Pischelsdorf
Von Hirschen, Spießern und Weiberln

Der Pischelsdorfer Konrad Moll züchtet Damwild - Tiere werden ganzjährig ausschließlich auf Grünland gehalten

12.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:28 Uhr
Das Damwild von Konrad Moll wird ganzjährig auf Grünland gehalten. Darauf ist der Züchter schon ein wenig stolz. −Foto: Steininger

Pischelsdorf - In der Gunst der Verbraucher stehen Rind-, Schweine- und oft auch Lammfleisch weit oben, auch wenn die Herkunft dieser Fleischsorten nicht immer komplett nachvollziehbar ist. Ganz anders ist das beim Damwild, das Konrad Moll aus Pischelsdorf züchtet. Er ist überzeugt davon, dass das Damwildfleisch eine attraktive und gesunde Alternative zu den herkömmlichen Sorten darstellt.

Seit zwölf Jahren sitzt Moll (58) für die Reichertshausener UWG im Gemeinderat und zwölf Jahre lang war er Vorsitzender der Feuerwehr in Pischelsdorf. Er ist Inhaber eines Malerbetriebs mit über zehn Mitarbeitern und seit Jahren hilft er bei der Organisation des Gaudiwurms des OCV Steinkirchen mit. Seit acht Jahren ist er, gestartet von der eigenen Haustüre, etappenweise auf dem Jakobsweg unterwegs. Bis zum Endziel Santiago de Compostela fehlen ihm "nur" noch 300 Kilometer, die er auch noch schaffen wird. Daran zweifelt niemand, der den umtriebigen Pischelsdorfer kennt. Moll hat auch noch ein weiteres Hobby, nämlich ein Damwildgehege mit 3,3 Hektar. Die teilen sich auf in vier Weideflächen, "um den Hirschen immer eine frische Weide anbieten zu können", erklärt er. Im Jahr 1980 hat die Familie Moll die Milchkuhhaltung an den Nagel gehängt, ein Rundfunkbericht über Damwild war dann die Initialzündung für den Start in ein völlig neues Aufgabengebiet.

Aber aller Anfang war schwer, da entsprachen weder die Einzäunung, noch die Grundstücksfläche den Vorschriften. Für eine artgerechte Haltung mussten zusätzliche Flächen angepachtet, Bäume gepflanzt und eine Hütte gebaut werden. Aber insgesamt waren die Beratung und Unterstützung durch das Landwirtschaftsamt "sehr hilfreich", spart Moll nicht mit Lob.

Heutzutage wäre ein solches Vorhaben kaum noch realisierbar, da gibt es laut Moll eine Vielzahl von Verordnungen und Vorschriften, die kaum noch zu erfüllen wären. Man müsse Landwirt sein, so die Grundvoraussetzung, sowie einen fachlichen Nachweis mit Prüfung über Damwild ablegen. Dazu gehört ein Jagdschein, auch ist das Veterinäramt mit im Boot, wenn es um die Haltung und Hygienefragen geht.

Auf der Weidefläche von Konrad Moll finden sich zwei Hirsche, zehn "Spießer", das sind einjährige, männliche Tiere sowie 20 "Weiberl". Der Rest sind überwiegend "Schmaltiere", das sind einjährige weibliche Tiere und die Jungtiere dieses Jahres.

Insgesamt sind 65 Damwild-Exemplare auf den Weiden unterwegs, immer im Rudel, das sich auch geschlossen von A nach B bewegt. Seit dem Jahr 1984, mittlerweile bereits in zweiter Generation, wird im Familienbetrieb Moll Damwild gezüchtet. Und das aus ganz nüchternem Kalkül über Damwild als hochwertiges Nahrungsmittel. "Das ist eine der gesündesten Fleischsorten, insbesondere für ältere Leute", ist Moll überzeugt. Denn Damwildfleisch sei kurzfaserig, zart, fettarm und reich an Eiweiß und habe einen feinen Wildgeschmack.

"Wenn man beim Kochen vorgeht wie bei einem Schweinebraten, dann tötet man das Damwild ein zweites Mal", warnt Moll. Höher als 120, 130 Grad sollte die Brattemperatur nicht sein, dann zunächst ungewürzt rein ins Rohr. Wenn das Bratenthermometer eine Kerntemperatur von 60 bis 70 Grad anzeigt, "dann liegt man richtig", spricht Moll aus Erfahrung. Die Geschmäcker aber können, wie beim Rindersteak auch, von medium bis zu durchgebraten variieren. Die Soße wird aus der Fettschicht und Abfällen wie Sehnen und gehackten Knochen bereitet, die man vor dem Braten entfernt hat. "Rezepte gibt es genug, auch für Kochanfänger", sagt Moll.

Die Damwildzucht sei mit einer Massenhaltung wie bei Schweinen und Rindern nicht zu vergleichen, betont Moll. Supermarktware käme allerdings oft aus Neuseeland, da werde das Wild in Boxen gehalten, weiß er - und das lehnt er grundsätzlich ab.

"Bei uns wachsen die Tiere im Gehege auf, erleben keinen Stress, auch nicht beim Abschuss im Dezember", so der Damwildzüchter. Den Abschuss erledigt Moll nicht mehr selbst, sondern der örtliche Jäger von einem der zwei Hochsitze, die sich im Gelände verteilen. Dem fallen die Spießer im Alter von eineinhalb Jahren zum Opfer, einer bleibt immer über, der wird für die Nachzucht benötigt. Auch muss jährlich einer der zwei Hirsche dran glauben, oder manchmal auch alle beide, die einem neu zugekauften Hirsch Platz machen müssen. So vermeidet Moll eine mögliche Inzucht, und geschossen werden immer so viele Tiere, wie im laufenden Jahr geboren wurden. In diesem Jahr werden ein Hirsch, neun Spießer und zehn drei bis vier Jahre alte "Weiberl" ihr Leben lassen. "So bleibt die Herde immer jung und die Fleischqualität vergleichbar", erklärt Moll.

Der Züchter ist schon ein wenig stolz auf seine "optimale Tierhaltung ganzjährig ausschließlich auf Grünland". "Unser Wildgehege ist eine Bereicherung für eine ökologische und landwirtschaftliche Kulturlandschaft in unserer Heimat" heißt es in einem Faltblatt des Zuchtbetriebes. Und: "Es gibt Leute, die haben sich deshalb für ihre Bauplätze entschieden, weil sie so einen schönen Blick zu den Hirschen haben", behauptet Moll.

Die Jungtiere tollen herum wie in einem Kindergarten, sehr zur Freude der Passanten an der Kornackerstraße und deren Kinder, die die Tiere auch füttern dürfen. Vorausgesetzt, sie halten sich an das Schild am Zaun, das über geeignetes und verbotenes Futter aufklärt.

PK

Hans Steininger