Aichach
Volksfestgast bedient sich hinter Bar selbst

Verfahren wegen Diebstahls eingestellt - 20-Jähriger hat sich entschuldigt, bezahlt und Arbeitsstunden verrichtet

07.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:13 Uhr

Aichach - Eine "Jugendsünde" hat der Geschädigte die Tat genannt.

Man hatte sich im Vorfeld bereits ausgesprochen und geeinigt, der Angeklagte hat sich entschuldigt. "Für mich ist das damit erledigt", erklärte der 23-jährige Eventmanager. Auf dem Schrobenhausener Volksfest war seine Firma vergangenes Jahr für einen Barausschank zuständig.

Weil es dem jetzt auf der Anklagebank sitzenden 20-Jährigen zu langsam ging, griff er selbst hinter die Bar - und musste sich daher wegen Diebstahls vor dem Aichacher Amtsgericht verantworten.

Laut Anklage habe er nicht gezahlt, nachdem er Getränke im Wert von 56 Euro eingeschenkt hatte. Zudem soll er in die Kasse gegriffen und 350 Euro gestohlen haben.

Der Angeklagte erklärte, er sei mit drei Freunden auf dem Volksfest gewesen. Sie hätten eine Dreiviertelstunde an der Bar gestanden, es sei keine Bedienung gekommen, um ihre Bestellung aufzunehmen. Er sei angetrunken gewesen und habe daher über die Theke gefasst und sich und seinen Freunden eigenständig eingeschenkt. Er beteuerte, nicht in die Kasse gegriffen und vorgehabt zu haben, im Anschluss die vier Getränke zu bezahlen. Dazu sei es aber nicht mehr gekommen, weil bereits die Security eingeschaltet worden sei. Sie habe ihn vor die Wahl gestellt: entweder 200 Euro zahlen oder die Polizei wird gerufen. Der Angeklagte wollte, dass die Polizei zur Klärung hinzugezogen wird.

Der 20-Jährige erklärte zudem, er habe sich bei dem Geschädigten entschuldigt und man habe sich auf eine Zahlung von 180 Euro geeinigt; außerdem half der Angeklagte im Zuge einer Veranstaltung einige Stunden bei Aufräumarbeiten.

Das sei "Strafe genug" gewesen, wenn man bedenke, dass es sich um eine Arbeitszeit sonntags ab sieben Uhr morgens gehandelt habe, fand selbst der vermeintlich bestohlene Veranstalter. Ob der junge Mann auch Geld aus der Kasse entwendet hat, könne im Nachhinein nicht bewiesen werden, da es keine Zeugen gegeben habe. Ein Polizist, der die Ermittlungen übernommen hatte, aber nicht vor Ort war, erklärte, eine Bardame habe damals ausgesagt, sie habe wenige Minuten vor Mitternacht einen Kassensturz gemacht - kurze Zeit später hätten 350 Euro gefehlt. Sie hätte es zwar nicht gesehen, sei aber aufgrund der passenden Tatzeit davon ausgegangen, der Angeklagte habe nicht nur hinter die Bar, sondern auch in die Kasse gegriffen. Laut Aussage des Polizisten vor Gericht wurde allerdings kein Bargeld bei dem jungen Mann gefunden. Nicole Jehl von der Jugendhilfe berichtete von ihrem Gespräch mit dem Angeklagten im Vorfeld der Verhandlung. Er sei sehr höflich, freundlich und gesprächsbereit gewesen. Von den entwendeten 350 Euro habe er erst von ihr erfahren und geschockt auf diesen Vorwurf reagiert; das empfand sie als glaubwürdig. Die Jugendhelferin empfahl die Einstellung des Verfahrens. Dafür plädierte auch Staatsanwältin Birgit Milzarek-Sachau, allerdings mit der Auflage einer Zahlung von 200 Euro für den Angeklagten.

Verteidigerin Irina Jacob fand, der Mann habe mit der Geldzahlung an den Geschädigten und den Arbeitsstunden schon "Ausgleich genug" geleistet. In Absprache mit der Staatsanwaltschaft erging durch Richterin Eva-Maria Grosse der Beschluss, das Verfahren nach § 47 Jugendgerichtsgesetz - geringe Schuld und mangelndes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung - einzustellen.

nay