Von der Jugendherberge zum Lager und zurück

Betrieb im Kavalier Zweibrücken nimmt nach Corona-Pause und kurzfristiger Umnutzung wieder Fahrt auf

11.08.2021 | Stand 23.09.2023, 20:16 Uhr
Johanns Hauser
Nach der Corona-Zwangspause nimmt die Jugendherberge seit Mitte Juli wieder Gäste auf. Das freut Tobias Klein, den Leiter des Kulturamtes, und Angela Wilke, die stellvertretende Leiterin. Wie überall gelten auch in der Jugendherberge strenge Hygienevorschriften. Während der Schießung wurde das Kavalier Zweibrücken zeitweise als Zwischenlager für Corona-Tests genutzt (unten rechts). −Foto: Hauser / Wilke

Ingolstadt - Dass Ingolstadt eine Jugendherberge hat, ist vielleicht gar nicht allen Schanzern bekannt, überlegt Angelika Wilke, die stellvertretende Leiterin.

Und wenn, dann waren sie wahrscheinlich noch nie hier. Schließlich ist die Unterkunft ja auch für Gäste von außerhalb vorgesehen. Das Klientel ist bunt gemischt. Radfahrer, die auf einer Tour entlang der Donau einen Zwischenstopp machen, Autoreisende aus dem Norden, die auf dem Weg in den Süden - oder zurück - eine Nacht in Ingolstadt bleiben, Städtereisende aus nah und fern und Kinder- und Jugendgruppen, Klassenfahrten. Dazu kommen viele Studierende - vorwiegend aus dem Ausland -, die für ein Semester nach Ingolstadt kommen und eine Bleibe brauchen, bevor sie eine eigene Wohnung gefunden haben. Oft bilden sich im Speisesaal der Herberge Gruppen, die dann gleich eine Wohngemeinschaft gründen.

Gerade dieses internationale Flair ist es, was Wilke an ihrer Arbeit besonders gefällt. In Einzelfällen ist es auch schon vorgekommen, dass sie eine Studentin oder einen Student, der partout kein Zimmer fand, kurz bei sich zu Hause aufgenommen hat. "Einmal ist eine Brasilianerin übriggeblieben, die war dann sogar an Weihnachten bei uns", erzählt sie. Aus solchen Begegnungen resultieren viele internationale Kontakte, die sie nach wie vor gerne pflegt. "Ich war zum Beispiel mal zu einer Hochzeit in Indien eingeladen", erzählt sie. "Und da bin ich dann auch hingeflogen. "

Zuletzt sind solche Begegnungen freilich viel seltener geworden. Die Corona-Pandemie hat auch auf die Jugendherberge und das allgemeine Reiseverhalten großen Einfluss genommen. Die Übernachtungszahlen machen das deutlich: 2019 waren rund 13000 Menschen zu Gast in der Ingolstädter Jugendherberge. 2020 gerade einmal 2000. Wie so vieles andere musste Mitte März im vergangenen Jahr auch die Herberge im ersten Lockdown schließen. Teilweise waren bereits einquartierte Gäste gezwungen, ihren Aufenthalt abzurechen. Reservierte Buchungen wurden storniert. Am 8. August 2020 konnte die Jugendherberge - unter den mittlerweile allseits bekannten Hygienevorschriften - dann wieder öffnen.

Die Monate mit den erfahrungsgemäß höchsten Übernachtungszahlen waren zu diesem Zeitpunkt allerdings schon vorbei, erklärt Tobias Klein, der Leiter des Kulturamtes, das für die Jugendherberge zuständig ist. Die meisten Betten sind in normalen Jahren belegt, wenn im Frühsommer die Klassenfahrten anstehen. Nicht einmal vier Monate später, am 1. November, musste die Jugendherberge abermals schließen. Und blieb es bis zum 16. Juli 2021. Das Kavalier Zweibrücken an der Friedhofstraße, in dem seit 1987 die Jugendherberge eingerichtet ist, wurde in der Zeit der Schließung als Zwischenlager genutzt. Hier stapelten sich 200000 Corona-Test, die von hier aus kontingentiert in die Ingolstädter Bildungseinrichtungen verteilt wurden.

Mittlerweile begrüßen Wilke und das Team der Jugendherberge wieder Gäste. Gut 350 waren es seit Mitte Juli. Der Andrang ist also groß. Viele Besucher kommen mit dem Rad - ein Trend, der wohl wegen Corona zuletzt deutlich Fahrt aufgenommen hat. Der Pandemie ist wohl auch geschuldet, dass deutlich mehr Gäste aus Deutschland anreisen. Studierende und Touristen aus dem Ausland sind offenbar noch etwas vorsichtig. "Auch wir wissen nicht, wie es weitergeht", sagt Wilke. "Wir nehmen Reservierungen gerne an. Allerdings nur unter Vorbehalt - dafür akzeptieren wir, wenn jemand kurzfristig absagen muss. "

Wer derzeit die Jugendherberge nutzt, muss sich selbstverständlich an etliche Hygienevorschriften halten. Um die Abstandsregeln einhalten zu können, werden vorwiegend Einzelzimmer vermietet und Schlaf- säle nur an gemeinsam reisende Gruppen. Beim Check-in muss ein negativer Corona-Test vorgelegt werden. Das Deutsche Jugendherbergswerk schließt Selbsttests an der Rezeption aus. Das führt mitunter zu Problemen. "Nach 18 Uhr gibt es in der Stadt keine Möglichkeit mehr, sich testen zu lassen", bedauert Wilke. "Wir mussten deswegen schon Gäste wegschicken. " Und das widerstrebt ihr natürlich. Sie freut sich darauf, wenn das bunte, internationale Treiben in der Jugendherberge endlich wieder richtig in Gang kommt. Wann das sein wird, darüber kann derzeit nur spekuliert werden.

DK

Johanns Hauser