Augsburg
Vom Playboy bis hin zur Küchenmaschine

Boxweltmeisterin Tina Rupprecht gewährt Einblicke in ihr aktuelles Leben und würde gerne endlich wieder im Ring stehen

16.04.2021 | Stand 15.06.2021, 3:34 Uhr
Shooting in der Münchner Maximilianstraße: Tina Rupprecht mit ihrem WM-Gürtel und betont weiblich gekleidet. −Foto: Alexander Gorodny

Augsburg/Schrobenhausen - Ihre bekanntermaßen gute Laune möchte sie sich weiterhin nicht nehmen lassen.

Aber natürlich ist auch Tina Rupprecht in ihrem tiefsten Inneren genervt. Exakt am 21. Dezember 2019 durfte die WBC-Weltmeisterin im Minimumgewicht bisher letztmals um ihren Titel boxen, ehe die Corona-Pandemie kam - und damit eine schier nicht enden wollende Zwangspause für die sympathische Augsburgerin. Nicht offiziell im Ring stehen zu dürfen, das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass die Botschafterin der Schrobenhausener Aktion "Disco-Fieber" momentan komplett die Füße hochlegt. Was sie aktuell genau tut, welche Pläne sie hat - Rupprecht verrät es der Schrobenhausener Zeitung in einem ausführlichen Gespräch.

Frau Rupprecht, nun sind schon knapp eineinhalb Jahre vergangen, seitdem Sie Ihren bislang letzten WM-Kampf bestritten. Können Sie sich überhaupt noch daran erinnern?
Tina Rupprecht: Oje, das ist tatsächlich sehr lange her. Aber natürlich habe ich nicht vergessen, wie ich damals in Hamburg die Spanierin Catalina Diaz einstimmig nach Punkten geschlagen habe. Ja, das war schon schön - und ich wäre froh, wenn ich nun bald wieder in den Ring steigen dürfte. Die Zeit des Nichtstuns in Sachen Wettkämpfe nervt mittlerweile gewaltig. Ich will endlich wieder boxen.

Beziehungsweise endlich wieder einmarschieren in eine proppenvolle Halle, während Ihr Kampflied aus den Lautsprechern dröhnt?
Rupprecht: Richtig. Nach dieser Atmosphäre sehne ich mich tatsächlich. Das ist stets Gänsehautfeeling pur. Man kommt sich hierbei vor wie ein Gladiator, der die Arena betritt - ist bis in die Haarspitzen motiviert und heiß darauf, endlich loslegen zu dürfen.

Nachdem Sie nun so viel Zeit seit Ihrem bisher letzten Kampf hatten: Gibt es beim nächsten Fight ein neues Einlauflied, haben Sie dafür in den vergangenen Monaten fleißig Musik gehört?
Rupprecht: (lacht) Na ja, ganz so schlimm war es zwar nicht - aber wenn ich wieder in den Ring steige, wird es in Sachen Kampfsong tatsächlich etwas Neues geben.

Was genau?
Rupprecht: So konkret kann ich das wirklich noch nicht sagen. Es wird auf den Moment ankommen, wie ich mich dann fühle. Wer weiß, vielleicht gibt es ja sogar etwas Lustiges.

Eventuell den Titelsong von Biene Maja oder Pinocchio?
Rupprecht: (lacht) Wohl weniger. Ich sage jetzt nur noch: "Lasst Euch überraschen. "

In Ordnung. Kommen wir zum rein Sportlichen: Mit Katia Gutiérrez aus Mexiko würde Ihre nächste Gegnerin bereits feststehen, die Verträge für diesen Fight um die WM-Gürtel des WBC und der IBO sind schon Ende Januar unterzeichnet worden. Bloß wann es tatsächlich in den Ring geht, steht aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin in den Sternen. Oder droht gar schon eine komplette Absage dieses Events?
Rupprecht: Nein, auf keinen Fall. Katia möchte unbedingt gegen mich boxen, ich unbedingt gegen sie. Wir stehen beide in den Startlöchern, scharren mit den Hufen - und müssen nur noch auf grünes Licht von ganz oben warten.

Gäbe es da nicht die Möglichkeit, diesen Titelfight ohne Publikum durchzuführen?
Rupprecht: Grundsätzlich ja, aber dann müsste er rein durch Sponsoren finanziert werden. Und das ist gerade in der jetzigen Zeit ausgesprochen schwierig, schließlich kostet jeder Kampf viel Geld. Auf dieser Ebene sind's gut und gerne an die 35000 Euro.

