Burgheim
Vom Saulus zum Paulus

23.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:55 Uhr

Tobias Ulm hat den Drogen abgeschworen. Die Musik und Gefängnis-Pfarrer Christian Anton halfen ihm dabei. - Foto: Schanz

Burgheim (szs) Es war eine Entschuldigung, die viel Mut verlangte. Vor dem gesamten Marktgemeinderat Burgheim sagte Tobias Ulm am Dienstagabend: "Es tut mir leid". Damit wollte der 22-Jährige endgültig mit seiner Drogensucht abschließen, wegen der er in eine Schule und Vereinsheime eingebrochen hatte. Im Jugendforum erzählte er, wie er seine Abhängigkeit überwunden hat.

Die Musik war der Rettungsanker für den Burgheimer. Im Jugendgefängnis Herrenwörth, wo er zwei Jahre wegen Drogendelikten und Einbrüchen saß, hatte er sein entscheidendes Erlebnis: "Ich habe in meiner Zelle gesungen, ganz alleine, am Fenster", erzählt Tobias. Dann habe es plötzlich an der Zellenwand geklopft. Der Gitarrist der "Knastband" saß am Ende des Ganges. "Da haben wir zusammen Musik gemacht. Er hat in seiner Zelle Gitarre gespielt, ich hab’ gesungen", erinnert sich der Jugendliche: das Lied "Aicha" von Outlandish. Von da an stand fest: Der neue Sänger der "Knastband" heißt Ulm.
 
Die Gruppe wird betreut von Gefängnisseelsorger Christian Anton. Der evangelische Pfarrer lässt die Häftlinge zusammen musizieren und überlässt dabei die Musikauswahl ihnen. "Es geht darum, die Jugendlichen über die Musik dazu zu bringen, aufeinander zu achten", so Anton. Die positive Entwicklung seines Schützlings Ulm freut den 47-Jährigen: "Man hat bei Tobias schon gemerkt, dass es irgendwann klick gemacht hat", erinnert sich Anton.
 
Seit diesem "klick" rührt Tobias Ulm keine Drogen mehr an. "Heute bin ich clean", versichert er. Regelmäßige Drogenscreenings in seiner Bewährungszeit sorgen dafür, dass man dem 22-Jährigen das auch glauben kann.
 
Früher war das noch ganz anders: da wurde er mehrmals rückfällig. Seine Drogenkarriere begann – ganz klassisch – mit einem ersten Joint in der neunten Klasse der Hauptschule. "Wir wollten das einfach ausprobieren und fanden es super lustig", erzählt Tobias. Die Joints wurden immer mehr, später kamen dann auch Amphetamine dazu: Speed und Ecstasy. "Auf der Loveparade 2007 in Essen hatte ich einen großen Absturz. Da gab es so gut wie alles und ich hab alles eingeschmissen." Um die Drogen zu finanzieren, habe er in Burgheim die Einbrüche begangen.
 
Als er kürzlich auf der Straße Bürgermeister Albin Kaufmann traf, habe er sich dafür entschuldigt. Der brachte die Sache ins Rollen. "Das zeigt großen Mut und Stärke, sich bei der Gemeinde zu entschuldigen", lobt Kaufmann, "Ich finde das ganz toll." Auch eine Hörprobe seiner selbst geschriebenen Lieder gab Tobias den Gemeinderäten. In den Texten verarbeitet er seine Erfahrungen mit den Drogen: "Ich schau zurück in die Vergangenheit", heißt es darin, "Dafür dass sie Vergangenheit bleibt".