Viele
Von Bummerln und Schindern

09.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

"Gott schütze unser Land, den Wald, das Wild, den Jägerstand": Am Ausläufer des Klingenholzes, das sich vom südlichen Ortsrand Tegernbachs nach Nordosten in Richtung Ehrenberg erstreckt, haben die Tegernbacher Jäger vor 31 Jahren eine Hubertuskapelle errichtet, die dem ehemaligen Jagdpächter Hans Tritschler gewidmet ist. Im vergangenen Jahr erst wurde die Wegkapelle renoviert. Und hier am Klingenholz beginnt auch der heutige Teil der PK-Serie über Flurnamen rund um Pfaffenhofen. - Foto: Kraus

Viele Flurnamen rund um Pfaffenhofen geraten mehr und mehr in Vergessenheit. In der neuen PK-Serie werden sie beleuchtet - diesmal vom Stocket bei Wolfsberg über den Hallschlag bei Tegernbach hin zu Auf der Öd bei Ehrenberg.

Nördlich von Tegernbach dehnt sich Richtung Raitbach, eng und schmal, das Klingenholz aus. Bei dem Wort "Klingen" denken romantische Seelen an den Klang von Glocken oder an das sanfte Plätschern eines Baches, das für unsere Ohren so angenehm "klingt". Eine "Klinge" bezeichnete aber eine enge Schlucht, einen Taleinschnitt oder einen schmalen, tiefen Graben. Dem Rinnberger Sprachforscher Johann Andreas Schmeller (1785-1852) war diese Bedeutung noch vertraut.

Nördlich des Klingenholzes und Tegernbachs erhebt sich der Hummelberg. Man mag hier sofort an die brummenden Insekten denken. Aber auch hier hilft uns Schmellers Bayerisches Wörterbuch weiter. Mit "Hummel" konnte danach auch ein Zuchttier gemeint sein. So war "hummen" (auch "hommen") ein anderes Wort für "brummen" und "brüllen". Nach Reinhard Bauer, neben Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein einer der wenigen namhaften Orts- und Flurnamenforscher in Bayern, wurde auf einem Hummelberg der Gemeindestier geweidet. Einen "Hummelberg" finden wir auch unmittelbar nördlich von Langwaid. Unweit davon, im Norden Tegernbachs jenseits des Burgstalls gelegen, liegt der "Brunnberg". Sein Name weist wieder auf sprudelnde Quellen hin. Im Norden durchquert die Straße Ehrenberg-Raitbach ein Gebiet, das den Namen "Auf der Öd" trägt - ein deutlicher Hinweis auf die einstige Abgeschiedenheit der Gegend.

Wenden wir uns wieder Waldabteilungen zu, die südlich Tegernbachs liegen. Dem Wald Richtung Wolfsberg hat man den Namen "Stocket" gegeben. Und wieder weist uns Johann Andreas Schmeller den Weg zur rechten Deutung. Er sieht in "Gestocket" einen "Platz mit vielen Wurzelstöcken von gefällten Bäumen". Die Endsilbe "-et" (eine Abschwächung von "-ach") bezeichnet stets eine größere Ansammlung. Flurnamen wie "Birket" (Birkengehölz), "Eichet" (Eichengehölz) und "Aschet" (Eschengehölz) sind nicht selten. Richtung Göbelsbach erstreckt sich hinter dem "Stocket" ein Wald, dessen Name wenig bairisch klingt: "Forlesbrunn". Die meisten Namensforscher sehen in "Forles" das Wort "Foren" - und das stehe für "Föhren". Demnach wäre "Forlesbrunn" eine Quelle, die inmitten von Föhren sprudelt. Manche erklären "Foren" aber auch mit "Forellen". Diese Deutung wäre noch lyrischer. Im "Forlesbrunn" würden sich demnach Forellen in einem munter dahin fließenden Bach tummeln. Die erste Version scheint allerdings stimmiger. Im Forlesbrunn wandeln wir auf uraltem Siedlungsgebiet. Der unermüdliche Georg August Reischl (1894-1972), ein Schrobenhausener Heimatforscher von Rang - man hat ihn den "Chronist der Lenbachstadt" genannt -, bezeichnet Forlesbrunn als "prächtiges Forst-Distrikt", in dem 24 Grabhügel aus der Hallstadtzeit (800 bis 450 vor Christus) lägen. Sechs von ihnen sind heute noch auf topografischen Karten verzeichnet. Im Juni 1903 wurden sechs verzierte und bemalte Urnen ausgegraben. Leider haben Abholzung und Straßenbau viele Gräber vernichtet. Links der Straße führt im Wald ein Weg hinunter nach Göbelsbach. Nach Reischl war dies ein keltischer Höhenweg. Er endet im "Hallschlag", dem sich nach Norden erstreckenden Fortsatz vom "Forlesbrunn". Das Grundwort "Schlag" ist einfach zu erklären. Es verweist auf einen Wald, aus dem Bäume geschlagen wurden, damit er sich lichte und öffne. Das Bestimmungswort "Hall" kann viel bedeuten. "Hall" verweist oft auf Salzgewinnung. Salz wurde aber in unserer Gegend nicht abgebaut. In dem Wort "Hall" kann sich auch Halde oder Abhang verbergen. In bayerischer Mundart wird Halde aber kaum verwendet. Es könnte auch ein Bezug zum althochdeutschen "helan" für hehlen oder verbergen bestehen. Heute noch wirken die Fluren zwischen Menzenbach, Ellenbach und Göbelsbach relativ abgelegen - um wie viel mehr mag das zur Zeit unserer Vorfahren gewesen sein! Nicht ganz auszuschließen ist, dass mit "Hall" der Widerhall eines im Wald vernehmbaren Echos gemeint ist. Reischl kannte 1948 im "Hallschlag" noch eine vorrömische Befestigungsanlage. Der "Hallschlag" endet bei der Einöde "Wasen-statt". In einer Wasenstatt lebte der Wasner oder Abdecker, der tote Tiere abzudecken, das heißt zu enthäuten und zu beseitigen, hatte. Der Wasner wurde auch Schinder genannt. Seine Tätigkeit galt wie die des Henkers als unehrenhaft. Der Umgang mit Wasnern wurde gemieden. Reinhard Bauer sieht in "Wasen" auch einen Zusammenhang mit feuchten Wiesen. Im Osten des "Hallschlags" erhebt sich nach Tegernbach hin der "Weidenberg". Damit ist entweder ein Berg gemeint, auf dem viele Weiden standen, oder ein beliebter Weideplatz für Tiere.

Mit dem "Hallschlag" ist der Rundgang durch die Flurnamen nun schon der Gemeinde Hohenwart sehr nahe gekommen. Doch den ihr zugehörigen Flurnamen soll noch ein eigenes Kapitel dieser Serie gewidmet sein.

Reinhard Haiplik (63) ist Verfasser zahlreicher heimatkundlicher Schriften und Bücher, im PK hat er Serien über "Geheimnisvolle Plätze in unserer Heimat" und "Ungewöhnliche Ortsnamen" veröffentlicht.