Vom Alg-2-Empfänger zum Existenzgründer

12.12.2007 | Stand 03.12.2020, 6:16 Uhr

Ingolstadt (peh) Kein Kredit von den Banken, mangelnde Information, Rückschläge und Enttäuschungen: Die Liste der Gründe, wieso gerade Empfänger von Arbeitslosengeld 2 (Alg 2) sich mit der Gründung und dem Aufbau eines Unternehmens oft schwer tun, ließe sich ohne Probleme verlängern. Seit Anfang vorigen Jahres fördert das Jobcenter Ingolstadt gezielt Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit heraus sich selbstständig machen wollen.

Mit der Übernahme einer Hausverwaltung hat Michael Timme den Schritt von Alg 2 zum Unternehmer geschafft. "Der Markt ist schwierig", erkannte der Niedersachse, der wegen der guten wirtschaftlichen Situation nach Ingolstadt gekommen war, schon bald. Doch der Bürokaufmann gab nicht auf und "lief sich die Hacken ab", wie es Norbert Forster, Geschäftsführer des Existenzgründerzentrums, formulierte. Timme machte sich selbstständig und ging gezielt auf Kundenakquise. Schließlich bot sich ihm die Chance, eine bereits bestehende Hausverwaltung zu übernehmen. Timme schlug zu und kaufte die Firma. Heute beschäftigt er eine Mitarbeiterin in Vollzeit sowie zwei Teilzeitkräfte und verwaltet 500 Wohneinheiten in 38 Objekten. Doch das ist erst der Anfang: Timme möchte seinen Markt ausbauen, auch Sondereigentum betreuen und als Makler tätig werden.

Timme ist ein gutes Beispiel, wie man aus der Arbeitslosigkeit zur Selbstständigkeit kommen kann. Laut Isfried Fischer, Geschäftsführer des Job-Centers Ingolstadt, wollten seit Anfang 2006 rund 120 Alg-2-Empfänger selbstständig werden. Etwa 35 sind tatsächlich in der Gründungsphase.

Das Konzept "Neustart" bietet mehr als die frühere Ich-AG. "Das war nur eine finanzielle Förderung", sagt Fischer. "Neustart" gewährt zusätzlich eine Beratung. "Wir wollen Gründer mit tragfähigen Ideen unterstützen", betont er, denn nicht jede Idee und nicht jeder Alg-2-Empfänger sei geeignet, sich selbstständig zu machen. "Ganz wichtig ist uns, die Menschen vor der Schuldenfalle zu bewahren", betont Fischer. So manche Ich-AG, die einst hoffnungsvoll begann, stecke heute tief in den Schulden und sei auf Alg 2 angewiesen.

Oberbürgermeister Alfred Lehmann betonte die Notwendigkeit von Existenzgründungen: "Sie geben der Wirtschaft Impulse und bieten Chancen auf dem Arbeitsmarkt." "Verdienen Sie gut und zahlen Sie ordentlich Steuern", mit diesen Worten ermunterte der OB Existenzgründer Timme.

Das Projekt "Neustart" wird allerdings nicht vom Jobcenter betreut, sondern in dessen Auftrag von der Firma KIZ, die sich auf Existenzgründungen spezialisiert hat. Das Beratungsunternehmen wurde 1997 im Rahmen eines EU-Projekts gegründet und ist heute in 30 Orten vertreten, darunter auch in Ingolstadt im Existenzgründerzentrum.