Existieren deshalb schon Überlegungen bei Ihnen, stattdessen irgendwo im europäischen Ausland um Ihren WM-Gürtel zu boxen, wo die Corona-Auflagen nicht so streng sind und wo Zuschauer in die Halle dürften?
Rupprecht: Das würde nichts bringen, weil es dort keine Gegnerinnen gibt, die für einen Weltmeisterschaftskampf gegen mich im Minimumgewicht geeignet wären. Und eine Deutsche, die dort gegen eine Kontrahentin beispielsweise aus Südamerika oder Japan fightet, interessiert im Ausland höchstwahrscheinlich nicht genügend Menschen, um die Halle voll mit Zuschauern zu bekommen.

Stattdessen könnten Sie gegen eine süd- oder mittelamerikanische Herausforderin in deren Heimat kämpfen. Dann müsste ja diese mit ihrem Management den WM-Fight organisieren - und Sie mit einem lukrativen Angebot über den Großen Teich locken. . .
Rupprecht: Ja, das stimmt. Aber als amtierende WBC-Titelträgerin bin ich ebenfalls nicht ganz billig - und hoffentlich auch kaum zu besiegen. Das Risiko möchte zurzeit anscheinend niemand eingehen.

Also bleibt Ihnen aktuell nichts anderes übrig, als fleißig zu trainieren, um dann für den noch unbekannten Tag X hundertprozentig fit zu sein. . .
Rupprecht: Ja. Aber ich brauche wohl nicht groß zu betonen, dass das mittlerweile immens nervt. Jeder Leistungssportler weiß, dass seine Zeit als Aktiver begrenzt ist - da sind eineinhalb Jahre Wettkampfpause, die ich aufgrund der Corona-Pandemie mittlerweile vorweise, schon extrem viel. Geht man davon aus, dass ich alle sechs Monate zumindest einen Fight bestritten hätte, fehlen mir also bereits drei Kämpfe, in denen ich mich weiterentwickeln hätte können. Stattdessen war jedoch Stillstand angesagt. Aber ich mag in meinem Leben keinen Stillstand. Ich möchte, dass es immer weitergeht.

Gilt das auch für Ihre Auftritte in den sozialen Medien? Früher gab es da von Ihnen ja hauptsächlich Kampffotos, Trainingsfotos oder Fotos von PR-Auftritten zu sehen. Vor Kurzem überraschten Sie Ihre Fans dort nun mit Bildern in betont weiblichem Outfit - mitten auf der Münchner Maximilianstraße geschossen, das Ganze mit Ihrem WM-Gürtel auf dem Arm. Eine gewollte Änderung Ihres Images?
Rupprecht: So hoch möchte ich das Ganze nicht hängen. Ich machte halt mal bei einem komplett anderen Shooting in München mit. Okay, ich wirke dabei vielleicht etwas schicker als sonst - aber was soll ich machen? Aktuelle Kampfbilder von mir gibt es ja leider nicht.

Wie wichtig sind die Social Media für Sie?
Rupprecht: Wenn man in der Öffentlichkeit steht, so wie ich als Box-Weltmeisterin, dann muss man in ihnen einfach präsent sein und sich möglichst kreativ präsentieren. Je mehr Follower man hat, umso interessanter wird man schließlich für Sponsoren.

Am vergangenen Wochenende gab es Sie per Video ja sogar im knappen Bikini zu sehen, als Sie gemeinsam mit Ihrem Freund in den eiskalten Augsburger Kuhsee eilten. . .
Rupprecht: (lacht) Hierbei ging es hauptsächlich darum, dass wir uns abhärten wollten. Und ja: Wir fühlten uns anschließend wie neu geboren - auch wenn wir uns zugegebenermaßen nur rund zwei Minuten lang im Wasser aufhalten konnten.

Weil es Sie doch fror?
Rupprecht: (lacht immer noch) Na ja, rund zehn Grad Celsius im See waren in der Tat nicht wirklich warm.

Wie war es Ihnen gelungen, Ihren Lebensgefährten Markus zu dieser Extremerfahrung zu überreden?
Rupprecht: (schmunzelt jetzt) Moment mal, das war seine Idee. Und ich nahm's dann ein Stück weit genau so hin, wie wenn ich unmittelbar vor einem Kampf stehe: Ich wollte es einfach nur sehr schnell erfolgreich hinter mich bringen.

