Von einer Frau auf Beutezug geschickt

Neuburger nach zweiter Einbruchsserie zu weiterer Haft verurteilt - Verhandlung für Komplizen folgt noch

27.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:09 Uhr
  −Foto: David-Wolfgang Ebener

Neuburg - Gibt es in einer Gemeinde südlich von Neuburg eine Sirene?

 

Eine Frau, die Männer bezirzt und sie zu Straftaten animiert? Eine Diebesbande, die im vergangenen Jahr zum zweiten Mal eine Einbruchserie in Neuburg hingelegt hat, scheint von so einer Frau angestiftet worden zu sein. Am Mittwoch gab es eine Verhandlung vor dem Neuburger Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Christian Veh, an deren Ende ein 29-jähriger Neuburger für weitere zwei Jahre und drei Monate ins Gefängnis muss.

Der Neuburger war 2019 nach der Verurteilung für die erste Diebestour aus zweijähriger Haft entlassen worden. Vier Monate auf freiem Fuß hatte er es ohne Einbrüche ausgehalten. Seine beiden Komplizen, die auch im Jahr 2017 beteiligt gewesen sind, sitzen noch in Untersuchungshaft.

Prozessbeobachter konnten sich des Eindrucks wahrscheinlich nicht erwehren, dass der junge Mann teils schwer verstand, um was es ging. Meist nickte er nur, wenn ihm Richter Veh eine möglichst simple Antwortmöglichkeit vorformulierte, oder blickte hilfesuchend zu seinem Verteidiger Martin Angermayr. Die Vorwürfe, die Staatsanwalt Gerhard Reicherl gegen den 29-Jährigen vorbrachte, waren - im Wortsinne - schwer: Mit zwei Komplizen soll er im vergangenen Jahr fünf schwere Bandendiebstähle und außerdem zwei schwere Diebstähle allein vollzogen haben. Gleich zweimal drangen die Männer dabei in einen Kindergarten in Neuburg ein, einmal in eine Autowerkstatt und einen Wohnwagen, beides im Oberhausener Ortsteil Kreut, und einmal in ein Sportheim. Dabei machten sie vergleichsweise geringe Beute; 80 Euro hier, 210 Euro dort, 30 Euro und fast 500 Euro beim Sportverein, drei Kameras aus dem Kindergarten und eine Taschenlampe. Die Schäden, die bei den Einbrüchen entstanden, waren bei weitem höher. So kostete allein die Reparatur im Kindergarten nach Angaben der Neuburger Polizei rund 20000 Euro, der Sportverein musste rund 2000 Euro zur Wiederherstellung diverser aufgebrochener Fenster aufwenden.

Allein versuchte es der 29-Jährige in einem weiteren Kindergarten, wo er einen Schaden von rund 1000 Euro anrichtete und ein Tage- sowie ein Fotobuch mitgehen ließ - beides im Grunde genommen als Diebesgut wertlos. Außerdem stieg er noch in ein Neuburger Fahrradgeschäft ein. Dort soll er laut Anklage 1300 Euro erbeutet haben.

Dies bestritt der Mann allerdings vor Gericht. Er habe eingebrochen, aber die offene Kasse sei leer gewesen. Er sei nur kurz in dem Geschäft gewesen, weil der Alarm losgegangen war. In diesem Punkt wurde das Verfahren eingestellt. Auf der Flucht aus dem Fahrradladen habe er sich verletzt. Blutend fanden ihn die Beamten der Neuburger Polizei eine Stunde später - im Garten der amtsbekannten Frau, die den Mann und seine Komplizen zu den Einbrüchen animiert haben soll.

Der Wagen der Frau war es, der nach Angaben eines Neuburger Polizisten die Aufklärung der Serie immens beschleunigt hatte, die Beamten sahen ihn in der Nähe des Fahrradgeschäfts. "Die Kollegen auf Streife haben da sehr gut gearbeitet", attestierte der Polizist. Man habe das Trio und die Frau auf dem Schirm gehabt, weil einer der Männer auf dem Neuburger Schrannenplatz mit dem Einbruch des 29-Jährigen in das Fahrradgeschäft geprahlt hatte. Die gleiche Personenkonstellation habe es bei der Einbruchserie 2017 ja auch schon gegeben.

Wegen des Fahrzeugs fuhren die Polizisten zur Adresse der Frau, wo sie den 29-Jährigen aufgriffen. Der Mann habe sich bei der anschließenden Vernehmung sehr kooperativ gezeigt. "Er hat die Mittäter genannt und sich auch immer selbst belastet", schilderte der Beamte. "Die Aussagen haben immer zum Tathergang und den Erkenntnissen der Spurensicherung gepasst. " Zumindest durch den Einbruch in den Kindergarten wären die Beamten allerdings auch ohne ein Geständnis auf die Spur des Trios gekommen: Einer der Männer hatte während der Tat aus einer Flasche getrunken und diese am falschen Ort wieder abgestellt, was einer Kindergärtnerin aufgefallen war. Die Spurensicherung förderte so entsprechendes Genmaterial des Mannes zutage.

Das Vorstrafenregister des 29-Jährigen enthielt einschlägige Eintragungen: Zur Einbruchsserie von 2017 kamen noch Beleidigungen, Computerbetrug und Fahren ohne Fahrerlaubnis hinzu. "Ja meine Güte. Kaum waren Sie raus, ging es mit den gleichen Spezln wieder weiter", sagte Richter Veh. "Ihr seid doch erwachsene Leute. Irgendwann muss man doch mal gescheit werden. "

Das Einsetzen eines Reifeprozesses bezweifelte Staatsanwalt Reicherl in seinem Abschlussplädoyer allerdings. "Die Rückfallgeschwindigkeit ist exorbitant hoch. Die Taten und das Verhalten kommen einem fast jugendtypisch vor. " Reicherl hielt dem Mann zwar zugute, dass er sich geständig und reuig gezeigt habe, betonte aber dennoch die Schwere der Taten, die große Schäden nach sich gezogen hätten. Er hielt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten für angemessen.

Dass es weder einen Freispruch noch eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung geben konnte, sah auch Verteidiger Martin Angermayr. "Es ist nicht sehr leicht mit ihm. Das Potenzial ist beschränkt und hat seine Grenzen. Manchmal musste man seine Erinnerung im Gespräch schärfen. " Allerdings habe er nicht hinter dem Berg gehalten, die zwei anderen Beteiligten zu nennen. "Er ist ein elendiges Werkzeug dieser Frau. Er muss eine Strafe bekommen, da sind wir uns einig. Danach könnte man meinen, es gebe eine zarte Hoffnung auf Besserung. " Angermayr hielt zwei Jahre Haft für angemessen.

Richter Veh und die Schöffen wählten den Mittelweg: Der 29-Jährige bekam zwei Jahre und drei Monate aufgebrummt. Der Vorsitzende redete dem Mann ins Gewissen: "Sie haben den Großteil ihres Lebens noch vor sich und gar keine schlechten Voraussetzungen, sie haben ja einen Beruf. Sie müssten halt mal das Umfeld wechseln. Diese Frau muss schon sensationell sein, was die für einen Einfluss auf Sie hat. " Das Urteil ist rechtskräftig.

DK

Sebastian Hofmann