Von Fraktion zurückgepfiffen

29.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:08 Uhr

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Ein Bürgermeister, der von seiner kompletten, neunköpfigen Fraktion zurückgepfiffen wird.

Wenn es zu einem solchen in der Kommunalpolitik absolut ungewöhnlichen Schauspiel kommt, so wie jetzt in Geisenfeld, dann muss es um etwas von großer Tragweite gehen. Auf die umstrittene Erweiterung des Ilmendorfer Gewerbegebiets samt Bau einer weiteren, riesigen Logistikhalle trifft dies zweifelsohne zu.

Hatte die USB/ILM im Oktober noch mehrheitlich mit Ja votiert und so im Stadtrat dem Planentwurf zu einer Zustimmung verholfen, so vollzog man nun eine komplette Kehrtwende. Die Fraktion beantragte eine nochmalige Abstimmung und kündigte für diesen Fall ein geschlossenes Nein-Votum an, mit Ausnahme von Bürgermeister Christian Staudter. Man trage damit dem "eindeutigen Bürgerwillen" Rechnung, hieß es, und verwies auf den Zulauf, den das gegen das Projekt in die Wege geleitete Bürgerbegehren erfahren hatte.

Dies kann man nun wahlweise - je nach politischer Präferenz - als Einknicken sehen oder als Zeichen gelebter Demokratie. So oder so: Jedenfalls scheint man jetzt in Geisenfeld gerade noch rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Zwischen Bundesstraße und Bahnlinie, so wie bisher in Ilmendorf, ist ein Gewerbegebiet gut aufgehoben. Damit jedoch über die Bahnlinie zu springen und in die freie Natur hinein ein 60000 Quadratmeter großes und bis zu 30 Meter hohes Hallen-Monstrum zu setzen, wäre ein Sündenfall gegenüber den nachfolgenden Generationen.

Geisenfelds Bürgermeister Staudter ist hier immer noch gegenteiliger Meinung. Als einziger in seiner Fraktion sieht er in dem Gewerbeprojekt mehr Vor- als Nachteile. Anders pikanterweise, als seine Ehefrau Henriette, die als USB-Stadträtin nun dagegen votieren wird. Aber vielleicht lässt sich der Rathauschef ja noch umstimmen. So etwas soll es in der einen oder anderen Ehe ja schon gegeben haben.