Scheyern
Von Hexen und Kompassnadeln

Gelungene Premiere der Scheyerer Bühne

13.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:07 Uhr

Ohne Hänger im Text: Emma Bucher als Hexe Buckl-Walli bei einer ihrer gereimten Beschwörungsformeln - Foto: Steininger

Scheyern (PK) Im Fernsehen gibt es den Komödienstadel und das Chiemgauer Volkstheater. In Scheyern dagegen gibt’s die Scheyerer Bühne. Und die feierte eine Premiere, die den großen TV-Kollegen durchaus das Wasser reichen kann.

Was die Scheyerer da auf die Bretter bringen, hält jedem Vergleich stand. Ist doch das „Theaterspuin“ etwas, das in Bayern lange Tradition hat und in unzähligen Gemeinden gepflegt wird. Wie auch vom Theaterverein Scheyerer Bühne, der im Jahr 1991 sein erstes Volksstück aufführte und seitdem in ununterbrochener Reihenfolge Tausende von Theaterfreunden begeisterte.

Und die freuten sich auf die Premiere des Schwanks „Verhexte Hex’“ von Ralph Wallner unter der Regie von Sepp Gremminger. Das Stück beinhaltet alles, was man von einem zünftigen Bauerntheater kennt: Ein junges Liebespaar, das aus Standesdünkel nicht zueinander finden darf, ein ehrgeiziger Bürgermeister, der zusammen mit dem Dorfpfarrer höhere Ziele verfolgt, ein paar naive Dorfratschn und eine Charakterrolle, um die sich alles rankt: die Buckl-Walli alias verhexte Hex’, eine absolute Paraderolle für Emma Bucher.

Die ist schon seit den ersten Aufführungen spezialisiert auf herausragende Charaktere, die sie ebenso prägnant verkörpert. Ein komödiantisches Naturtalent, unverzichtbar für das Ensemble der Scheyerer Bühne. Die aber zeichnet sich durchweg aus durch engagierte Schauspieler, die mit Herzblut bei der Sache sind und für ihre jeweiligen Rollen bestens besetzt sind: Ob Bühnen-Vereinsvorstand Siegfried Einödshofer als Hochwürden Johannes, dem schon mal ein „zefix noamoi!“ auskommt, Sepp Gremminger als Bürgermeister und Gastwirt, Gerhard Euringer als armer Kartoffelbauer oder Selina Sievers und Andreas Oberhauser als verliebtes Paar, alle scheinen ihre Rolle förmlich zu leben und haben keine Hänger im Text, sodass die Premiere pannenfrei über die Bühne geht. Bewundernswert Emma Bucher als Hexe, die etliche gereimte Beschwörungsformeln auswendig lernen musste und deren Rolle während der gesamten Aufführung kaum eine Pause erlaubt. Die spart auch nicht mit drastischen Kommentaren, als sie versucht, dem Pfarrer die Wirksamkeit eines „Männerkrauts“ zu erklären. Das helfe bei gewissen Problemen der Manneskraft, „also wenn die Kompassnadel nur noch nach Süden zeigt und nicht mehr nach Norden“.

Nicht zu vergessen aber die Bichlbäuerin, die Moserin und die Kauerin, drei Originale, die zur Gaudi des Publikums ein Feuerwerk derben Humors abfeuern und bei jedem Auftritt für Glanzlichter sorgen. Das Trio Irma Schmutterer, Marianne Seltmann und Birgit Streibich glänzte mit Situationskomik, pointenreichen Dialogen und erntete Lachstürme, insbesondere als Moserin und Kauerin bei ihrem Ritt auf dem Hexenbesen.

So entwickelt sich die Geschichte langsam und nur scheinbar vorhersehbar, bis sich nach etlichen Irrungen und Wirrungen am Ende doch noch alles zum Besten wendet.

Zu einem gelungenen Bühnenstück gehört aber auch das Drumherum. Egal, ob das anheimelnde Bühnenbild, die Kostüme, Maske, Requisite oder die Licht- und Tonregie, alles ist mit Liebe zum Detail gestaltet, perfekt ausgeführt und durchdacht. Wie zum Beispiel die Nebenrolle des Hexenkaters Fidibus in Form einer Handpuppe am Rand des Bühnenbildes, der sich possierlich putzt und mit der Buckl-Walli miauende Dialoge führt. Für die Einspielung der originalen Katzentöne zuständig ist Wilfried Kalthoff am Mischpult, der auch gelegentlich aus dem Wald einen echten Kuckuck rufen lässt, als Tonkonserve natürlich.

So erlebten die Premierengäste wieder einmal ein Feuerwerk rustikalen Humors, der die Scheyerer Bühne auszeichnet und der sie so beliebt macht. Die fast ausverkauften zwölf Vorstellungen sprechen eine deutliche Sprache, und wer Interesse an einer der wenigen Restkarten zeigt, sollte sich sputen.