Neuburg
Vom Affen zum Bayern

Kabarett-Altmeister Bruno Jonas zwischen Stammtisch und Anthropologie

10.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:59 Uhr

Bayerischer Befindlichkeit auf der Spur: Bruno Jonas im sehr gut besuchten Kolpinghaus. - Foto: Heumann

Neuburg (DK) Der Altmeister des politischen Kabaretts hat das Florett zumeist geistvoller Unterhaltung noch lange nicht weggelegt. Gut 450 Besucher erlebten am Freitag im Kolpingsaal einen jovial grantelnden, hintersinnig räsonierenden, manchmal auch schwadronierenden Bruno Jonas.

Nicht jeder wird mit allen Facetten bayerischer Befindlichkeit so ganz einverstanden sein, die der bekennende Niederbayer da unter dem Titel "So samma mia" subsumiert. Die schwerlich überhörbare Sympathie fürs bayerische Bildungswesen mutet ganz kabarettuntypisch schier staatstragend an - aber das haben Quoten nun mal so an sich und gilt daher auch für die Abiturienten-Quote im Bundesländer-Vergleich: Es kommt immer drauf an, von wo aus man rechnet. Tatsache ist, es gibt Länder, da kommt man leichter zu seinem Abi als ausgerechnet in Bayern.

So simpel gestrickt in verdächtiger Biertischnähe manches begegnet - Bruno Jonas bedient sich im Grunde eines einfachen wie dennoch vertrackten Tricks. "So samma mia" spiegelt bayerische und manchmal vielleicht auch zu urbayerische Befindlichkeit. Wie sehr sich der Vortragende selbst auch in diesem Spiegel sieht, bleibt letztendlich offen, lässt sich vielleicht ermessen am jeweiligen Grad von Engagiertheit und Echauffiertheit.

Gender-Apologet ist Jonas jedenfalls nicht, Einladungen als Festredner bei den Pink-Farbenen scheinen auch eher unwahrscheinlich. Auch das Allerheilsmäntelchen, das er den in sakrale Sphären schon entrückten Grünen überstreift, mag diesen zu erstickend sein. Aber in der per Titel apostrophierten Gesamtlandesschau mag es doch noch den einen oder anderen ganz altmodisch und folglich noch heterosexuell veranlagten, gar noch fleischessenden und womöglich nicht mal Schweinernes verschmähenden Stammesvertreter geben; auch für die spricht Bruno Jonas.

Aber was sollen solche Relikte wider allen Zeitgeist auch weiter verwundern, klärt der Abend doch auch auf, dass sich das Erbgut zwischen Affe und Mensch gerade mal um 0,6 Prozent, die folglich auch fürs bayerische Abitur genügen müssen, unterscheidet. Als Gewähr zieren zwei Büsten, eine tierische und die des Philosophen Plato, die Bühne. Dazwischen ist eine weißbierbestückte Biertischgarnitur platziert, Inbegriff für sämtliches Heimatgefühl. In dem Zusammenhang auch die härteste Ableitung des ganzen Abends: Unschwer wird der echte Bayer dem zustimmen wollen, dass es daheim am schönsten ist - lässt sich doch allen Flüchtlingen ehrlichen Herzens nur wünschen, möglichst rasch wieder "dahoam" zu sein.

Andererseits führt aber die genealogische Ableitung, die wie gesagt schon bei den vierbeinig sich fortbewegenden und all ihren elementaren Lebensvollzug wie Saufen, Fressen - und da war doch noch was - am liebsten auf Bäumen vollziehenden Vorvorfahren schon beginnt, irgendwann und irgendwie zu dem Ergebnis, dass die Bayern sämtlich Migrationshintergrund hätten, dieser jagerade Wesensmerkmal sei. Das folgende Zitat mag jeder, der Vortragende eingeschlossen, als Bestätigung oder Kritik nehmen, wie beliebt: "Denken ist sehr lästig." Der Schwachpunkt in der Demokratie sei nun mal das Volk. Wurde lange eine schwache Wahlbeteiligung beklagt, hätten die letzten Wahlen gezeigt, was rauskommt, wenn mehr Menschen wählen gehen (AfD) - Bruno Jonas: "Leute, bliebt lieber wieder daheim." Arbeitete er sich schließlich in schier faustischer Forscherlaune zur Frage aller Fragen durch, was der Mensch nun sei, ist die Antwort des Kabaretts da gar nicht mehr lustig: "ein lebender Datensatz" oder "ein biologischer Mikrochip."