Ingolstadt
Vom renitenten Schaf und einem liebestollen Latin-Lover

Ingolstädter Künstlerinnentage: Andrea Bongers bietet hinreißend komische Puppencomedy in der Neuen Welt

20.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr

Wandelbar: Andrea Bongers kann singen, plaudern und vor allem Puppen zum Reden bringen. In der Neuen Welt in Ingolstadt gastierte sie mit ihrem Programm "Bis in die Puppen". - Fotos: Gronert, Fehr

Ingolstadt (DK) Von diesen Puppen kann man gar nicht genug bekommen. Vom leicht renitenten und wenig feinfühligen Schaf, das kein Blatt vor das Maul nimmt, von der säuselnden Sissi Snake, einer raffinierten Sexualtherapeutin, die ihre Patientin jedoch eher mit deren Schwächen konfrontiert ("Wenn Sie sich häuten könnte wie ich"). Von Richard von Holzofen aus dem Rheinland, der seine Lehrerlaufbahn beenden musste und nun im Wendland gemeinsam mit Gleichgesinnten den Sonnenuntergang "zumöht" ("Das Möh muss uns komplett ausfüllen"), vom erst liebestollen, dann selbstherrlichen Latin-Lover Manolo, und da ist noch der Stoff-Opa Heinz, der seine ganz eigene Vorstellung von Kindererziehung hat: "Das Schlimme bei der Erziehung für die Kinder ist nicht, keinen Plan zu haben, sondern einen Plan zu haben."

Andrea Bongers hat bei ihrem Auftritt im Rahmen der Künstlerinnentage in der Neuen Welt einen kurzweiligen Abend beschert - der nach anfänglichem Fremdeln zwischen Publikum und dem gut gelaunten Multitalent zu einem heiteren, hinreißend komischen Vergnügen wurde. Die Kabarettistin, Sängerin und Puppenspielerin aus Hamburg schauspielerte sich durch alle kleinen und großen Dramen des Lebens, vor allem, was Frauen und Mütter bewegt. Wenn die Kinder aus dem Haus und die diversen Männer auch abhandengekommen sind. Im Loslassen sei sie gut: "Mann ein, Mann zwei." Bongers, die auch als Puppenspielerin bei der Sesamstraße auftritt, ist eine wunderbar wandelbare Stimmenimitatorin, die aus ihren Puppen echte (dialektsprechende) Charakterköpfe macht.

Bongers analysiert und philosophiert munter und selbstironisch über das vermeintliche Gefühl der großen Freiheit, Selbstverwirklichung, Alter, Erziehungswahn, Freud und Leid von Patchwork-Familien, Trennungsschmerz. Sie plaudert von kreisenden Geiern statt Helikoptermüttern, es geht um Tod und Traditionen. Wenn die gebürtige Kölnerin nicht mit den Puppen kommuniziert, erzählt oder singt sie über die Freuden und Tücken des Landlebens, über verzogene Gören aus der Stadt, über Lactoseintoleranz. Auch das beherrscht sie: mal schräg, mal nachdenklich, mal schrill - und immer mit einem Funken Wahrheit.