Wolnzach
Vom "Volkstanz-Virus" infiziert

Bayerische Kultur wird wieder begeistert gepflegt wie im Kurs von Johanna und Hans Schwarzhuber

18.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:57 Uhr

Los geht's traditionell mit dem Auftanz (Foto oben), so auch beim Kursabschluss auf dem Schleibinger-Hof, für den eigens einige Musikanten verpflichtet wurden. Auf einer Tafel wird die Tanzfolge jeder Runde angeschrieben (Foto links), von der die meisten keine auslassen, so auch Kursleiter Hans Schwarzhuber (mittleres Foto), hier mit einer Kursteilnehmerin. Sogar etwas kompliziertere Tänze wie den Marschierboarischen meistern Theresia und Hans Großhauser, bis vor Kurzem noch blutige Anfänger, jetzt souverän (Foto rechts). - Fotos: Rebl

Wolnzach (WZ) Seit Januar haben sie jeden Sonntag unter der Regie von Hans und Johanna Schwarzhuber geübt, die heuer zum siebten Mal einen Volkstanzkurs anboten. Jetzt, beim Abschlussvolkstanz auf dem Hof von Martin und Edith Schleibinger in Niederlauterbach, klappten die Schrittfolgen tadellos.

"Nächste Runde: Marschierboarischer, Niederboarischer Landler, Böhmerwaldlandler." Die Ansage von Hans Schwarzhuber wird mit bedeutsamem Gemurmel quittiert. Ganz offensichtlich: Die nächsten drei Tänze sind etwas anspruchsvoller, nicht unbedingt etwas für blutige Anfänger. Aber das sind sie inzwischen alle nicht mehr, die nun auf die Tanzfläche strömen und dort die Ausgangsstellung zum Marschierboarischen - paarweise hintereinander im Kreis - einnehmen.

Aber das ist gar nicht das Entscheidende. Hans Schwarzhuber deutet in die Runde: "Alle lachen, ratschen, haben ihre Gaudi." Das trifft auch auf ihn selbst zu. "Für uns ist der Kurs keine Anstrengung, es macht uns ja selber Spaß." Das bestätigt seine Frau Johanna: "Das ist genau der Grund, warum wir das machen", freut sie sich über die gute Resonanz. Und die war heuer schon rein zahlenmäßig spitze: Gut hundert Teilnehmer - so viele wie noch nie - wollten das Volkstanzen lernen oder auffrischen. Da wurde es im Hammerschmidstadel, der seit zwei Jahren als Übungsort dient, zeitweise ganz schön eng.

Angefangen hatte es vor sieben Jahren wesentlich kleiner: Damals kam der älteste der drei Schwarzhuber-Söhne ins "tanzfähige" Alter. Die Eltern organisierten im Bekanntenkreis einen Kurs, um den jungen Leuten Gelegenheit zum Tanzen zu bieten. In den Jahren darauf kamen immer neue Anfragen und so wurde aus dem Tanzkurs eine regelmäßige Sache. Inzwischen kommen die Teilnehmer bis aus Waidhofen, Manching oder dem Freisinger Umland. Einige von ihnen sind "Wiederholungstäter", so wie Martin und Edith Schleibinger. Zum vierten Mal sind sie schon dabei, nicht, weil sie das Tanzen bisher noch nicht gelernt hätten, "sondern weil es einfach Riesenspaß macht". Ihre Motivation war, einmal in der Woche etwas gemeinsam zu unternehmen. Dass der Kurs am Sonntagabend und noch dazu über den Winter stattfindet, kommt dem Landwirtsehepaar dabei nur gelegen.

Beim Blick auf die Tänzer, die sich zu Polka, Landler oder Zwiefachem drehen, fällt auf, dass darunter viele junge Leute sind. Zum Beispiel Antonia Feiner aus Aufham. Die 18-jährige Abiturientin wollte "sich die Sache mal anschauen" - und hat Spaß daran gefunden. Als ihr Tanzpartner ist der 18-jährige Benno aus Schweitenkirchen dabei - "freiwillig", wie er anfügt. Er tanzt allgemein gerne, bisher eher Standardtänze, ab sofort auch Volkstänze. Was gefällt den jungen Leuten am Volkstanzen? "Es ist immer griabig, alle sind gut drauf", bringt es Julia (18) auf den Punkt. Das liege auch daran, dass die Leute sehr offen sind. So ist man in Volkstänzerkreisen normalerweise gleich beim Du, lernt sich schnell kennen. Das schätzen auch Antonias Eltern, die ein paar Tische weiter sitzen. "Man ist immer in guter Gesellschaft", so Eduard und Christa Feiner. Die beiden waren schon vor 30 Jahren beim Tanzen, nach langer Pause sind sie jetzt über ihre Tochter wieder dazugekommen.

Dass das Interesse an solchen Traditionen generell wieder größer wird, bestätigen Hans und Johanna Schwarzhuber. Es seien Gruppen wie die Biermösl-Blosn, aber auch viele andere, die die unverfälschte Volksmusik wieder "hoffähig" gemacht haben. Volksmusik werde wieder interessant, viele würden erkennen, "dass das nichts mit Bayernpop zu tun hat", so Hans Schwarzhuber.

Das Tanzmeister-Ehepaar selbst kennt sich in der Volksmusikszene übrigens bestens aus, seit 23 Jahren betreiben die beiden die Wolnzacher Tanzlmusi, sind außerdem bei den örtlichen Volkstanzfreunden dabei. Den Tanzkurs machen sie aber rein privat - und übrigens kostenlos.

Ihr größter Lohn sind Leute wie Hans und Theresia Großhauser: Die beiden Fahlenbacher waren bezüglich Volkstanzen "total unvorbelastet". "Bisher konnte ich nur Discofox und Luftgitarre", erzählt Hans Großhauser lachend. Er war beim Stilwirt in Wolnzach mit Johanna Schwarzhuber ins Gespräch gekommen. "Um Gotteswillen, das ist nichts für uns", war Großhausers erste Reaktion auf ihre Einladung zum Tanzkurs. Irgendwie hätten sie sich dann doch darauf eingelassen - und wider Erwarten Feuer gefangen. Inzwischen sind er und seine Frau nicht nur tänzerisch gerüstet: Für den Abschlusstanz haben sie sich sogar neu mit Dirndl und Lederhose eingekleidet, wie Hans Großhauser verrät. "Und das Charivari hat mir mein Vater geschenkt, weil er sich so gefreut hat."