München (DK
Voller Einsatz für ländlichen Raum

Enquete-Kommission des Landtags legt Abschlussbericht über "gleichwertige Lebensverhältnisse" vor

30.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:53 Uhr

München (DK) Weil die beruflichen Perspektiven auf dem Land nicht rosig sind, versuchen viele Menschen in Ballungsräumen ihr Glück. Die Folge: Dörfer sterben aus, Städte boomen. Das muss besser werden, sagt die Enquete-Kommission des Landtags. Und zeigt, wie das gehen könnte.

Bayerns Großstädte platzen aus allen Nähten - und auf dem Land stehen Häuser und Geschäfte leer. Um die Landflucht stoppen und gleichzeitig die Ballungsräume entlasten zu können, sind vor allem Busse, Internet, Ärzte, Schulen und kulturelle Angebote in den strukturschwächeren Regionen nötig. Das geht aus dem gestern vorgestellten Bericht "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern" der Enquete-Kommission des Landtags hervor.

Seit 2014 haben Politiker aller Fraktionen und Wissenschaftler einen Leitfaden für die bayerische Entwicklung in den kommenden 30 Jahren erarbeitet. Sie haben sich unter Vorsitz von Berthold Rüth (CSU) mit den Themenbereichen Geld für Kommunen, Arbeit, Bildung, Gesundheit und Pflege, Wohnen, Mobilität, Breitbandversorgung sowie Freizeit und Kultur auseinandergesetzt.

Die Kernbotschaft des umfangreichen Berichtes lautet: Ländliche Regionen müssen gestärkt werden. "Damit werden automatisch auch die Boom-Regionen entlastet", sagte der stellvertretende Kommissionsvorsitzende Christoph Rabenstein (SPD). Deshalb empfiehlt die Kommission vor allem mehr Geld für Gemeinden und kleinere Städte. Nur so seien diese in der Lage, ihren Bürgern etwas zu bieten. Zum kommunalen Angebot sollten der Kommission zufolge nicht nur Theater, Museen, Turnhallen und Büchereien gehören. Vor allem ein gut funktionierender öffentlicher Nahverkehr sei wichtig. "Da genügt es nicht, zweimal am Tag den Schulbus fahren zu lassen; da brauchen wir eine echte Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum", ergänzte Markus Ganserer von den Grünen. Zudem sollten Schulen weniger häufig zusammengelegt und geschlossen werden und das Ganztagsangebot sowie die Ferienbetreuung ausgebaut werden. Die Kommission empfiehlt außerdem einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler. Das schnelle Internet müsse auch noch den kleinsten Weiler anbinden.

Um gerade älteren Menschen das Leben jenseits der Großstädte zu erleichtern, seien mehr bezahlbare, kleinere, barrierefreie Wohnungen in den Ortskernen der Städte und Dörfer nötig. Das sollte laut Kommission gefördert, der kommunale und genossenschaftliche Wohnungsbau wiederbelebt werden. Über weite Strecken ist das 152 Seiten umfassende Werk allerdings nicht sehr konkret, sondern eine Bestandsaufnahme und Beschreibung der aktuellen Situation (etwa Statistiken zu Einkommen, Alter, Schulabbrecherquoten, Hochschuleinrichtungen oder Stand des Breitbandausbaus). Dazu kommen grundsätzliche Überlegungen, etwa zur Frage, was Gerechtigkeit eigentlich ist - und wie man sie in Bezug auf Stadt und Land misst. Dennoch schwärmte zum Beispiel Joachim Hanisch (Freie Wähler) von einem "Meilenstein für die Entwicklung des ländlichen Raums".

Kommissionsmitglied Professor Holger Magel, Präsident der bayerischen Akademie Ländlicher Raum warnte: Er "spüre zur Zeit eine Tendenz, sich auf die Städte zu konzentrieren". Die Politik mogle sich seit Jahren um das Thema herum - und tue viel zu wenig für den ländlichen Raum. Statt bei den Behördernverlagerungen zu kleckern, solle Markus Söder als neuer Ministerpräsident die großen Unternehmen dazu bringen, mehr Arbeitsplätze in strukturschwachen Räumen statt etwa in München zu schaffen.