Geisenfelder
Vom Sommer-Mensch zum Winter-Fan

Halbjähriger Finnlandaufenthalt wird für junge Geisenfelderin Emma Eberhardt zum prägenden Erlebnis

05.01.2021 | Stand 10.01.2021, 3:33 Uhr
Der Besuch einer Rentierfarm gehörte für Emma Eberhardt zu den Highlights abseits des Studiums. −Foto: privat

Geisenfeld - Das vergangene halbe Jahr wird Emma Eberhardt dank eines Studienaufenthaltes in Finnland wohl unvergesslich bleiben. Ins Gedächtnis geschrieben haben sich ihr die positiven Erfahrungen eines "überwältigend schönen nordischen Winters". Doch auch die Virus-Pandemie wird ihr besonders in Erinnerung bleiben. Zweimal musste die 21-Jährige während ihres Auslandssemesters in Quarantäne - und erkrankte selber an Covid-19.

 

"Ich war schon immer von den skandinavischen Ländern fasziniert, aber noch nie dort", begründet die junge Geisenfelderin den Entschluss, ihr Auslandssemester im hohen Norden zu absolvieren. Als Studierende an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt (WFI) hatte sie sich daher bereits vor einem Jahr im Rahmen des Erasmus-Programmes für einen Studienplatz an einer der drei Partneruniversitäten der WFI in Finnland beworben. Den Zuschlag erhielt sie für die multidisziplinäre Universität im westfinnischen Vaasa, deren Campus am Bottnischen Meerbusen liegt.

"Als ich Ende August gestartet bin, hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommen würde", gesteht sie. Auch wegen der Pandemie war das ganze Vorhaben "ziemlich spannend". Denn der erste Flug wurde gestrichen, und bis zum letzten Tag vorm Abflug "war nicht klar, ob nicht der ganze Aufenthalt abgesagt werden würde", erzählt die 21-Jährige, die mit zwei weiteren Mädels aus der Region unterwegs war.

Kaum in Helsinki gelandet, erfahren die jungen Erasmus-Stipendiatinnen, dass sie entgegen der ursprünglichen Planung doch in Quarantäne müssen. "Bis zum Studentenwohnheim am Zielort durften wir noch fahren, dann wurden wir isoliert", erinnert sie sich an die ersten Tage, in denen sie "total fürsorglich von den finnischen Mitstudierenden mit allem versorgt wurden, was wir brauchten". Sogar ein Kennenlern-Meeting (online versteht sich) haben die Gastgeber organisiert.

Der Unterricht fand während des gesamten Aufenthaltes aus Sicherheitsgründen "auf Distanz" statt, was dank der guten Internet-Versorgung allerdings kein Problem darstellte, wie Eberhardt erklärt. Dennoch sei es "super schade", dass sie auf diese Weise in erster Linie zu den anderen ausländischen Kommilitonen in der Unterkunft, nicht aber zu Einheimischen Kontakt hatte. Persönlich kennengelernt hat sie die Tutoren und Mitstudenten nur bei einem für die Gäste organisierten "finnischen Sitz-Abend". Dabei werden traditionelle Lieder gesungen, finnische Getränke serviert und Spiele gespielt - alles, wie der Name sagt, ohne dass man dabei aufstehen darf.

Was Corona angeht, gibt es in Finnland keine Maskenpflicht, sondern nur Empfehlungen, eine solche zu tragen und Abstand zu halten. "Manche der Gaststudenten missbrauchten aber die Freiheit - mit dem Ergebnis, dass sich viele infizierten und das Studentenheim als Hotspot erneut unter Quarantäne gestellt wurde", bedauert Emma den Leichtsinn. Sie selbst hatte Vorsicht walten lassen, sich aber dennoch angesteckt. "Zum Glück hatte ich keinen schweren Verlauf", ist sie froh, nur unter Grippesymptomen und dem Verlust des Geschmackssinnes gelitten zu haben.

Als ihre Mutter und ihre Schwester Hannah sie besuchen, machen diese einen kurzen Abstecher zur Partnergemeinde Geisenfelds, nach Jämijärvi, wo sie von Tuomo Leikkola im Namen der Kommune herzlich empfangen werden. "Ich selber habe in der Zeit lernen müssen", bedauert die Fünftsemestlerin. Was nicht heißt, dass sie im Laufe des Semesters nicht auch Zeit für so manche Erkundungsreise fand - mit ihrem Freund, der zeitgleich in Helsinki studierte. Dreimal machten sie einen Abstecher nach Lappland, übernachteten in Hütten ohne Kontakt zu anderen Menschen. Zu den Highlights zählen beide den Besuch einer Rentierfarm, das Erleben der Tiere in freier Wildbahn, aber auch die Husky-Schlittenfahrten. "Eigentlich bin ich ein Sommer-Mensch und mag die Wärme, aber dabei habe ich den Winter lieben gelernt", gesteht die junge Frau. Zu den schönsten Erfahrungen zählt sie das Erleben eines vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang nur 17 Minuten dauernden Tages. "Die Atmosphäre ist unvergleichlich."

Und so fiel es der Geisenfelderin nicht wirklich schwer, den eigentlich für den 21. Dezember geplanten Heimflug zu überdenken. "Angesichts der zuhause herrschenden Infektionslage hatte ich kein gutes Bauchgefühl, und so entschloss ich mich, sicherheitshalber über die Feiertage noch im von der Pandemie weniger gebeutelten Finnland zu bleiben". Weihnachten verbrachte sie im berühmten Weihnachtsmann-Dorf in Rovaniemi, von wo aus sie per Skype zur Familie Kontakt hielt. Zu Silvester hat sie dann die Rückreise angetreten und befindet sich nun - zum dritten Mal in einem halben Jahr - in Quarantäne. Diesmal allerdings freiwillig, um "auf Nummer sicher zu gehen". Es sei schön, wieder daheim zu sein, "aber ich werde sicher noch lange brauchen, um die vielen einzigartigen Eindrücke der vergangenen Monate zu verarbeiten", ist die Geisenfelderin sicher.

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