Ingolstadt
Vom Optiker zum Hotelier

Ingolstädter Gerald Schneider wagte für die große Liebe den Schritt, nach Thailand auszuwandern

17.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:02 Uhr
Alexandra Grimm
  −Foto: Schneider

Ingolstadt (DK) Alles verkauft, Koffer gepackt, raus aus Deutschland und hin zu langen Sandstränden, Palmen und tropischer Wärme.

Viele Auswanderer träumen vom großen Glück in ihrem Traumurlaubsland. Viele wagen das Risiko, doch letztlich schaffen es nur wenige, im fremden Land Fuß zu fassen. Gerald Schneider hat es geschafft. Er lebt seit 13 Jahren in Thailand und führt dort ein kleines Hotel. Einfach hatte es der gelernte Augenoptiker aber nicht. Er erzählt von seiner Auswanderergeschichte und von den Hürden, die es zu überwinden gab.

"2006 bin ich nach Thailand ausgewandert", sagt er. Der gebürtige Nürnberger hatte dort ein Jahr zuvor während eines Urlaubs seine große Liebe kennengelernt und geheiratet. "Ein Freund hatte sie mir als Reiseführerin vermittelt. " Zu dieser Zeit war Schneider noch stellvertretender Niederlassungsleiter bei der Fielmann-Filiale in Ingolstadt. Für das Paar gab es zwei Optionen: Entweder gemeinsam in Deutschland zu leben oder in Thailand. Schneider befürchtete, dass seine Frau in Deutschland nicht so gut bezahlt werden würde wie in ihrer Heimat. "Wahrscheinlich hätte sie höchstens einen Toilettenjob bekommen", sagt er. Ein großer Karriereabstieg für eine Accounting Managerin. Daher entschloss er sich - trotz Warnungen aus seinem Umfeld - zu seiner Frau zu ziehen.

"Es war nicht einfach, da drüben Fuß zu fassen", beschreibt er die schwierige Anfangszeit. Anderthalb Jahre habe er gebraucht, um das touristische Denken herauszubekommen. Er sei zu mehreren Optikern gegangen, um in seinem gelernten Beruf zu arbeiten. "In Bangkok habe ich aber nichts gefunden. " Da er finanziell auch etwas beitragen wollte, gab er nicht auf; es ging nach Pattaya, etwa zwei Autostunden südöstlich von Bangkok und seiner Frau entfernt. "Pattaya ist für EU-Ausländer am einfachsten, denn viele sprechen hier Deutsch", sagt er. Dort gebe es zwar ein großes Rotlichtviertel, der Ort sei aber trotzdem gut, um sich einzugewöhnen. "Ich bin dann zwei Monate in Pattaya geblieben und alles zu Fuß abgelaufen. " Auf diese Weise sei er auf ein Mehrparteienhaus gestoßen, das zu dieser Zeit - im Jahr 2008 - gerade gebaut wurde. Er kaufte zwei Einheiten und richtete 12 Gästezimmer ein. "Ich hatte keine Ahnung, wie das geht, aber es ist am Anfang sehr gut gelaufen. " Für ihn sei das Gästehaus ein großes Risiko gewesen, aber zur Not hätte er die Apartments an Einheimische vermietet. Mit den ersten Gästen sprach sich sein kleines Hotel herum und war von Urlaubern in deutschen Foren durch Fotos und Rezessionen weiter bekannt gemacht worden. "Ich hatte hauptsächlich deutschsprachige Gäste, aber auch Gäste aus England", sagt er. Die Urlauber in Pattaya seien unkompliziert gewesen, denn viele kamen Schneider zufolge häufig dort hin und kannten sich bereits aus. "Es war aber schwierig, Personal zu finden, dem man vertrauen kann. " Zudem sei die Kriminalität dort problematisch, sodass Schneider sich nicht immer sicher gefühlt habe. "Es war gar nicht meine Welt, dass die Urlauber tagsüber drinnen waren und nur nachts rausgegangen sind", gibt Schneider zu. 2011 habe er genug gehabt und verkaufte das zentral gelegene Gästehaus an ein schweizer Ehepaar.

"Ich hatte ein Jahr Pause und habe mir überlegt, was ich machen kann", sagt er. 2012 habe er dann einen Plan gehabt: Ein Ressort mit sechs kleinen Häusern in Kanchanaburi am River Kwai - zweieinhalb Autostunden westlich von Bangkok. "Ich habe mir dort 5000 Quadratmeter Land gekauft. " Laut Schneider war die Gegend dort touristisch wenig erschlossen und es gab kaum Supermärkte. "Da spricht kaum einer Englisch, alles ist sehr wild und es gibt nur Natur mit Flüssen und Wäldern", erzählt er. Zum Fischen sei es dort wunderbar gewesen. Um das Land für den Bau seines Resorts vorzubereiten, musste das Gelände im Vornherein von Bäumen und Gestrüpp befreit werden: "Ich wollte die Bäume selbst herausreißen, aber habe es nicht geschafft. " Nach einem Jahr gab er sein Vorhaben auf und verkaufte das Land an einen Industriellen aus Bangkok.

Ein weiteres Mal stand der Auswanderer Schneider vor der Überlegung, wie es nun für ihn weitergehen sollte. Dieses Mal ging es in das südwestlich von Bangkok gelegene Hua Hin. Die Stadt liegt direkt an der Küste und gilt als ältestes Seebad Thailands. "Der Tourismus ist dort viel exklusiver, kein Vergleich zu Pattaya", sagt der 60-jährige Auswanderer. Vor allem Deutsche, Schweizer und Skandinavier seien dort häufig im Urlaub. "Das Klima ist sehr angenehm, es ist das ganze Jahr über warm und gleichzeitig weht immer eine angenehme Brise", erzählt Schneider. Zusammen mit seiner Frau kaufte er dort ein Grundstück in der Stadtmitte und errichtete nach eigenen Plänen ein fünfstöckiges Hotel mit 18 Zimmern samt eines Pools. Problematisch seien anfangs die Schlangen gewesen, die ihren Weg durch den Garten ins Hotel fanden. "Seit wir den Garten umgestaltet haben und jetzt nur noch Palmen und Orchideen dort pflanzen, sind wir schlangenfrei", sagt der Hotelier und klingt dabei erleichtert. Auch für "rüstige Senioren" habe er vorgesorgt. Diese können Langzeitaufenthalte in seinem Gästehaus buchen.

Für Gerald Schneider ist der Beruf des Augenoptikers und der des Hoteliers recht ähnlich: "Der Optiker muss erklären, was es für Brillengläser gibt, und der Hotelier muss den Gästen Informationen zu Restaurants oder umliegenden Sehenswürdigkeiten geben. " Seit 2017 ist sein Hotel fertiggestellt und in Betrieb. Trotz seines beruflichen und privaten Glücks in der Ferne rät Schneider: "Ich würde keinem empfehlen, blauäugig nach Thailand zu gehen. " Wer sich überlegt, sein Haus in Deutschland zu verkaufen und auszuwandern, sollte es sich Schneider zufolge erst einmal gründlich überlegen. "Ein Normal-Ausländer kann nicht machen, was er will", sagt er. Man könne in Thailand als Fremder kein Land kaufen oder besitzen. "Dazu braucht man einen Einheimischen. " Außerdem müsse die Krankenversicherung selbst gezahlt werden, und die Visum-Regelung sei kompliziert. "Meine Frau wird noch ein paar Jahre in Bangkok arbeiten, damit die Familie abgesichert ist. " Danach werde sie zu ihm nach Hua Hin ziehen, wo sie ihren Lebensabend verbringen wollen.
 

Alexandra Grimm