollte ihn in eine ihrer Übungen einbauen. Er traf eine Reisegruppe aus Nordrhein-Westfalen mit selbst gebauten Wasserfahrrädern. Ein Südafrikaner, der schon lange in Kitzingen als Busfahrer arbeitet, feuerte ihn ebenso an wie viele Camper entlang des Mains.

Ohne umfangreiche Vorbereitung war so eine Tour nicht zu schaffen. Nagl hat sie ganz exakt geplant. Er kannte die Fahrrinnen ebenso gut wie die Bedeutung jeder Signaltafel. Landkarten hat er nur ganz wenige gebraucht. Schließlich konnte er bei seinen Vorbereitungen den Verlauf via Internet exakt überblicken.
Training auf dem SUP gehörte ebenfalls dazu. Bei Null musste Daniel Nagl allerdings nicht beginnen. Schließlich ist Paddeln sein Sport. Mit acht Jahren saß er zum ersten Mal im Kanu. Seit 13 Jahren paddelt er regelmäßig und ist Jugendtrainer im Verein „Flotte Finne“. Das SUP sei allerdings ein total anderes Erlebnis als Kanufahren, sagt Nagl. Für den Mitarbeiter des CSU-Landtagsabgeordneten Volker Bauer und JU-Kreisvorsitzenden im Landkreis Roth ist das Paddeln auch „ein Ausgleich zum Büro, um den Kopf frei zu bekommen“.

Aufgrund seiner Erfahrungen beim Training auf der Rednitz und den mittelfränkischen Seen hat Nagl für seine 400-Klometer-Tour ein breites, aber kurzes Board gewählt. „Das hat mir im Schnitt zwei Stundenkilometer genommen, war aber auf dem Main entspannter zu fahren“, sagt er. Denn es bietet mehr Standfestigkeit. Gefährlich für einen SUP-Fahrer seien aber nicht die großen Frachter oder Kreuzfahrtschiffe. „Da zeigst du eben Respekt und bleibst auf Abstand“, sagt Nagl Problematisch seien vielmehr die Sportboote, „die andere Wellen erzeugen und Stehpaddler damit in die Knie zwingen“. Stürze wären vor allem auf den ersten Etappen schlecht gewesen. „Ich war ziemlich bepackt“, sagt Nagl. Wechselkleidung, Waschbeutel, und die Kamera hatte er dabei. Eine Ersatzfinne und Verpflegung gehörten ebenfalls zum Gepäck.

Ab dem dritten Tag konnte Daniel Nagl den großen Rucksack abgeben. Von da an begleitet ihn seine Freundin mit dem Auto. Denn noch ist die Strecke von Roth nach Aschaffenburg auf Landstraßen sehr viel einfacher zurückzulegen. Wenn das aber bald auch für Paddler und Kanuten ohne große Hindernisse auf der Wasserstraße möglich wäre, dann hätte Nagl sein Ziel erreicht.