Trotzdem nun eine freche Frage: Zunächst aufreizend weiblich auf der Maximilianstraße, dann knapp bekleidet im See - haben Sie da keine Angst, dass gewisse Männermagazine auf Sie aufmerksam werden? Oder ist das vielleicht sogar gewollt?
Rupprecht: Ich hatte tatsächlich schon ein Angebot vom Playboy. Im vergangenen Jahr war das, aber ich lehnte nach einer gewissen Bedenkzeit doch voller Überzeugung ab. Ich arbeite schließlich noch nebenher als Lehrerin an der Realschule in Zusmarshausen - wie würde es denn da aussehen, wenn mich meine Schüler beziehungsweise Eltern plötzlich nackt in einem Männermagazin entdecken würden? Das geht nun wirklich nicht.

Und wie wäre es stattdessen mit "Tiny Tina" als Kochrezeptegeberin in einer Frauenzeitschrift, schließlich wirkten Sie auf ihren Social-Media-Kanälen zuletzt überglücklich über Ihre neue Küchenmaschine. . .
Rupprecht: (lacht wieder) Sie ist aber auch in der Tat megacool und erleichtert nahezu alles. Sie ist schnell, sie ist easy zu bedienen - und in ihr brennt nichts an. Andererseits, und das möchte ich schon betonen: Ich kann auch ohne diesen Thermomix gut kochen.

Haben wir also ein neues Hobby von Ihnen entdeckt?
Rupprecht: Na ja, so weit geht die Liebe zum Kochen dann doch nicht. Ich mache es zwar gerne, bin allerdings nicht verrückt danach.

Ihr Talent am Herd haben Sie ja auch schon in Schrobenhausen, bei der Kochshow "Biss um Biss" im Herbst 2019, als Teammitglied von "Disco-Fieber" unter Beweis gestellt. Das schreit ja nun mehr denn je nach einer erneuten Teilnahme. . .
Rupprecht: Sehr gerne. Nur diesmal würde ich halt meine neue Super-Küchenmaschine mitbringen, damit ich mit meinem Team die gestellten Aufgaben noch lockerer in der vorgegebenen Zeit erfüllen kann.

Gibt es irgendeine Spezialität, die Sie am allerliebsten auf den Teller zaubern?
Rupprecht: Nein. Ich versuche nur, möglichst wenig tierische Produkte zu verwenden. Ich esse grundsätzlich sehr wenig Fleisch und Milcherzeugnisse, auf Wurst verzichte ich sogar komplett. Das hat einerseits mit dem Tierwohl im Allgemeinen zu tun - und andererseits habe ich von Experten erfahren, dass der menschliche Körper die vorhin erwähnten Produkte gar nicht benötigt. Also nehme ich nun alle anderen Zutaten und experimentiere damit fleißig.

Haben Sie eigentlich auch schon Ihren Trainer beziehungsweise Entdecker Alexander Haan bekocht?
Rupprecht: Nein. Er und seine Familie waren zwar erst vor Kurzem bei uns zu Besuch - aber lediglich zum Frühstücken. Da konnte ich mein Talent in der Küche leider nicht ausleben (lacht).

Die Haans sind für Sie wohl weit mehr als "nur" gute Bekannte durch den Boxsport?
Rupprecht: In der Tat. Die Familie ist mit mir und meinem Lebensgefährten eng befreundet, wir unternehmen auch außerhalb des Gyms viel miteinander. Zudem hatte ich sogar schon die Ehre, bei ihrem jüngsten Sohn Leon als Taufpatin zu fungieren, was mich ausgesprochen stolz machte.

Nochmals zurück zum guten Essen im Hause Rupprecht: Kann es dann passieren, dass Sie beim Boxen irgendwann in eine höhere Gewichtsklasse wechseln wollen?
Rupprecht: Ganz im Gegenteil. Wenn, dann könnte ich mir eher vorstellen, ins sogenannte Atomgewicht (bis 46,226 Kilogramm) hinunterzugehen - denn auch dort gibt es mittlerweile WM-Titel zu gewinnen. Aber ganz konkret ist das momentan keine Option. Ich bin ganz zufrieden, wie alles ist. Nur die Tatsache, dass ich aktuell keine offiziellen Kämpfe bestreiten darf, nervt mich eben massiv.

SZ

Das Gespräch führteRoland Kaufmann.