Mauern
Vom Leben nach Gutsherrenart

14.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:09 Uhr

Fasching 1938: Hilda und Richard machen sich in Begleitung der Oma mit ihren Tröten auf den Weg.

Mauern (DK) Ulrich Burkhart teilte seinen Bilderschatz von knapp 100 Aufnahmen beim Vortrag unter dem Titel "Gut Siglohe – eine Reise in die Vergangenheit" mit vielen Interessierten im Mauerner Schützenheim. Der Referent selbst war ob des großen Andrangs überrascht.

Entstanden sind die Bilder durch seinen Vater Herbert, der von 1949 bis 1955 Gutsverwalter war. Am Freitag war Sohn Ulrich baff ob des Ansturms auf das Schützenheim.

Ganz ohne Multiplex-Cinema und 3D-Brillen, ja lediglich ein Projektor und eine kleine Leinwand genügten Ulrich Burkhart, um Gefühle und Begeisterung zu wecken. Schwarz-weiß-Fotos zeigten das gräfliche Leben, aber auch die Mühen in der Landwirtschaft dereinst. Die über 100 Besucher begaben sich begeistert auf eine Zeitreise. Ins Jahr 1950 und noch viel weiter zurück. Mitten in den Arbeitsalltag auf einem stattlichen Gutshof.

Schon als Ottheinrich auf dem Thron in Neuburg saß, war Siglohe ein beachtliches Gehöft. Ein Adliger namens Golder, der aus Sachseln in der Schweiz stammte, besaß damals das Gut. Durch Erbteilung entstanden schließlich drei Höfe und letztlich sogar ein ganzes Dorf. 1859 lebten in Siglohe 72 Menschen in zwölf Häusern. Bis Graf Alois von Arco (Stepperg) damals den gesamten Ort kaufte, und ein Gut gründete. Die Bewohner verließen Siglohe, das Dorf wurde bis auf drei Häuser abgerissen.

Akuter Wassermangel

Bis 1859, also über 350 Jahre, wie Burkhart erklärte, hielt sich der Name Golder in Siglohe. Mitsamt des Adels-Wappens welches Bestandteil des Deckenbildes der damaligen Kirche war. Doch dann zog auch Golder fort, auf einen großen Hof im nahe gelegenen Bertoldsheim. "Es war einfach kein Wasser mehr da", schilderte Burkhart, "die Gutsbewohner, mussten es ständig aus Mauern heranschaffen". Erst als 1928 der Strom kam, sei eine Leitung mit Pumpe installiert worden. Von 1948 bis 1961 befand sich das Gut im Besitz des Grafen Henkel von Donnersmark, seit 1961 gehört Gut Siglohe der Familie Geißler.

"Heute schlägt die Uhr des damaligen Wirtshauses immer noch, nur in meinem Haus", kommentierte Burkhart das Foto einer Wanduhr mit verdelltem Pendel. Die Dellen seien von Luftgewehrschützen, die sich wohl gegenseitig messen wollte, erklärte er lachend. Die Kriegsangst steckte jedoch noch in den Köpfen der Bewohner und somit erhielt das Herrenhaus einen Luftschutzbunker als Keller. "Dieser wurde vom Dritten Reich sogar subventioniert", fügte Burkhart an. Doch nichts desto weniger schienen die Menschen das damalige Leben genossen zu haben. Burschen mit Boxhandschuhen, für damalige Verhältnisse moderne und teure Autos, Pferde und Gänse, Schlittschuhläufer auf dem Sigloher Weiher und ein kleiner Eichenwald waren kennzeichnend für das Idyll im Grünen.

Tabakanbau betrieben

Immer wieder halfen die "alten Sigloher" Burkhart, bestimmte Personen auf einem Gruppenbild auszumachen. "Des muss doch der Hannes gewesen sein", rief auf einmal einer. Durch das Wissen der Zeitzeugen puzzelte sich ein Bild nach dem anderen zusammen. Eine Besucherin erzählte sogar, dass sie im Arbeiterhaus des Hofes geboren worden sei.

Tabak soll schon in der Nachkriegszeit auf dem Gut angebaut worden sein, da akute Knappheit herrschte. Bis 1928 stampfte noch ein Ochse seine Runden. Er war an eine Maschine gebunden, mit der Schweinerüben zerhäckselt wurden. Sogar einen Vorzeige-Hühnerstall gab es, sagte Burkhart. Den zur damaligen Zeit wohl modernsten seiner Art – mit einem beheizten Wärmebereich für Küken.

"Ich habe ganz viele Anfragen bekommen", erklärte Burkhart im Nachhinein, noch immer überwältigt von dem Echo, das sein Vortrag hervorgerufen hat.