Ingolstadt
Von Berlin lernen, heißt feiern lernen

In Ingolstadt soll am Samstag wie in der Hauptstadt Party gemacht werden

31.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:50 Uhr
In Partystimmung: Johannes Benks (links) und Florian Rindlbacher lassen die "Berliner Nächte" wieder aufleben. Am Samstag soll ein Flair von Hauptstadt durch die Schanz ziehen. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Vor rund 20 Jahren hebelten die Ingolstädter die damals geltende Sperrzeitregelung mit den "Berliner Nächten" aus. Rund 40000 feierten damals in Kneipen und Diskotheken bis in den Morgen. Zwei Ingolstädter wollen die Gemeinschaftsausstellung etlicher Wirte jetzt wiederbeleben - und damit auch gleich die Ingolstädter Partyszene.

Von "Berliner Verhältnissen" wollte man in Ingolstadt - zumindest im politischen Diskurs - zuletzt lieber nichts wissen. So mancher Ingolstädter Wirt und Partygänger wünscht sich dagegen genau solche Zustände wie in der Hauptstadt, gilt das Berliner Nachtleben zwischen Berghain und The Pearl doch als besonders aufregend und facettenreich. Dagegen sei die Partyszene vom hiesigen Kreuztor bis zum Paradeplatz zuletzt doch "ziemlich eingeschlafen", finden Johannes Benks, Geschäftsführer des Suxul, und Florian Rindlbacher, den man in Ingolstadt als DJ Superior kennt. Feierwütige fahren demnach am Wochenende lieber nach München oder Nürnberg, wo das Angebot größer ist. In Ingolstadt hat zuletzt das Ende des Maki-Clubs in der Silvesternacht 2015 eine Lücke in das Ingolstädter Nachtleben geschlagen, die noch heute nachwirkt, sind Benks und Rindlbacher überzeugt. Außerdem seien viele offenbar von einem "Gesundheits-Lifestyle" geprägt und hätten nicht mehr so viel Lust, sich die Nächte in Diskotheken um die Ohren zu schlagen, glaubt Benks. "Und die Studenten sind hier zu ehrgeizig, die gehen unter der Woche nicht mehr weg", ergänzt Rindlbacher.

Die beiden haben jetzt zu einer konzentrierten Party-Offensive die Reihen der Ingolstädter Wirte geschlossen. Am Samstag, 3. November, laden rund 16 Lokale, Clubs und Bars gemeinsam zu den "Berliner Nächten". Für zehn Euro können Partygänger ein Einlassband erstehen und damit dann alle beteiligten Locations ohne zusätzlichen Eintritt besuchen. Die Bändchen gibt es bereits im TamTam, im Englwirt und dem Café Tagtraum. "Wir wollen die Leute wieder in die Stadt holen und zeigen, dass man auch hier gut feiern kann", erklärt Benks. Die Resonanz bei den Kollegen sei groß gewesen. "Bis auf ein paar wenige, die an dem Abend schon andere Pläne hatten, haben eigentlich alle sofort mitgemacht", so Rindlbacher. "Andere kamen von sich aus auf uns zu, als sie gehört haben, dass wir die ,Berliner Nächte' wieder starten." Viele Locations haben für den Abend ihr Programm auf Berlinerisch getrimmt. In der Rosengasse - und an etlichen anderen Stellen - gibt es Berliner Weisse und Berliner Luft, im Goldbraun Currywurst und in der Glockn kann man sich ein Herrengedeck kommen lassen. Auch viele Musiker, die an diesem Abend in Ingolstadt auftreten, kommen eigens aus Berlin angereist. Salwa Houmsi legt im Suxul auf, im Shamrock gibt es Live-Musik einer Berliner Band und so mancher in die Hauptstadt gezogene Ingolstädter kommt für einen Auftritt in die Heimat zurück. "Das Angebot an den einzelnen Locations ist so unterschiedlich, dass sicher für jeden etwas dabei ist", ist Benks überzeugt.

Mit ihren "Berliner Nächten" knüpfen die beiden an ein Konzept an, das es von 1997 bis 2005 schon einmal in Ingolstadt gegeben hat. Die Initiative ging vom Innenstadtverein IN-City aus und war eine Reaktion auf die seinerzeit noch geltende Sperrzeit - und auf den schon damals erhobenen Vorwurf, dass in Ingolstadt am Wochenende regelmäßig nichts los sei. Für ein Wochenende beantragten alle beteiligten Lokale in der Altstadt eine Sperrzeitverkürzung und konnten so ihre Gäste die ganze Nacht hindurch feiern lassen. Aus der ganzen Region kamen schon bei der ersten Auflage Besucher in die Stadt. IN-City sprach von bis zu 40000 Besuchern - doppelt so vielen wie an einem normalen Wochenende. Damals beteiligten sich auch Hotels, die besondere Angebote für auswärtige Partygänger machten, das Museum für Konkrete Kunst öffnete bis spät in der Nacht und im City-Kino, das es damals noch gab, liefen Berlin-Filme wie "Der blaue Engel". Zur Premiere im Jahr 1997 fuhr sogar ein Berliner Doppeldecker-Bus durch die Straßen Ingolstadts und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, höchstselbst schrieb ein Grußwort an die Schanzer Party-Gemeinde.

2006 wurde die Sperrzeitregelung allerdings praktisch aufgehoben. Seit dem können Clubs und Diskotheken bis auf die so genannte Putzstunde zwischen 5 und 6 Uhr geöffnet haben. Damit hatten die "Berliner Nächte" in Ingolstadt ihr Alleinstellungsmerkmal verloren und wurden eingestellt. Am Samstag feiern sie ihre Wieder-Auferstehung und könnten, wenn es nach Benks und Rindlbacher geht, wieder zum festen Bestandteil im Jahresprogramm des Ingolstädter Party-Kalenders werden.

Johannes Hauser