Eichstätt
Vom "Treibhaus" zum "schnellen Brüter"

Der Publizist Wolfram Weimer über die "Macht der Medien"

25.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:30 Uhr

Eichstätt (zba) Wolfram Weimer, ein fundierter Kenner der Medien und der Politik, sprach als Gastredner beim Frühjahrsempfang der Sparkasse über das Thema „Die Macht der Medien“. Dabei legte er schonungslos die Grenzen der Politik und Politiker sowie deren Abhängigkeit von den Medien an den Tag.

Für Weimer herrscht die „Mediendemokratie“.

Die Verschiebung der Wertschätzung in der Gesellschaft dokumentierte Weimer an Fotos: „Wenn die Gesichter und Namen von deutschen Nobelpreisträgern in den Köpfen der Deutschen weniger bekannt sind als Lady Gaga oder Teilnehmer an Dschungelcamps, dann stimmt etwas nicht in der Hierarchie der Wichtigkeit. Die Intelligenz werde auf den Kopf gestellt: „Es hat sich eine Wertigkeit entwickelt, weg von der naturwissenschaftlich-technischen, kulturellen und wirtschaftlichen Intelligenz mit dem Trend zur großen Veräußerlichkeit der Werte.“ Wer hat die politische Macht im Lande, war die zentrale Frage in Weimers Referat. Die Antwort gab er mit dem Ergebnis einer Umfrage unter Bundestagsabgeordneten. „Selbst die Politiker glauben, dass die Medien in diesem Lande die größte politische Macht innehaben.“ Erst an zweiter und dritter Stelle im Machtgefüge der Republik folgen der Umfrage nach die Wirtschaft und Politik.

An Beispielen zeigte der Referent auf, wie Politiker in der Mediendemokratie die Hauptdarsteller einer professionellen medialen Selbstinszenierung sind, während die Parlamentsarbeit zur Marginalie entartet. Weimer erzählte, wie sich etwa Kanzler Schröder bei einem Interviewtermin, Klaus Wowereit als „Berliner Partybär“ oder Angela Merkel als „Heimatkanzlerin“ medienwirksam in Szene setzen oder wie Ursula von der Leyen dieses Metier beherrscht. „Sie alle“, so Weimer, „haben die Macht erkannt, die von den Medien ausgeht. Sie wissen, mit welchen Bildern und Aktionen sie im Volk punkten können.“

Der Übergang der Macht an die Medien hat sich nach den Worten von Weimer in rasantem Tempo vollzogen: „Wenn Bonn in diesem Zusammenhang ein Treibhaus war, dann ist Berlin ein schneller Brüter.“

Wer das Handwerk der Mediendemokratie, des politischen Schauspiels beherrsche, habe gute Chancen, auf der Karriereleiter nach oben zu kommen. Über die Medien „gelinge“ der Aufstieg, aber auch der Abstieg. Weimers Fazit: „In der Mediendemokratie mit den professionellen medialen Selbstinszenierungen verliert das Parlament aber gewaltig an Bedeutung.“