Neuburg
Von der Hofkirche ins Schloss

Für viele sind die steinernen Figuren ein Rätsel - Standbilder auch im Chorraum des Sakralbaus

13.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:23 Uhr
Über die ungewöhnlichen Proportionen der Statuen von Pfalzgraf Philipp Ludwig und seiner Gemahlin Anna von Jülich-Kleve-Berg im Neuburger Schlosshof wundern sich viele Besucher. Die Wächterfiguren von Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm und Magdalena von Bayern stehen heute nicht mehr in der Gruft, sondern im Chorraum der Hofkirche. −Foto: Hammerl

Neuburg (SZ) Sie sind nicht zu übersehen, die beiden überlebensgroßen Standbilder von Pfalzgraf Philipp Ludwig und seiner Gemahlin Anna von Jülich-Kleve-Berg, die den Durchgang vom Neuburger Schlosshof auf die Schlossterrasse flankieren.

Besucher rätseln immer wieder über die merkwürdig gedrungenen Proportionen der Figuren, erzählt Stadtführerin Gabriele Kaps, die sich sogar schon einmal anhören musste, die Figuren sehen aus "wie eine Kulisse aus ,Planet der Affen'", was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die sie schon relativ verwittert sind. Ähnliche Erfahrungen macht Kulturamtsleiterin Kathrin Jacobs. Auch sie wird immer wieder von Schlossbesuchern angesprochen, dass die Figuren irgendwie nicht hierher passten.

Womit sie ins Schwarze treffen. Denn es handelt sich bei den Figuren um die Stifterfiguren für die Hofkirche, die in luftiger Höhe angebracht werden sollten, was Größe und Proportionen erklärt. Das Pfalzgrafenpaar war evangelisch, doch nach dem Tod Philipp Ludwigs leitete der gemeinsame Sohn Wolfgang Wilhelm die Gegenreformation ein und aus der als Trutzmichel geplanten, protestantischen Hofkirche wurde eine katholische Marienkirche. Womit die Stifterfiguren überflüssig und durch Kaiser Heinrich II. und Gemahlin Kunigunde ersetzt wurden. Die hatten zwar nichts mit der Hofkirche zu tun, waren aber Stifter der Vorgängerkirche beziehungsweise eines Damenstiftes und späteren Benediktinerklosters.

Die Standbilder von Philipp Ludwig und Anna sind nicht die einzigen in Neuburg, die an ungewöhnlichem Ort zu finden sind. Im Chorraum der Hofkirche stehen Wächterfiguren, die Wolfgang Wilhelm und seine Frau Magdalena von Bayern darstellen. Irreführend ist die Grabinschrift auf dem Sockel: "Hic iacet" - "Hier liegt", was definitiv nicht stimmt, weder für Magdalena, die tatsächlich - allerdings einige Meter entfernt von der Figur - in der Gruft der Hofkirche begraben ist, noch viel weniger für Wolfgang Wilhelm, dessen Herz allein dort ruht, während der Körper in Düsseldorf begraben liegt.

Vorbild für die Gruft war die von St. Michael in München, errichtet wurde die Neuburger Grablege auf Wunsch von Magdalena, die vor der Geburt ihres einzigen Sohnes Philipp Wilhelm testamentarisch genau festgelegt hatte, wie ihre Beerdigung ablaufen solle. Dass ihr Gemahl sich nicht nach ihren Wünschen richten würde, als die erst 41-Jährige 13 Jahre später am 25. September 1628 an der Schwindsucht starb, hätte sie sich wohl nicht träumen lassen. Schon gar nicht, dass er ihren Leichnam fast ein Jahr lang unbestattet in hölzernem Sarg, der von einem Zinnsarg umgeben war, in der Gruft stehen lassen würde. Magdalena hatte bestimmt, dass sie weder einbalsamiert noch aufgebahrt und innerhalb von maximal acht bis zehn Tagen nach ihrem Tod bestattet werden solle.

Die Beisetzung erfolgte nach 15 Tagen, die endgültige Bestattung jedoch zog sich hin, zunächst weil Wolfgang Wilhelm am Niederrhein weilte, als er die Todesnachricht erhielt, dann weil Gutachten für die Sarginschrift eingeholt, ein Trauergerüst erstellt werden musste. Letztlich aber war es die bedrohliche politische und militärische Lage am Niederrhein, die den Witwer von Neuburg fernhielt. Eine Beerdigung in seiner Abwesenheit lehnte der Pfalzgraf ab und legte den Termin für die offizielle Trauerfeier mit drei Bischöfen auf den 9. Juli 1629 - gut ein Dreivierteljahr nach ihrem Tod.

Die Wächterfiguren kamen wohl erst später in die Gruft und wurden, so vermutet Kreisheimatpfleger Manfred Veit, "aufgrund ihrer Schönheit" ans Tageslicht geholt. Das sah auch der Sarg Magdalenas noch einmal. Zur Trauerfeier wurde er aus der Gruft geholt und auf das Trauergerüst in der Hofkirche gestellt.

Andrea Hammerl