Vom großen Durst und vom beißenden Floh

09.09.2007 | Stand 03.12.2020, 6:30 Uhr

Mitreißend und dynamisch intonieren Murat Coskun und Ian Harrison am Dudelsack Lieder aus dem Mittelalter.

Hilpoltstein (mkl) Man kennt sein Portrait, das ihn mit verschlossenem rechten Auge – Folge einer Missbildung – zeigt: Oswald von Wolkenstein. Er kam um 1377 vermutlich auf Burg Schöneck im Pustertal (Südtirol) zur Welt, war Ritter, Komponist, Sänger, Dichter und Politiker.

Ein "Danse real", ein königlicher Tanz, bildete den Auftakt, bei dem vor allem der Engländer Ian Harrison (Dudelsack) und Murat Coskun (Handtrom?mel) für mitreißenden Rhythmus sorgten. Mit viel Humor und sichtlicher Spielfreude gewürzt , erwiesen sich alle sechs Künstler sowohl stimmlich als auch auf ihren – nach historischen Vorbildern gebauten – Instrumenten als Meister.

"Fröhlich wollen wir singen und springen", eine Komposition Oswalds von Wolkenstein, interpretierte die Sopranistin Regina Kabis mit warmer, heiterer Stimme und ansprechender Gestik. Albrecht Haaf ist der Gründer des Ensembles. Als Komponist arbeitet er die meisten Arrangements selber aus. Er begleitete einen italienischen "Saltarello" mit sich furios steigerndem Tempo auf dem Portativ, einer kleinen tragbaren Orgel mit Blasebalg. Wehmütig erklang das Lied "Ach Gott, wie soll ich singen" , klagend vorgetragen von Regina Kabis und Christoph Greuter (Laute).

Vor allem die "Weiblein" hatten früher ihre liebe Not mit einem Tierlein, das "krabbelt und zappelt, das beißt und zwickt": dem Floh. Das ganze Ensemble war in dieser Komposition des Rothenburger Erasmus Widmann zum Vergnügen der Zuhörer damit beschäftigt, diesen Quälgeist musikalisch darzustellen und weiterzureichen.

Jutta Haaf (Harfe), deren Spielkunst auch eine gerissene Saite nichts anhaben konnte, begleitete ihren Ehemann Albrecht (Portativ) in der folgenden "Venise", einem ruhigen und leicht wehmütigen Stück. "O bene mio" schmachtete Regina Kabis. Viola d’arco, Harfe, Flöte und Laute unterstützen ihren Gesang. Virtuos und beschwingt, mit Dudelsack, Handtrommel und Zink ging es weiter, bevor das Ensemble im A-cappella-Chor mit "Herr Wirt, uns dürstet also sere, trag auf, schenk ein!" zur Pause auszog.

"Zwei Narren" (Coskun/Har?ri?son) leiteten dynamisch, mitreißend und mit gauklerhafter Gestik zu französischen Tänzen um 1600 über. Traurig endete die Mär von den drei Raben, die einen sterbenden Ritter und seine ebenfalls dahinscheidende Geliebte beobachten. Die volle Tragik dieses englisch-melancholischen Titels kosteten die Musiker stimmlich und instrumental voll aus. Das gelegentlich etwas strapazierte "Greensleeves" wurde durch die Interpretation mit Einhandflöte, Handtrommel, Hackbrett und Fidel um eine interessante Variante bereichert. Christoph Greuter (Vichuella, eine Renaissancegitarre), unterstütze den spanisch-melancholischen Gesang von Regina Kabis und Murat Coskun agierte mit Handtrommel und Kastagnetten gleichzeitig.

Noch einmal war der volle Einsatz des hervorragenden Ensembles gefordert, als es zum Finale ansetzte. Spanische Weisen erzählten temperamentvoll von einer "bestrickenden Frau", dem unentschlossenen Liebhaber gleich dreier Frauen und lieferten schließlich in fünf fulminanten Strophen den Beweis, dass man sich auch in einen Kürbis verlieben kann.

Tosender Beifall belohnte die Mitwirkenden für ihre perfekte Darbietung. drei Zugaben.