Neuburg
Vom "Hasenbräu" bis zum "Guggamos"

Führung durch Neuburgs reiche Wirtshausgeschichte - Heute gibt es 170 Konzessionen

03.05.2019 | Stand 23.09.2023, 6:51 Uhr
Josef Heumann
Biergeschichte: Das "Kieferl" führte eine der schönsten Gaststuben (Bild oben) und gehörte zu den ältesten Brauereien der Stadt. Heute ist nur noch die Juliusbrauerei übrig (unten links). Herwig Wanzl führt als Bier-Experte und zeigt hier den "Pfafflinger" (rechts). −Foto: Heumann/Rein

Neuburg (DK) An Biergärten kann man an diesem Wochenende witterungsbedingt eher zügiger vorbeigehen.

Am Samstagnachmittag macht sich ein Grüppchen Interessierter unter der fachkundigen Führung von Herwig Wanzl aber auf eine spezielle Neuburger Bier-Tour. Los geht es um 16 Uhr am Kriegerdenkmal im Hofgarten.

Es war weniger das Getränk an sich als eher der Pädagoge im ehemaligen Schulleiter, der ihn auf das Thema brachte. Seit 15 Jahren ist Wanzl Stadtführer und vorrangig in der Oberen Altstadt unterwegs. Wie aber lässt sich die Untere Stadt, reich an Episoden und Anekdoten, schmackhaft machen? Brauereien und Schankstätten bilden dafür markante Punkte. Das sah man früher wohl genauso, Innenstadt-Straßen wie Hirschen-, Hechten- oder Adlerstraße tragen allesamt Namen nach einst dort befindlichen Lokalitäten.

1939 gab es bei 12000 Einwohnern drei Brauereien und 55 Wirtschaften in Neuburg; heute sind es bei 30000 Einwohnern noch eine Brauerei, rund 170 Wirtskonzessionen - aber wie viele Wirtschaften? In der Blütezeit, zu Beginn des 19. Jahrhunderts zählte man gar 14 Brauereien - bei etwa 5500 Einwohnern. Der große Aufschwung im Brauwesen hatte Mitte des 18. Jahrhunderts eingesetzt, 1741 sind nur zwei Brauereien überliefert, 1788 dann aber 13. Das starke Anwachsen führt Wanzl auf den Bau der alten Kaserne und die Garnison in der Stadt zurück. Bis dahin wurde außerdem mehr Wein als Bier getrunken; so gesehen haben die neuen Weinbau-Bemühungen vor Ort sicher noch Nachholpotenzial. Kaum eine Straße in der Innenstadt ohne ihren Bräu. Ganz vergessen ist der Name "Gunzadam" im Hofgarten noch nicht, dort war mal eine der ältesten Brauereien in Neuburg. Keine zwei, drei Häuser weiter, der "Pfafflinger", auch mit Braurecht. Über den Schrannenplatz, links einstmals die Schrannenhalle, zur rechten früher die "Schranne", eine Wirtschaft mit zuletzt durchaus eigenem Leumund, wo vielleicht nicht jedermann verkehrte. Über die beginnende Hirschenstraße - benannt nach dem "Goldenen Hirschen", wie der momentan geschlossene Assmann-Kreil einst hieß, steht man schon vor dem "Fuchsbräu", heute Chemische Reinigung. Der Name lebte lange noch im "Fuchsbräu-Keller" am Donauwörther Berg bis in die 1970er-Jahre weiter. Kaum eine Klassenparty, die dort nicht stattfand. An der Donau jenseits des Flusses die Insel als ehemals Kurfürstliches Brauhaus, sind diesseits die Tage des Gasthofs "Zur Post", ehemals "Zum goldenen Ochsen", zuletzt Betten Kunze, auch schon gezählt. Dazwischen und auch als Kaufhaus Zierer danach schon wieder Geschichte: der "Doferlwirt", bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Brauerei mit Bierkeller in der Franziskanerstraße (heute Seniorenheim St. Augustin) und noch in der Nachkriegszeit das Lokal "der besseren Leut'".

Bis in die Adlerstraße wird die Zeit für die Führung kaum reichen. Auch sie trägt ihren Namen nach dem "Schwarzen Adler", gleich das Nachbarshaus der "Gasthof Moggl". Etwas stadtauswärts machte man "Zum Guggamos" in der Schießhausstraße Station, vielleicht etwas später und etwas diskreter dann auch in der "Vanessa-Bar". Den "Embacher" in der Münchener Straße kennen alte Neuburger vielleicht noch. Wieder stadteinwärts war die Metzgerei Mayr in der Gärtnerstraße einst der "Goldene Kranz", keine zwei Häuser weiter am Oswaldplatz neben der heutigen Musikschule der "Glassmann", lange Zeit noch eine Metzgerei.

Fast sinnbildlich, wie sich - durch Besitzer-Wechsel - die Baustelle schon hinzieht, fällt manchem Neuburger der Abschied schwer vom "Streidl" mit dem schönsten verbliebenen Biergarten der Stadt. Dass zum "Hennenwirt" einst ebenso ein wunderbar baumbestandener Garten gehörte, ist länger noch Vergangenheit als eine Straßengabelung weiter der "Augsburger Hof" ein jetzt doch eher bedauerliches Gebäude-Dasein fristet. Er steht wenigstens noch, was sich vom "Kieferl" in nur wenigen Tagen nicht mehr sagen lassen wird - womit die Geschichte einer der ältesten Brauereien besiegelt sein wird. Der "Neuwirt", der Name suggeriert es schon, ist das Pendant zum "Alten Neuhof", der einstigen Jesuiten-Brauerei mit dem Privileg, als einzige auch Weißbier in der Stadt brauen zu dürfen; daraus ist die Neuhof-Brauerei als lange Zeit größte Brauerei hervorgegangen. Im Gegensatz dazu der "Neuwirt", seit 1828 im Besitz der Familie Bauer und nach dem Vornamen drei Brauer-Generationen die Julius-Brauerei, die letzt verbliebene einer stolzen Tradition.

Die Christuskirche verdrängte 1927 den "Kuglerbräu", die Sparkasse den "Scheuermayer", die Engelapotheke das "Cafe Central". Die längste Stadtführung könnte nicht alle Stationen erreichen, ob "Kreuzbrauerei" in der Bahnhofstraße, "Hasenbräu" auf dem Areal des Studienseminars oder "Dreikönigsbräu", wo heute das Finanzamt steht.

Sorgen wären unbegründet, weil das bayerische Reinheitsgebot, für das Herzogtum Nieder- und Oberbayern 1516 erlassen, für die eigenständige Pfalzgrafenschaft Neuburg keine Gültigkeit besaß. Dafür aber erließ der Magistrat genügend Erlasse, die Brauen und Ausschank reglementierten.

Josef Heumann