Hohenwart
Vom Hörsaal in die Backstube

Sonja Wiesender aus Hohenwart hat sich für einen neuen Berufsweg entschieden und ihren Meisterbrief ganz frisch in der Tasche

23.12.2020 | Stand 23.09.2023, 16:09 Uhr
Fritz Endres
Auf Umwegen hat sie nun ihren Traumberuf gefunden: Sonja Wiesender aus Hohenwart. Schon früh morgens steht die frisch gebackene Bäckermeisterin in der Backstube ihrer Eltern Mitten in der Marktgemeinde. −Foto: Endres

Hohenwart - Viele junge Menschen finden nicht auf Anhieb den richtigen Beruf. Das geschieht oft auf Umwegen. So ist es auch Sonja Wiesender aus Hohenwart ergangen. Nach dem Abitur am Gymnasium in Schrobenhausen hat sie sieben Semester Umweltingenieurwesen an der TU München studiert. Als merkte, dass das nicht ihr Beruf ist, der ihr Leben erfüllt, kehrte wieder nach Hause zurück.

Im Betrieb ihres Vaters begann sie eine Ausbildung zum Bäcker - mit großem Erfolg. Vor kurzem hat sie die Meisterprüfung als Jahrgangsbeste bestanden. Sehr zur Freude ihrer Eltern Klaus und Gabriele Wiesender, die stolz auf ihre Tochter sind.

"Während meines Studiums an der TU München habe ich gemerkt, dass diese Ausbildung nicht zu mir passt. Bei verschiedenen Forschungsunternehmen und Behörden habe ich während und nach meinem Studium praktiziert. Dabei war ich nicht glücklich. Arbeiten am PC ist nicht meine Welt. Dann habe ich den Entschluss gefasst mich neu zu orientieren", erzählt Sonja Wiesender während eines Gesprächs in der heimischen Bäckerei. Schon seit ihrer Kindheit hat sie bei Bedarf immer im Betrieb ihrer Eltern mitgearbeitet.

Im Herbst 2017 trat sie ihre Lehre an. "Aufgrund meiner schulischen Ausbildung durfte ich meine Lehrzeit verkürzen. Im Juli des letzten Jahres habe ich die Gesellenprüfung bestanden", berichtet die frischgebackene 25-jährige Bäckermeisterin aus ihrem beruflichen Werdegang. Gesellenjahre müssen nicht mehr nachgewiesen werden. Bereits im Januar dieses Jahres begann die Ausbildung zum Bäckermeister bei der Akademie des bayerischen Bäckerhandwerks in Lochham bei München. Bis Ende Oktober war sie dort den ganzen Tag, sofern ein Unterricht wegen Corona vor Ort möglich war. In diesem Monat war die Ausbildung zu Ende. Die Prüfung als Bäckermeisterin hat sie als Jahresbestmeisterin bestanden.

"Meine Frau und ich sowie die ganze Familie sind stolz auf diese tolle Leistung", sagt Vater Klaus Wiesender mit strahlendem Gesicht. Auf die Frage was sie in Zukunft beruflich machen will, sagt Sonja Wiesender: "Ich arbeite weiter im Betrieb meiner Eltern und suche weitere Berufserfahrung in anderen Bäckereien und Konditoreien. Konkrete Pläne sind wegen der Corona-Pandemie derzeit nicht möglich".

"Glänzende Leistungen unter erschwerten Bedingungen," schreibt die Handwerksammer für München und Oberbayern in einer Pressemitteilung. Die Vorbereitung erfolgte teilweise im Homeschooling oder in Online-Lerngruppen, die Prüfung wegen der geltenden Abstandsregeln wurde unter anderem auf den Münchner Nockherberg verlegt. Auch wenn die Corona-Pandemie in diesem Jahr vieles erschwerte, die Leistungen blieben dennoch glänzend: 1428 Frauen und Männer haben 2020 in Oberbayern ihre Meisterprüfung im Handwerk bestanden.

"Leider mussten wir wegen der Corona-Pandemie unsere traditionelle Meisterfeier absagen. Deshalb ist es uns besonders wichtig, dem Spitzennachwuchs des Handwerks zumindest virtuell auf die Schulter zu klopfen und in diesem Zuge auch Politik und Öffentlichkeit daran zu erinnern, welchen Wert unsere hoch qualifizierten Meisterinnen und Meister für Wirtschaft und Gesellschaft in Bayern haben", sagt Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl. Außerdem können sich alle Absolventen über den Meisterbonus in Höhe von 2000 Euro freuen, den der Freistaat seit 2013 jedem überweist, der eine Meisterprüfung oder eine ähnlich anspruchsvolle Fortbildung erfolgreich abschließt.

Aber zurück nach Hohenwart. Die Bäckerei- und Konditorei Wiesender gibt es schon seit 1927 in der Pfaffenhofener Straße immer am gleichen Standort in der Marktgemeinde - mittlerweile in der vierten Generation. Zwölf Voll- und Teilzeitkräfte sind zurzeit dort beschäftigt. "Mein Vater, ein Geselle und ich arbeiten in der Backstube. Mein Großvater Franz Wieseneder mit 77 Jahren kommt ab vier Uhr dann auch noch mit dazu. Am Tresen im Laden stehen meine Mutter und meine Großmutter", beschreibt Sonja Wiesender das Familienunternehmen. Gegen Mittag übernehmen dann Mitarbeiterinnen den Verkauf im Bäckerladen. Zu allen Angestellten gibt es ein gutes Verhältnis. "Sie gehören schon seit langer Zeit dazu. Sie sind ein wichtiger Teil des Betriebes und gehören praktisch zur Familie", schwärmt die junge Bäckermeisterin. Vater Klaus nickt mit dem Kopf.

Auf die Frage, was sie sich für die Zukunft wünsche, sagt Sonja Wiesender: "Ich würde mir wünschen, dass wieder junge Menschen diesen Beruf erlernen. Er macht mir viel Freude, trotz der außergewöhnlichen Arbeitszeiten." Aber die haben auch einen Vorteil, findet Sonja Wiesender. Täglich um 1.30 Uhr beginne der Arbeitstag. Bis gegen die Mittagszeit stehe sie in der Backstube. Es müsse ja alles aufgeräumt und geputzt werden. Dann gehe sie nach Hause ins Bett, um sich drei bis vier Stunden auszuruhen. Ab dem späten Nachmittag sei dann Freizeit bis etwa 21 Uhr angesagt. Dann werde wieder geschlafen. Auf die Frage, ob Corona den Umsatz beeinträchtig hat, gibt sie eine kurze Antwort: "Nein, wir haben viele treue Stammkunden, die die Qualität unsere Produkte sehr schätzen".

SZ

Fritz Endres