Vom Goldrausch zum Lachrausch

Stefan Kröll bei den Kabaretttagen in der Ingolstädter Neuen Welt

11.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:32 Uhr
Gags und Gesellschaftskritik in erstaunlicher Dichte: Stefan Kröll überzeugt mit seinem Programm "Goldrausch 2.0". −Foto: Leitner

Ingolstadt - Stefan Kröll fiel einem bislang nicht unbedingt als erster ein, wenn man über bayerisches Kabarett nachdachte.

Mit seinem Programm "Goldrausch 2.0", das er anlässlich der derzeit laufenden Kabaretttage in der Neuen Welt vorstellt, könnte sich das nun schlagartig ändern. Der Mann aus der Gegend um Bad Aibling ist eine echte Überraschung. Da macht einer blitzgescheites, ungemein lustiges, originelles Kabarett, bei dem man sich glänzend amüsieren und auch noch was lernen kann, und man bekam das bestenfalls am Rande mit? Gut, dass diese Zeiten nun vorbei sind.

Wie ein roter Faden zieht sich das Thema "Goldrausch" durch den Abend. Kröll fängt an bei den Azteken, Maya und Inka, beim Goldrush am Yukon, erzählt von unerschöpflichen Reichtümern diverser Hochkulturen und der Gier nach dem wertvollen Edelmetall, schlägt den Bogen in unsere Zeit, in der ja auch jeder irgendwelchen Götzen nachjagt, materiellen und ideellen, getrieben von der Sucht nach Anerkennung, Status und Macht, Luxus und ewiger Jugend. Vordergründig lustig und eminent pointensicher, lässt Kröll ständig eine zweite, durchaus gesellschafts-, ja zivilisationskritische Ebene durchschimmern, die ihm vermutlich noch viel wichtiger ist als all die witzigen Gags und treffsicheren Bonmots, die er in erstaunlicher Dichte anbietet.

Natürlich sind auch sie unverzichtbar, denn ein an sich ernstes Thema verkauft sich nun mal nur dann und um so besser, je witziger es verpackt ist. Und so darf man sich also glänzend amüsieren über den Unterschied zwischen Maya und Maja, über in Vergessenheit geratene Begriffe und Wendungen wie "Manchesterhosen", die man "unten rauslassen" kann, was aber zu unschönen Rändern führe, oder über neueste Trends in der Gourmet-Szene wie die "Maulwurf-Wochen beim Rumänen".

Immer wieder lockert er das Programm auf durch selbst erlebte oder zumindest optimal konstruierte Geschichten, mit Einlassungen zu den Menschenopfern bei den Maya ("Warum muss ich an dieser Stelle nur immer an die Geissens denken? ") den lokalen Pizzaservice ("Die Schachtel schmeckte besser als deren Inhalt. ") oder einen Spruch wie "Viel schlimmer als die Islamisierung Münchens ist die Ingwerisierung der Stadt durch Alfons Schuhbeck. " Dass man - sobald Sätze wie diese gefallen sind - nicht mehr an sich halten kann, ist nur verständlich.

Am Ende muss Kröll zwei Zugaben geben. Ihm ist das gelungen, was man gemeinhin "abräumen" nennt. Er hat die Claims abgesteckt, tief gegraben und in einer überaus geschickt arrangierten Schürfaktion Erstaunliches zutage gefördert. Nachdenkenswertes, Lustiges, Kritisches und auch Albernes, was zusammen eine herrliche Mischung an schillernden und erbaulichen Nuggets ergab. Sein Goldrausch mündet am Ende in einen wahren Lachrausch. Was für eine Überraschung bei den diesjährigen Kabaretttagen!

DK


Karl Leitner