Von Gewinnern und Verlierern bei der Weltmeisterschaft

07.07.2006 | Stand 03.12.2020, 7:43 Uhr

Eichstätt (ra) Volle Kneipen, ausverkaufte Fahnen und schwer vermittelbare WM-Artikel: Die Fußball-WM in Deutschland hat beim Eichstätter Einzelhandel, bei Sportvereinen und Gastronomen Sieger und Verlierer hinterlassen. Geschätzte Umsatzsteigerungen von 50 Prozent bei Fanartikeln, reger Kneipenbesuch und Vereinsbeitritte zählen zur Gewinnerseite der lokalen Eichstätter WM-Bilanz. Die Nachfrage nach Fußballbüchern und Spielen sind jedoch hinter den Erwartungen zurück geblieben. Unbeeindruckt von der WM-Ökonomie zeigten sich der Tourismus.

Für die Eichstätter Einzelhändler sei die Weltmeisterschaft "eher negativ", erklärt Wolfram Ruoff von "Pro Eichstätt": "Wenn nachmittags das Spiel ist, kommt niemand in die Läden." Dies unterstreicht auch Susanne Kasprzak, Leiterin der Buchhandlung Brönner & Daentler: "Fußball ist der reinste Straßenfeger geworden." Die Absätze der Buchhandlung seien aufgrund des Turniers und des Wetters "drastisch in die Knie gegangen". Während der Partie Deutschland gegen Argentinien hätten sich nur zwei Kunden in die Buchhandlung verirrt. Potenzielle Umsatz-Heilsbringer wie einschlägige Fußballbücher und Magazine seien lediglich vor der WM absatzstark gewesen: "Es gab mal einen kurzen Aufschwung im Mai, aber der hat sich wieder verflacht", resümiert unisono Buchhändlerin Irmtraud Kürner von der Buchhandlung Sporer.

Die Nachfrage nach Fußballpuzzeln und -spielen enttäuschte ebenfalls: "Die WM-Artikel sind nicht so gegangen, wie wir uns das erhofft hatten", sagt Andrea Graßl, von Spielwaren Ahles. Lediglich Münzen mit den Portraits deutscher Spieler waren bereits am ersten Tag vergriffen.

"Völlig ausverkauft"

Zu den glücklichen Gewinnern der deutschen WM-Euphorie zählen die Händler mit Fanartikeln im Angebot. "Am Samstag, nachdem Deutschland gegen Argentinien gewonnen hatte, wurden wir völlig ausverkauft", erinnert sich Horst Bacherle, Geschäftsführer von Sport & Action. Trikots von Bastian Schweinsteiger, Fahnen, WM-Bälle und die roten Schuhe von David Odonkor – der WM-Umsatz soll laut Bacherle im Vergleich zur WM 2002 um 50 Prozent gestiegen sein. 200 Trikots und 150 Teamgeist-Bälle hätten den Besitzer gewechselt. Der Verkauf von Fußballschuhen sei um ein Drittel gestiegen. "Die Kunden investieren wieder", ist das WM-Fazit des Geschäftsführers.

"Ich bin sehr zufrieden", bewertet Wirt Uwe Kehl den bisherigen Turnierverlauf in seiner Kneipe "Bogartz". 180 Gäste, schätzt Kehl, haben sich bei attraktiven Spielen vor seinen zwei Leinwänden versammelt. 120 Reservierungen seien es bereits am Tag vor der Begegnung Deutschland gegen Italien gewesen. Ob sich die WM als außergewöhnlich profitabel erweisen wird, will Kehl nicht mutmaßen. Das Geschäft wäre dank des Wetters sowieso gut gegangen. Andererseits : "Kein Mensch würde sich sonst so eng auf die Bierbank drücken" – zur Freude der Wirte tun es die Fans eben doch: Ebenfalls von einem vollen Haus bei Live-Übertragungen berichtet der Gasthof Trompete: Zum Public-Viewing auf den beiden Leinwänden seien jeweils 120 Gäste gekommen.

Relativ unbeeindruckt vom WM-Treiben zeigen sich die Hotels. Die stellvertretende Leiterin der Eichstätter Touristik-Information, Ingrid Rudolph, weiß von einem spärlichen WM-Touristenstrom: "Einige Engländer waren wegen der WM hier und haben sich nach einer preiswerten Unterkunft erkundigt." Im Vergleich zum Vorjahr seien nicht wesentlich mehr Touristen gekommen. Angesichts der günstigen Mittellage zwischen den Spielorten Nürnberg und München habe sie sich "mehr Gäste erwartet."

"Im Jugendbereich wirkt sich der generelle Fußball-Boom auf alle Fälle positiv aus", sagt Dominik Herrmann, der Pressewart des SV Marienstein. "Wir haben vor allem bei den E- und F-Junioren viele Zugänge." Dagegen sind die Junioren des VfB Eichstätt wegen der Sommerpause noch nicht im Training. Josef Schiebel, Leiter der Jugend-Fußballabteilung, hofft auf neue Nachwuchsspieler: "Der Fußball wird durch die WM positiv dargestellt. Und sicherlich macht auch der Erfolg von Deutschland etwas aus." Ob es zu einem längeren Fußball-Boom kommt und wie viele Neuzugänge die Junioren des VfB genau bekommen, das müsse sich "erst noch herausstellen", meint Schiebel.